Deutsche Geldanlagen im Ausland fließen in alternde Volkswirtschaften

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In ihrer internationalen Langfrist-Analyse "Exportweltmeister: The Low Returns on Germany’s Capital Exports" haben Wissenschaftler ermittelt, dass die durchschnittlichen Erträge deutscher Investoren im Ausland seit 1975 jährlich etwa fünf Prozentpunkte unter denen der USA und fast drei Prozentpunkte unter denen anderer europäischer Länder liegen.

Wie es im Forschungspapier weiter heißt, ist Deutschland damit das Schlusslicht unter den G7-Ländern. Besonders schlecht schneiden Anleger aus Deutschland als Aktieninvestoren ab. Hier liegen die Anlageerträge jährlich um vier Prozentpunkte niedriger als die von Investoren aus anderen Ländern.

28.000 Euro verlorenes Vermögen pro Kopf

Das Team aus Wissenschaftlern des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) und der Universität Bonn hat festgestellt, dass rund 300 Milliarden Euro an Kapital pro Jahr ins Ausland investiert werden. Über die vergangenen zehn Jahre macht das 2,7 Billionen Euro aus, was etwa 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2017 entspricht.

Entsprechend deutlich wirken sich schlechte Renditen aus: "Allein im Jahrzehnt seit der Finanzkrise 2008 hätte Deutschland um zwei bis drei Billionen Euro mehr Vermögen aufbauen können, wenn die Renditen auf Auslandsvermögen etwa denen Norwegens oder Kanadas entsprochen hätten", heißt es in der Analyse. Das entspricht 70 bis 95 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts von 2017 oder auf Pro-Kopf-Basis 37.500 beziehungsweise 28.000 Euro an verlorenem Vermögen für jeden deutschen Bürger im Vergleich zu den Erträgen Norwegens und Kanadas.

"Deutschland ist der größte Kapitalexporteur weltweit und fährt im internationalen Vergleich nur überschaubare Renditen ein", erläutert Christoph Trebesch, Studienautor und Leiter des Bereichs Internationale Finanzmärkte und Global Governance am IfW Kiel. Ein Grund: In den meisten Jahren seit den 1970ern stagnierte oder sank der Wert des deutschen Anlageportfolios, während die Portfolios anderer Länder tendenziell Wertsteigerungen hatten.

Mehr in Entwicklungs- und Schwellenländer investieren

Auf Wechselkurseffekte könne dieses Resultat nicht zurückgeführt werden. "Die hohen Auslandsvermögen der Deutschen werden häufig damit begründet, dass sich hiesige Anleger damit absichern - etwa gegen das geringere Wachstum in Deutschland mit seiner alternden Gesellschaft oder gegen Einkommensverluste im Inland. Wir können aber mit unseren Berechnungen zeigen, dass beides mit den gewählten Anlagen kaum gelingt", sagt Mitautorin Franziska Hünnekes, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfW Kiel und der LMU München.

Problematisch sei, dass deutsche Investoren junge und dynamische Volkswirtschaften in Entwicklungs- und Schwellenländern vernachlässigten. Der Anteil sei von 25 bis 30 Prozent in den 1980er Jahren auf weniger als zehn Prozent im Jahr 2017 gesunken. Zugleich investierten die Anleger vermehrt in alternde Volkswirtschaften, vor allem in Europa. "Um uns gegen die demographischen Risiken Deutschlands abzusichern, ist es essenziell, diesen Trend zum sogenannten Home Bias umzukehren, also wieder mehr in Entwicklungs- und Schwellenländer zu investieren," meint Trebesch.

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

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