IDD: Vema stellt gesamten Entwurf in Frage

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Der Referentenentwurf zur IDD-Umsetzung wird vom Maklerverbund Vema scharf kritisiert. Am 21. November 2016 hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb" vorgelegt. Im Wortlaut hier die Kritik von Vema.

"Sehr geehrte Damen und Herren,
die vorliegenden Stellungnahmen der Berufsverbände (unter anderem BVK, IGVM, VDVM) zum IDD- Referentenentwurf können wir nur unterstützen. Wir gehen sogar einen Schritt zurück und stellen den gesamten Entwurf in dieser Fassung in Frage, da

1. die Harmonisierung des Dienstleistungsverkehrs in Europa, welche durch die IDD erfolgen soll, als Anlass genommen wird, neue nationale Verordnungen zu erlassen, die wiederum nicht im Einklang mit der IDD sind;

2. das Ziel des Koalitionsvertrages, die unabhängige, verbraucherorientierte Beratung zu fördern, verfehlt wird;

3. hinsichtlich der Qualität der Beratungsleistungen durch Versicherungsmakler offensichtlich ein Informationsdefizit vorliegt;

4. die unnötig weitgehende Regulierung den ohnehin schon nicht lukrativen Berufsstand des Versicherungsmaklers für geeignete Berufseinsteiger zunehmend unattraktiv macht. Dies wird sich langfristig fatal auf die Beratungsqualität auswirken.

Zu 1)
Wir erkennen in der IDD keine Vorschrift, welche es Versicherungsmaklern untersagt, sich Leistungen auch vom Verbraucher vergüten zu lassen. Auch wenn die erfolgsabhängige Vergütung durch den Versicherer (Courtage) die Leitvergütung des Versicherungsmaklers ist, wird es immer wieder Anforderungen von Verbrauchern geben, welche eine Vergütung durch diesen erfordern. Nehmen wir nur das Beispiel, dass ein Versicherer für eine für den Kunden am besten passende Lösung keine Courtage vergütet. Es ist eine nicht zu erklärende Bevormundung der Verbraucher, wenn diese nicht selbstbestimmt eine Honorarvereinbarung mit einem Versicherungsmakler treffen dürften.

Zu 2)
Aktuell sind nur 300 Versicherungsberater registriert. Im Register sind 47.000 Versicherungsmakler eingetragen. Bei den Versicherungsmaklern haben wir nach einer Auswertung von Professor Dr. Matthias Beenken, Fachjournalist und Berater von Versicherungsgesellschaften und Verbänden, durchschnittlich 6,2 Beschäftigte je Versicherungsmaklerbetrieb. Wenn wir diese 6,2 nur für 50 Prozent der registrierten Makler zugrunde legen, sind etwa 170.000 Menschen in den Versicherungsmaklerbetrieben tätig. Von den Versicherungsberatern sind die meisten nicht in der Beratung von Verbrauchern mit niedrigen und mittleren Einkommen tätig. Versicherungsmakler können eine unabhängige Beratung für diese Gruppen noch leisten, da keine aufwändigen Honorarverhandlungen geführt werden müssen. Nimmt man die Versicherungsmakler durch das Verbot von Honorarvereinbarungen mit Verbrauchern heraus, wird sich der aktuelle Status nicht wirklich ändern.

Zu 3)
Bei 80 Millionen Bundesbürgern schätzen wir über 20 Millionen Beratungen, welche Versicherungsvermittler im Jahr tätigen. Vor jeder Beratung ist auf die Beschwerdemöglichkeit beim Ombudsmann hinzuweisen. Rund die Hälfte der in der Versicherungswirtschaft tätigen Personen ist in der Versicherungsvermittlung tätig, die andere Hälfte in Betrieb und Schaden. Wenn man dann dem Jahresbericht des Ombudsmanns entnehmen kann, dass es nur 92 (in Worten zweiundneunzig) Beschwerden gegenüber Versicherungsvermittlern gab, ist dies ein Zeichen für die zwischenzeitlich erreichte hohe Qualität in der Versicherungsvermittlung. Hier geht das in den Medien gerne propagierte Stammtischbild des fragwürdigen Versicherungsvermittlers belegbar soweit an der Realität vorbei wie es nur möglich ist. Der Löwenanteil der Kollegen macht einen soliden und gewissenhaften Job. Dass der Ombudsmann bekannt ist, zeigt die Anzahl der zulässigen 13.922 Beschwerden gegenüber Versicherungsunternehmen. Auch ein insgesamt sehr niedriger Wert im Vergleich zu den Versicherungsvermittlern, doch gleichwohl viel höher.

Zu 4)
Über 50 Prozent der Versicherungsvermittler haben als Selbstständige ein geringeres Entgelt als Angestellte der Versicherungsunternehmen. Der steigende Wettbewerbsdruck, die erhöhten Aufwände durch gesetzliche Beratungs- und Dokumentierungsanforderung, die Eingriffe in der Vermittlungsvergütung machen den Beruf des Versicherungsmaklers zunehmend unwirtschaftlich. Es ist schon jetzt festzustellen, dass der Berufsstand der Versicherungsvermittler mit einem Durchschnittsalter von über 50 Jahren an Nachwuchsproblemen leidet. Die verbleibenden Versicherungsvermittler werden sich um lukrative Kunden bemühen und aus wirtschaftlichen Gründen Verbraucher mit niedrigen oder mittleren Vermögen "links liegenlassen" müssen. Doch gerade diese Bevölkerungsgruppe ist auf eine unabhängige Beratung durch einen Versicherungsmakler angewiesen. Speziell dieser große Teil der Bevölkerung verfügt in Vorsorge- und Finanzfragen meist nur über ein rudimentäres Wissen und ist auf die Hilfestellung eines Experten angewiesen, um im Alter oder bei Schicksalsschlägen keine bösen Überraschungen erleben zu müssen - wenn denn überhaupt alleine Vorsorge getroffen wird. Die qualifizierte Beratung durch Versicherungsmakler sorgt für weniger Altersarmut in Deutschland und sollte deshalb von der Regierung gefördert werden.

Am vorliegenden Referentenentwurf zur Umsetzung der IDD in deutsches Recht sollte daher erneut gearbeitet und dabei Impulse von den Betroffenen berücksichtigt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Hübner
Vorstandsvorsitzender

Andreas Brunner
stellv. Vorstandsvorsitzender

Bildquelle: ©kelly-marken/fotolia

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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