119.000 Euro Schadenersatz

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Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat einen Versicherungsmakler verurteilt, weil der seinen Kunden nicht gut beraten hatte. Der Fall im Detail.

Ein Versicherungsmakler hat seinen Beratungsfehler teuer bezahlen müssen (Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 12. Dezember 2018, Az. 1 U 167/14, VersR 2019, 620-622). Er beschaffte im Jahr 2004 einem Unternehmen, das landwirtschaftliche Dienstleistungen für Dritte erbringt, eine Betriebshaftpflichtversicherung. Diese wies eine Prämie von gut 3.271 Euro auf.

Spargelernte verdorben

Das Unternehmen führte eine Unterblattherbizidbespritzung auf einem Spargelfeld durch. Allerdings stellte der Mitarbeiter die Spritzdüsen falsch ein, wodurch das Unkrautbekämpfungsmittel versehentlich auf die Spargelpflanzen selbst anstatt in die Dämme und Fahrgassen dazwischen gesprüht wurde. Die Ernte war damit verdorben und ein Schaden von rund 132.440 Euro entstanden, den das Unternehmen nach einem rechtskräftigen Landgerichtsurteil an den Landwirt zahlen musste.

Unangenehm nur, dass die Betriebshaftpflichtversicherung einen Ausschluss für Bearbeitungsschäden vorsah. Der Betriebshaftpflichtversicherer verweigerte demzufolge auch, den Schaden zu übernehmen.

Besserer Schutz wäre sogar billiger gewesen

Noch unangenehmer für den Makler war, dass der Kunde 2008 den Haftpflichtversicherer wechselte und dabei nicht nur eine Klausel hinzugewann, über die "Schäden am behandelten Gut" bis 200.000 Euro eingeschlossen waren. Die Versicherung war mit einer Jahresprämie vom knapp 2.356 Euro auch noch erheblich günstiger. Der neue Vermittler des Vertrags diente im Verfahren als Zeuge und konnte die Richter davon überzeugen, dass auch im Jahr 2004 schon der Abschluss einer solchen leistungsstärkeren und zugleich günstigeren Betriebshaftpflichtpolice möglich gewesen wäre. Offensichtlich hatte sich der verklagte Versicherungsmakler keine ausreichende Mühe gegeben, den Markt für seinen Kunden zu untersuchen.

Ausschluss - Einschluss - Ausschluss

Vielmehr hatte der Makler wohl seinem Kunden überlassen, selbst das Bedingungswerk zu prüfen, das nach Feststellung des Gerichts außergewöhnlich "verschachtelt" aufgebaut war und es daher einem Laien schwer machte zu verstehen, was denn nun über die Police versichert gilt und was gerade nicht.

In der Urteilbegründung wird dies sehr detailliert nachvollzogen: Während die Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen Schäden an fremden Sachen ausschlossen, wurden scheinbar über die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen Schäden wiedereingeschlossen, die "durch eine sonstige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen" entstehen. Allerdings wurde der vermeintliche Einschluss in der Folge wieder eingeschränkt, nicht versichert seien Schäden an Sachen, "die der Versicherungsnehmer für einen Dritten bearbeitet, weiter be- oder verarbeitet, veredelt oder zur Reparatur übernommen hat, wenn ihn ein Verschulden trifft".

Versicherer verweigerte Versicherungsschutz zu Recht

Weiter folgte in dem Bedingungswerk noch ein Hinweis darauf, dass die "Verwendung von Pflanzenschutz-, Unkrautvernichtungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln" ausgeschlossen sei. Unklar bleibt aber nach Meinung des Gerichts, ob damit auch Schäden an fremden Sachen gemeint sind, die gar nicht behandelt werden sollten, sondern in der Nähe lagen - hier also die Spargelpflanzen.

Dennoch stellte auch das Gericht fest, dass der Versicherer zu Recht den Versicherungsschutz verweigert hatte, wenn auch es die Begründung des Versicherers selbst korrigiert.

Sachwalter heißt Verpflichtung zur Sorgfalt

Das Gericht verweist auf die besonderen Pflichten des Versicherungsmaklers, wie sie schon im so genannten Sachwalterurteil des Bundesgerichtshofs definiert wurden. Der Makler konnte auch nicht beweisen oder darlegen, dass sich sein Kunde entgegen einem besser geeigneten Rat des Maklers für die tatsächlich abgeschlossene Betriebshaftpflichtversicherung entschieden hätte. Damit folgt es der generellen Linie der Rechtsprechung zu unterstellen, dass sich ein Kunde grundsätzlich beratungsrichtig verhält, so lange jedenfalls nicht das Gegenteil bewiesen wird.

Der konkrete Schaden von gut 130.000 Euro wurde vom Gericht um eine Selbstbeteiligung von zehn Prozent gesenkt, die bei der vergleichbaren Police vorgesehen war. Dass die vergleichbare Police billiger war, spielte nur insofern eine Rolle, als das Gericht keinen Vorteilsausgleich herbeiführte, der bei einer teureren Police fällig gewesen wäre - der Kunde müsste in einem solchen Fall gegen sich gelten lassen, dass er durch eine unzureichende Versicherung Geld gespart hat. Das bedeutet allerdings auch, dass dieser Kunde hier theoretisch einen weiteren Schadenersatzanspruch gegen den Makler geltend machen könnte in Höhe der zu viel gezahlten Prämie für die unzureichende Police.

Aufgeschlagen wurden schließlich noch Anwaltskosten, sodass der Makler im Ergebnis seinem Kunden die oben erwähnten gut 118.000 Euro schuldet. Das Urteil belegt einmal mehr, wie wichtig eine besondere Sachkompetenz und sorgfältige Arbeitsweise eines Maklers ist, und dass er nur Zielgruppen versichern sollte, über deren Bedürfnisse und am Markt verfügbare Angebote er genaue Kenntnisse besitzt.

Autor(en): Matthias Beenken

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