Inflation fördert Sparbereitschaft

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Trotz schwindender Corona-Einschränkungen will ein Großteil der Deutschen in Zukunft weniger Geld ausgeben, zeigt eine DSGV-Umfrage. Neben dem Klimawandel sind die aktuellen Preisanstiege für diese Entwicklung verantwortlich.

Die Menschen in Deutschland fürchten die steigende Inflation und sorgen sich um den Klimawandel, aber auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist ein zentrales Ergebnis der Studie "Vermögensbarometer 2021" des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) zum Weltspartag am 29. Oktober 2021. Im Zeitraum vom 1. bis 15. Juli wurden für diese Studie mehr als 4.800 Menschen ab dem Alter von 14 Jahren durch das Meinungsforschungsinstitut Kantar online befragt.

63 Prozent der Teilenehmer sahen bereits im Sommer die Inflationsentwicklung kritisch. Das gilt für die älteren Verbraucher mit 72 Prozent noch stärker als für die junge Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen (53 Prozent). Diese Generation ist noch nicht von einer eigenen Inflationserfahrung geprägt. Im Oktober bewerteten bereits 85 Prozent der älteren und immerhin 61 Prozent der ganz jungen Befragten die Entwicklung kritisch.

Zwei Drittel der Deutschen wollen sparen

So wundert es nicht, dass bei vielen deutschen Verbraucher keine Kauflaune aufkommt. 42 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten ihren Konsum eingeschränkt. Fast zwei Drittel (65 Prozent) wollen auch künftig weniger ausgeben, obwohl 43 Prozent der Bundesbürger ihre gegenwärtige finanzielle Situation als "gut" oder sogar "sehr gut" einschätzen. Viele Befragte legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante. Die Sparkassen erwarten für das laufende Jahr eine Sparquote von rund 15 Prozent. Das ist deutlich mehr als in den vergangenen Jahren, in denen diese zwischen neun und elf Prozent lag.

Das Verhalten spiegele tiefgreifende Verunsicherungen wieder, so DSGV-Präsident Helmut Schleweis. Trotz einer aktuell guten individuellen Situation habe rund die Hälfte der Bevölkerung die Sorge, ob der eigene, bescheidene Wohlstand im Hinblick auf den Klimawandel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie spürbare Preisanstiege gehalten werden kann.

Inflation nicht als vorübergehenden Effekt verharmlosen

Die Entwicklung der steigenden Inflation ist laut Schleweis gefährlich. "Sie sollte nicht als vorübergehender Effekt nach der Corona-Krise verharmlost werden." Umso bedauerlicher bewertet der DSGV-Chef den Rücktritt von Jens Weidmann. Es sei eine "wirklich schlechte Nachricht", kommentierte er die Entscheidung des Bundesbank-Präsidenten. 

Aus seiner Sicht müsse der EZB-Rat im Dezember die Weichen für einen Ausstieg aus der ultra- expansiven Geldpolitik stellen. Erster Schritt hierzu sollte das Auslaufen der pandemiebedingten Sonderprogramme sein. "Parallel dazu halten wir eine deutliche Erhöhung der Freibeträge bei den Einlagenfazilitäten für erforderlich", fordert Schleweis. Nur so könne vermieden werden, dass die Einlagenschwemme zu einem dauerhaften Substanzverlust bei der Kreditwirtschaft führe. Und drittens müssen die negativen Leitzinsen überwunden werden. Die EZB sollte diese Veränderungen bereits jetzt kommunikativ einleiten und hierfür "Perspektiven eröffnen".

Mehr als ein Drittel wünscht sich eigene vier Wände

Trotz des negativen Umfelds sei aber bei vielen Deutschen "der Traum vom Eigenheim ungebrochen", merkt Schleweis an. Die Pandemieerfahrungen hätten ihn sogar noch verstärkt. "35 Prozent der Menschen zwischen 20 und 50 Jahren planen einen Immobilienerwerb. Das sind acht Prozentpunkte mehr als 2020", betont der DSGV-Chef. Für viele Normalverdiener sei allerdings Wohneigentum kaum mehr bezahlbar. Das sei für ein Land wie Deutschland ein fatales Signal, insbesondere mit Blick auf die "ohnehin niedrige Eigentumsquote".

An die bei den Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien richtet der Verbandspräsident die Forderung, entsprechende Förderprogramme zu installieren. Diese sollen den Immobilienerwerb trotz hoher Grundstücks- und Baupreise sowie Erwerbsnebenkosten möglich und die Anforderungen an den Klimaschutz finanzierbar machen. "Wohneigentum ist und bleibt der entscheidende Schlüssel für eine erfolgreiche Vermögensbildung und Altersvorsorge", so Schleweis. Auch bei der geplanten Reform der privaten Altersvorsorge dürfe das Wohneigentum nicht aus dem Blick geraten.

Zwei Geldanlage ist Zukunftsthema

Als wichtiges Zukunftsthema betrachtet der Sparkassenverband nachhaltige Geldanlagen. Der Umfrage zufolge interessieren sich 40 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und 42 Prozent der 30- bis 39-Jährigen für diese Form der Kapitalanlage. Tatsächlich grün investiert sind aber derzeit nur sieben Prozent. "Um bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden, sind pro Jahr rund 250 Milliarden Euro oder etwa siebeneinhalb Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erforderlich. Die Aufgabe wird nur mit privatem Kapital zu stemmen sein", erläutert Schleweis. Verbraucher benötigten daher "eine selbstbestimmte Mitfinanzierungsmöglichkeit", um stärker an den wirtschaftlichen Chancen der Transformationsfinanzierung teilzuhaben. 

Aber die Sparer erwarten laut Erhebung dabei mindestens die gleiche Sicherheit und möglichst sogar eine höhere Rendite als bei anderen Anlageformen. Die neue Bundesregierung solle daher einen sicheren Investitionsrahmen schaffen und "solche Investitionen über steuerliche Anreize wie progressive Abschreibungen attraktiv machen".

Der Artikel ist ursprünglich auf Springer Professional erschienen.

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

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