Moderate Zinserwartungen dominieren die Aktienmärkte

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Die globalen Aktienmärkte zeigen seit einigen Wochen zunehmende Unterschiede zwischen den USA und dem Rest der Welt. Warum dies so ist, erläutert Eduard Baitinger vom Investmenthaus Feri. Das die US-Märkte von Hoch zu Hoch eilen, liegt hauptsächlich an wenigen Schwergewichten im Technologiesektor so der Experte. "Der Rest der Welt tritt, mit Ausnahme der Schwellenländer, die vom schwachen Dollar profitieren, auf der Stelle", erläutert Baitinger.

Die teilweise exorbitanten Bewertungen der Megacaps (Apple hat als erstes Unternehmen überhaupt eine Marktkapitalisierung von zwei Billionen US-Dollar erreicht) reflektierten nicht nur anhaltende Begeisterung für den Technologiesektor, sondern seien vor allem Folge des tiefen Zinsniveaus.

Inverse Reaktion auf gute Wirtschaftsnachrichten

An den Finanzmärkten herrsche derzeit der Glaube vor, dass die Zinsen noch über Jahre hinaus extrem tief bleiben werden. Dabei sei jedoch kaum zu übersehen, dass sich das Zinsniveau in einem besorgniserregenden Ausmaß von den fundamentalen Daten abgekoppelt habe. Die globalen Notenbanken vollzögen aktuell einen gefährlichen Balanceakt: Auf der einen Seite schürten sie die Erwartung dauerhaft niedriger Leitzinsen, auf der anderen Seite steige aufgrund besser werdender Wirtschaftsdaten der Druck auf die gesamte Zinsstruktur. Damit baue sich an der Zinsfront zunehmende Spannung auf, die sich irgendwann abrupt entladen könnten.

Auslöser für einen raschen Zinsanstieg könnte eine baldige Zulassung neuer CoViD19-Impfstoffe sein. Sobald ein oder mehrere wirksame Impfstoffe für den weltweiten Einsatz zur Verfügung stünden, dürften die Finanzmärkte deutlich verbesserte Konjunkturaussichten einpreisen. Ein Kursfeuerwerk sei in diesem Fall jedoch nicht das Hauptszenario. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass die Märkte auf die Nachricht effektiver Impfstoffe mit Zurückhaltung reagieren oder es sogar zu Korrekturen komme. Denn Märkte, die stark von der Zinspolitik abhängen, reagierten häufig invers auf gute Wirtschaftsnachrichten. Die Erwartung höherer Zinsen überwiege dann den positiven konjunkturellen Effekt. Investoren, die sich auf dieses Szenario vorbereiten wollten, sollten damit beginnen, konjunktursensitive Sektoren in ihrem Portfolio höher zu gewichten. Diese Sektoren wiesen deutlich bessere Bewertungen auf und seien daher weniger abhängig vom Zinsgeschehen. Zwar dürfte die US-Notenbank weiter versuchen, das Zinsumfeld aktiv zu dämpfen; angesichts steigender Inflationserwartungen in den USA werde dies jedoch zunehmend schwieriger.

Eduard Baitinger ist seit 2015 Head of Asset Allocation in der Feri Gruppe.

Quelle: Feri AG

Autor(en): Versicherungsmagazin.de

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