Digitalisierung: So wird das nichts

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Die Digitalisierung ist bei Beratern und Vermittlern von Finanzdienstleistungen (immer) noch nicht angekommen. Dies ist die Kernaussage der Studie "Qualitätsaudit 2016 - Digitalisierung - Vermittlung von Finanzdienstleistungen" von Mindtrace Stieber Beratung.

Auffällig für die Studienmacher ist, dass lediglich rund 70 Prozent der Vermittler ihr Smartphone auch beruflich nutzen. Anscheinend gibt es "immer noch Vermittler oder Berater, die mobil, also außerhalb ihres Büros, nicht zu erreichen sind", wundern sie sich. Bedenklich sei auch, dass die technische Ausstattung für den Einzelnen (Smartphone, Notebook, Tablet, Desktop-PC) im Vordergrund stehe. Die technische Ausrüstung, die für eine Fernnutzung von Daten oder für die Zusammenarbeit mit dem Büro sinnvoll wäre, sei nur in geringem Umfang vorhanden.

Schnelles Internet gibt es nur in den Ballungsräumen
Der Nutzen, Daten in einem Netzwerk auszutauschen und zu bearbeiten, sei den Anwendern noch wenig bewusst, kritisieren die Berater. Sie spekulieren, dass dieser Umstand auch damit zusammenhängen könne, dass schnelles Internet nur in den Ballungsräumen verfügbar sei. Hier hänge die Digitalisierung auch vom Netzausbau in Deutschland ab.

Software für Analyse und Tarifvergleiche wird von den Vermittlern überwiegend genutzt (89 Prozent). Zahlreiche Produkte würden in Form von Deckungskonzepten angeboten und zudem die Beratung zu Kapitalanlagen ohne technische Unterstützung "nur bedingt vorstellbar" sei, gehört die Nutzung von Analysesoftware quasi zur Grundausstattung.

Wenige nutzen Techniken zum Online-Abschluss
Wie halten es die Vermittler mit der Online-Beratung von Kunden? 32 Prozent geben an, diesen Vertriebsweg zu nutzen. Bei Produkten, die eine Kapitalansammlung vorsehen, ist ein unmittelbarer Abschluss nur mittels Videoberatung möglich. Doch die meisten, die online beraten, nutzen nicht die Techniken, mit denen sie online auch zum Abschluss kommen könnten. Am häufigsten werden Telefon und Internet verwendet. Techniken, die einen Videokontakt zulassen, wie Chatrooms oder Web-Konferenz-Systeme, werden nur zu einem geringen Anteil genannt.

"Die Online-Beratung bietet erhebliches Potenzial zur Einsparung von Kosten, ohne den Kundenkontakt leiden zu lassen. Es kann deshalb für die Zukunft nur sinnvoll sein, diese Technik in größerem Umfang zu nutzen."

Qualitätsaudit 2016 - Digitalisierung - Vermittlung von Finanzdienstleistungen

Ein überraschendes Ergebnis lieferte die Frage ob und in welcher Form die Vermittler Kundenverwaltungsprogramme nutzen. Der Prozentsatz der genutzten Standardanwendungen ist gegenüber der Vorläuferstudie 2009 rückläufig. Demgegenüber hat die Zahl derer, die selbst entwickelte Eigenanwendungen nutzen, zugenommen. Aktuell können rund 56 Prozent eine Standardschnittstelle (GDV oder Bipro) nutzen. Diese sei aber unbedingt erforderlich, um durchgängig digitalisierte, papierlose Abläufe zu gewährleisten, so die Studie.

Acht Prozent arbeiten mit Karteikarten
Die Bemühungen des GDV und der Bipro Initiative hätten nicht den erwünschten Erfolg geliefert. Knapp acht Prozent nutzen übrigens immer noch Karteikarten zur Kundendatenverwaltung.

"Wenn Digitalisierung gelingen soll, wird man aus unserer Sicht vollständig neue Überlegungen zu den Fragen des Datenaustausches anstellen müssen. Die Frage der Schnittstellen muss völlig neu durchdacht werden."

Qualitätsaudit 2016 - Digitalisierung - Vermittlung von Finanzdienstleistungen

Festhalten am Medium Papier
Der Traum vom papierlosen Büro, wird wohl noch eine ganze Weile darauf warten müssen, Wirklichkeit zu werden. Lediglich 5,2 Prozent der Befragten arbeiten komplett papierlos. Bei der Übermittlung gesetzlich vorgeschriebener Unterlagen nutzen immerhin gut 96 Prozent E-Mails, 61,1 Prozent wollen aber auf die Papierform nicht verzichten.

Neu gegenüber der Befragung 2009 ist der Internetabruf: 20,1 Prozent nutzen diesen. Dabei sei der Internetabruf der sicherste und sinnvollste Weg, dem Kunden Unterlagen zukommen zu lassen, so die Studienmacher. Die hohe Zahl der Papiernutzer mache deutlich, dass die Digitalisierung in den Vermittlerbüros noch nicht angekommen sei. Auch in der Bestandsarbeit halte sich das Medium Papier hartnäckig.

Aber warum verweigern so viele Vermittler und Berater, trotz des permanenten Kostendrucks die relativ einfach zu nutzenden und günstigen technischen Lösungen? Die Studie identifiziert zwei Hauptgründe, die sie davon abhalten, in die weitere Digitalisierung zu investieren:
  • Es besteht eine große Unsicherheit, welche Technik beschafft werden muss, um eine Verbesserung zu erreichen.
  • Die Befragten sehen die Kostenvorteile der Digitalisierung vor allem bei den Produktanbietern. Sie wollen bei zusätzlichen Investitionen an den Kostenvorteilen der Produktanbieter partizipieren.

Lesetipp:
Wie die Digitalisierung den Personalbedarf im Vermittlerbüro beeinflusst, damit beschäftigt sich der Beitrag "Wichtige Hilfe, kein Ersatz" von Versicherungsmagazin-Autorin Elke Pohl in der Oktober-Ausgabe von VM. Sie sind nochkein Abonnent?


Quelle: Mindtrace Stieber Beratung
Bild: © Idprod /istock

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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