Wo Deutschlands größte Streithammel leben

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Ob Chaos im Straßenverkehr oder Ärger mit dem Nachbarn: Die Deutschen streiten immer ausgiebiger und kostenintensiver. Das zeigt der Streitatlas der Generali auf Basis der Daten des Rechtsschutzversicherers Advocard.

Demnach dauert fast die Hälfte aller Streitfälle (48 Prozent) mindestens zwölf Monate und länger. Im Vergleich  zum vorherigen Streitatlas ist bei den langwierigen Auseinandersetzungen eine Zunahme um 4,5 Prozent zu verzeichnen. Dies hänge verstärkt mit der Dauer von Gerichtsprozessen zusammen. Aufgrund vieler beteiligter Akteure und rechtlicher Handlungsoptionen, wie dem Gang durch mehrere Instanzen, könnten sich die Verfahren die Länge ziehen.

Streitwerte steigen an

Der Streitwert liegt bei jedem zehnten Fall bei mehr als 10.000 Euro. Gegenüber 2017 entspricht dies einem Anstieg um 2,8 Prozent, wohingegen Auseinandersetzungen mit niedrigen Streitwerten (bis 2.000 Euro) am stärksten abgenommen haben (minus 3,1 Prozent).

Die größten Streithähne wohnen laut aktueller Studie im Norden und Westen der Republik und tragen dazu bei, dass das Streitaufkommen im Durchschnitt bei 24,7 Streitfällen pro 100 Einwohnern liegt. Besonders streitlustig: die Stadtstaaten Berlin (29,2) und Hamburg (28,8), die seit Beginn der Erhebung die ersten beiden Plätze belegen.

Berliner sind besonders streitlustig

Im Vergleich zu 2016 (31,2 Prozent) sind die Berliner zwar etwas ruhiger geworden, aber nach wie vor Spitzenreiter. Peter Stahl,Vorstandssprecher der Advocard, findet hierfür eine Erklärung: „Viele Menschen auf vergleichsweise engem Raum steigern die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Konflikte entstehen.“

Dies mag laut Versicherer wahrscheinlich auch der Grund dafür sein, dass im bevölkerungsreichsten Flächenland Nordrhein-Westfalen eine aufgeheizte Stimmung herrscht (28,2). In Mecklenburg-Vorpommern, dem Bundesland mit der geringsten Bevölkerungsdichte, ist die Streitintensität um einiges geringer (23,8).

Straßenverkehr und Mobilität häufigste Streitursachen

Häufigste Ursachen für einen Rechtsstreit sind laut Studie das Thema Straßenverkehr und Mobilität . Das Leben am Speed-Limit sorgt dabei für hohen Blutdruck - mehr als jeder Vierte (26,0 Prozent) streitet wegen vermeintlich ungerechtfertigtem Blitzen oder zu hohem Tempo. Weitere konkrete Streitgründe sind Verkehrsunfälle (23 Prozent) oder Auseinandersetzungen wegen Mängeln beim neuen Fahrzeug (zehn Prozent), die zu großen Teilen im Zeichen des Dieselskandals stehen.

Noch mehr Konflikte gibt es im Privat- und Strafrechtbereich. Auf diese Kategorie entfallen rund 38 Prozent aller Streitfälle: Von Familienangelegenheiten bis hin zu Reisemängeln sind die Gründe sehr unterschiedlich. Das Arbeitsumfeld (13,1 Prozent) belegt den dritten Platz, auf Platz vier landet der Bereich Wohnen und Miete (11,3 Prozent) und auf Platz fünf Behörden und Finanzen (7,3 Prozent).

Vergütung, Arbeitszeugnisse oder die Kündigung des Arbeitsverhältnisses seien im Arbeitsumfeld die häufigsten Gründe für Dispute. Die Vergütung ist dabei der Hauptgrund (30,9 Prozent). Allerdings ist der Anteil an Streitfällen zu Arbeitsthemen in diesem Jahr leicht rückläufig (minus 0,3 Prozent).

Angespannte Wohnungsmärkte erhöhen das Streitpotenzial

Beim Thema Wohnen und Miete ist laut Generali gerade auf den heiß umkämpften Wohnungsmärkten der Großstädte ein deutlicher Anstieg der Streitfälle in diesem Bereich zu verzeichnen. Berlin liegt dabei sogar 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Gründe für den Anstieg bei Wohnungsangelegenheiten können Eigenbedarfskündigungen, die von Mietern und Mietvereinen angefochten werden, oder auch die Mietpreisbremse sein, die bei Vermietern für Unmut sorgt.

Ein weiterer Klassiker der Streitgründe: Streit unter Nachbarn. Ob zu laute Musik, falsch abgestellte Kinderwagen oder die über den Zaun ragenden Äste von Nachbars Apfelbaum - die Anlässe sind vielfältig.

Männer streitlustiger als Frauen

Männer (66,5 Prozent) sind laut der Studie wesentlich streitlustiger als Frauen (33,5 Prozent). Die Auslöser des Streits sind jedoch unterschiedlich: Bei Männern kocht der Zorn schneller hoch, wenn es um Verkehr und Mobilität geht. Hier streitet sich jeder Dritte (32,8 Prozent). Frauen hingegen liegen bei Disputen im Bereich Privat- und Strafrecht weiter vorn (40,0 Prozent vs. 37,6 Prozent der Männer).

„Möglicherweise zeigt sich hier auch das Klischee, dass Frauen bei persönlichen Angelegenheiten das Zepter in der Hand halten und Männer sich eher ums Auto kümmern“, so  Stahl. Beim weiblichen Geschlecht verraucht die Wut allerdings schneller wieder: Mehr als jeder fünfte Streit (21,5 Prozent) wird innerhalb von drei Monaten geklärt, Männer benötigen hierfür mehr Zeit.

„Seit unserem ersten Streitatlas haben wir gut zwei Millionen Streitfälle in Deutschland ausgewertet. Diese einzigartige Datenbasis erlaubt uns wertvolle Einsichten: Dabei beobachten wir, dass die Menschen immer häufiger und heftiger miteinander streiten - insbesondere das private Umfeld bietet hierzu viele Anlässe“, ergänzt der Vorstandssprecher der Advocard.

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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