Bundesverfassungsgericht stoppt steuerliche Zinsregelung

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Immer häufiger werden in Deutschland für Sparanlagen Negativzinsen erhoben. Und Steuernachforderungen und -erstattungen werden hierzulande mit 0,5 Prozent für den vollendeten Monat verzinst, jährlich also mit sechs Prozent. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat nun entschieden, dass dies verfassungswidrig ist.

Nach dem Beschluss des BVerfG – veröffentlicht am 18. August -  ist die aktuelle Zinsregelung seit Januar 2014 nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar. Dennoch kann das geltende Recht für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2018 weiter angewendet werden. Andernfalls entstünden aus Sicht des BVerfG erhebliche haushaltswirtschaftliche Unsicherheiten, die im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung nicht geboten seien.

Bis spätestens 31. Juli 2022 verfassungsgemäße Neuregelung treffen

Der Gesetzgeber muss jedoch bis spätestens 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung treffen, die dann auch rückwirkend für alle Sachverhalte ab 2019 gilt.

Zwei Unternehmen hatten in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, die nach Steuerprüfungen Gewerbesteuer samt Zinsen für die Jahre 2005 und 2006 nachzahlen mussten. Dabei ging es beiden Verfahren um Nachzahlungszinsen von insgesamt mehr als 1,45 Millionen Euro.

Zinshöhe von sechs Prozent pro Jahr nicht verfassungskonform

Die Gerichtsentscheidung bestätigt laut eigenen Angaben die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dass die seit 1961 in § 238 der Abgabenordnung festgeschriebene Zinshöhe von sechs Prozent pro Jahr nicht verfassungskonform ist.

Denn eigentlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers mit der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen der Vorteil abgeschöpft werden, der durch eine verspätete Steuerfestsetzung entsteht. Dabei muss jedoch auf das aktuell bestehende Zinsniveau abgestellt werden, und die gesetzliche Fiktion von sechs Prozent entspricht schon seit Langem nicht mehr der realen Zinssituation, so der DIHK.

 

Extrem hohen Nachzahlungszinsen eine erhebliche Belastung

Die aktuelle Entscheidung sei deshalb "ein gutes Signal für viele in der Wirtschaft", sagt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. "Gerade für Unternehmen, die wegen der langen Dauer der Betriebsprüfungen erst viele Jahre nach ihrer Steuererklärung einen endgültigen Steuerbescheid erhalten, sind die extrem hohen Nachzahlungszinsen eine erhebliche Belastung."

Er konkretisiert seine Position noch: "Neben einer möglichst raschen Anpassung der Zinshöhe auf ein realitätsgerechtes Maß sollten aus Sicht des DIHK auch die Betriebsprüfungen beschleunigt werden. Denn das bringt den Unternehmen die gerade jetzt dringend benötigte Rechts- und Planungssicherheit."

Quelle: DIHK

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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