Wie Corona das Sparverhalten verändert

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Eine Studie hat kurz vor dem Corona-Ausbruch das Verhalten privater Anleger untersucht und verschiedene Anlegertypen ermittelt. Im Juni 2020 wurde die Umfrage wiederholt. Es zeigten sich interessante Veränderungen bei den Präferenzen der Geldanlagen, aber auch hinsichtlich der Beratung.

Wie beeinflusst die Corona-Pandemie private Anleger in Deutschland? Haben sich Einstellungen und Anforderungen an eine Geldanlage in den vergangenen Monaten verändert? Und welche Anlageformen sind in Krisenzeiten besonders attraktiv? Der Robo Advisor der Berliner Quirin Bank, Quirion, hat dies in einer großen Anleger-Studie untersucht.

Weniger Geld steht zum Sparen zur Verfügung

Hierfür wurden im Juni rund 2.150 Personen mit mindestens 10.000 Euro Anlagevermögen oder einem monatlichen Mindestnettoeinkommen von 1.500 Euro im Ein-Personen-Haushalt beziehungsweise 2.500 Euro im Mehr-Personen-Haushalt befragt. Fast 1.300 dieser Teilnehmer wurden bereits Ende 2019 als Grundlage für eine Typenanalyse um ihre Meinung zu Kapitalanlagethemen gebeten.  

Die Studie zeigt, dass die durchschnittliche Sparrate im Zuge der Krise deutlich abgenommen hat. Sie sank von 616 Euro im November 2019 auf 391 Euro im Juni 2020. Allerdings sparen aktuell mehr Anleger eine feste Sparsumme als vor der Krise. Der Zustimmungswert kletterte von 4,04 auf 4,31 (6 = trifft sehr zu, 1 = trifft überhaupt nicht zu). Dabei würden viele Befragten gerne mehr zurücklegen, doch ihnen steht weniger Geld zur Verfügung als noch vor einigen Monaten.

Möglichst alles online abwickeln

Bei ihren Entscheidungen hinsichtlich der Höhe und der Sparform handeln sie dabei nicht nur rationaler und eigenständiger als vor der Krise, sondern setzen auch seltener auf den Rat anderer. So ist der Zustimmungswert für eine persönliche Beratung von 3,67 auf 3,52 gesunken.

Wichtiger ist den Befragten hingegen, in der Geldanlage möglichst viel online abwickeln zu können. Das bestätigt den Trend hin zu digitalen Vertriebs- und Kommunikationskanälen, der sich im Zuge der Corona-Krise in vielen Branchen abzeichnet. "Die Digitalisierung ist den Anlegern wichtig, etwa aufgrund vermehrtem Homeoffice und der stärkeren Nutzung neuer, digitaler Kanäle“, erklärt Konrad Weßner von der Puls Marktforschung, die die Studie im Auftrag von Quirion erstellt hat.

Auch am Kapitalmarkt geht Sicherheit vor Risiko

"Den meisten Anlegern ist bewusst, dass die Corona-Krise die Weltwirtschaft noch lange beschäftigen wird", so der Experte in einer virtuellen Konferenz. Dennoch gab rund die Hälfte der Befragten an, während der Krise keine oder nur geringe Einbußen ihrer Kapitalanlagen erlitten zu haben. "Allerdings sehen sich die Befragten auch nicht als Krisengewinner", betont Weßner. Das behaupten laut der Studie nur rund zehn Prozent von sich. "Wir verzeichneten zu Krisenbeginn zwar über ein bis zwei Wochen einen Nettoabfluss. Dann haben Kunden die niedrigen Bewertungen aber zum Einstieg genutzt", ergänzt Quirion-CEO Martin Daut.

"Die Anleger haben erkannt, dass die nicht zinsgenerierenden Anlagen kein befriedigendes Ertragsniveau bieten", erläutert Daut. So ist das Interesse der Befragten an der betrieblichen Altersversorgung, Fonds, Aktien und ETFs gleich geblieben oder leicht gestiegen. Aber einst beliebte Sparformen wie das Tages- und Festgeld, der Bausparvertrag, Lebensversicherungen, die Riester-Rente und das klassische Sparbuch haben durch die Bank an Attraktivität eingebüßt. "Der Kapitalmarkt wird für Anleger attraktiver. Diese sind sich aber bewusst, dass man keine Maximalerträge erzielen kann. Auch hier geht Sicherheit vor Risiko", so Weßner.

Studie ermittelt sechs charakteristische Anlegertypen

Noch nicht für alle Anleger haben Sicherheit, Beratung, Rendite oder Finanzinnovationen die gleiche Relevanz. Auch unterscheiden sie sich im Liquiditätsbedarf, dem Sparverhalten und dem Finanzwissen sowie der Offenheit gegenüber neuen Angeboten. So hat die Studie bereits in der ersten Phase der Untersuchung insgesamt sechs Personas definiert, die die verschiedenen Anlegertypen charakterisieren: 

Dabei prägen diese Typen vor allem die zum Teil extremen Unterschiede etwa beim Beratungsbedarf, bei der Nutzung digitaler Vertriebskanäle, dem finanziellen Know-how oder der Renditerelevanz einer Kapitalanlage, wie nachstehende Tabelle zeigt:

Anlegertyp Beschreibung
MONEY-MANNI Der "Durchstarter" ist der eher jüngere Erfolgsmann mit hohem Einkommen und wachsendem Vermögen. Er ist informiert, aber auch beratungs- und digitalaffin, denkt zukunftsgerichtet, ist hoch gebildet und hat eine hohe Wertpapierpräferenz.
ROBO-ROBERT Der "Digitalo" ist der männliche Finanzexperte mit höchstem Einkommen und Vermögen. Er steht auf Technik und Innovation, kennt digitale Anbieter gut und legt seine hohen Sparraten rational und risikobereit in Wertpapieren an.
TRADITIONS-TRAUDL Die "Traditionelle" ist eher älter und hat eine klassische Lebenseinstellung. Sie legt Wert auf Filialen, Sicherheit, Familie, hat ein geringes Finanzwissen und spart wenig, gerne auf dem Sparbuch.
KONSUM-KALLE Der "Verbraucher" ist der junge aufstrebende (Single-)Mann mit hohem Konsumbedürfnis und großem Interesse an digitalen Lösungen und Apps. (Noch) spart er wenig (und klassisch) und genießt die Spontanität im Leben.
BERATUNGS-BABSI Die "Familiäre" ist die unsichere Anlegerin, die Beratung von allen Seiten braucht und lieber sicher in verzinste Anlagen investiert, aber eine gewisse Offenheit für (abgesicherte) digitale Lösungen hat. Familie und Soziales sind für sie wichtige Lebensinhalte.
SPAR-SAM Der "Sparer" ist bereits etwas in die Jahre gekommen, finanziell auf der sicheren Seite aber eher kritisch gegenüber online und digitalen Lösungen. Er spart viel, am liebsten preisbewusst und klassisch und sichert sich in allen Lebensbereichen gerne ab.
Quelle: Studie von Quirion / Puls Marktforschung zu Anlegertypen und Anlageverhalten in der Krise, 2020 

Spartypen

Autor(en): Angelika Breinich-Schilly

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