Deutlich weniger Fünf-Sterne-BU-Versicherer

Das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) dreht bei Gesundheitsfragen zu Personen- und Krankenversicherungen den Spieß um: Nun muss der potenzielle Kunde nur noch auf solche Fragen antworten, nach denen der Versicherer explizit und in Textform fragt (§ 6 Absatz 1 und 2 VVG).

Wahrheitsgemäße Antworten fielen Verbrauchern bislang häufig schwer, auch weil die Fragen zum Teil rückwirkend das ganze Leben betrafen oder alle möglichen Beschwerden aufgeführt werden mussten, obwohl kein Arztbesuch erfolgt war. Leider setzt der Gesetzgeber für Gesundheitsfragen auch ab 2008 keine zeitliche Befristung in die Vergangenheit. Lediglich bei Falschangaben des Kunden wurde die Rücktrittsfrist des Versicherers auf zehn Jahre nach Vertragsabschluss begrenzt (bei Fahrlässigkeit: fünf Jahre; siehe § 21 Absatz 3 VVG).

Das Analysehaus Morgen & Morgen (Hofheim) hat sein Rating der Berufsunfähigkeits-Versicherung (BU) überarbeitet und heute erste Ergebnisse vorgestellt. Der Paradigmenwechsel bei den vorvertraglichen Anzeigepflichten findet in den neuen Allgemeinen Versicherungsbedinungen der BU seinen Niederschlag (Rücktrittsrecht des Versicherers nach § 19 VVG). "Daher wurde das Teilrating zu den BU-Antragsfragen komplett überarbeitet", berichtet Dr. Martin Zsohar, Direktor Produktentwicklung bei Morgen & Morgen. Im alten Verfahren waren nahezu alle BU-Anträge mit fünf Sternepunkten bewertet worden. Dies hat sich jetzt gravierend geändert. Aktuell glänzen nur noch sieben Gesellschaften mit fünf Sternen beim Teilrating "BU-Antragsfragen": Allianz, Bayerische Beamten, Delta Lloyd, LV 1871, Neue BBV, Stuttgarter und Württembergische.

Versicherer wollen sich absichern
Den Grund für diese Verschärfung nennt Zsohar deutlich: "Aufgrund der Risikoverschiebung sichern sich die Versicherer jetzt mit Hilfe ihrer Antragsfragen noch stärker ab. Das bedeutet für uns Analysten, alle Gesundheits- und gefahrerheblichen Fragen darauf hin zu prüfen, ob sie inhaltlich klar, einfach verständlich und transparent formuliert sind." Dabei dürfe der Versicherer im Rahmen seiner Risikoeinschätzung hinsichtlich Umfang und Ausmaß der Fragen nicht eingeschränkt werden. Zugleich dürfe der Kunde nicht in eine "Falle" gelockt werden, also aufgrund dieser Unklarheit nachträglich nicht den Schutz verlieren. Als Konsequenz wurde ein Verfahren entwickelt, "das einerseits die Menge an Fragen nicht negativ bewertet, andererseits aber unklare Begrifflichkeiten, die dem Kunden zum Verhängnis werden könnten, abwertet", so Zsohar. Als unklare und damit im Antragsfragen-Teilrating abzuwertende Begriffe nennt Morgen & Morgen u. a. Abgeschlagenheit, Atemstörungen, Gelenkschmerzen, Leistungsabfall, Schmerzen, Schwindel und Verschleiß. All diesen Begriffen sei gemein, dass sie sehr weit reichend sind und so fast jeder Kunde - in den letzten fünf Jahren - aus verschiedensten Gründen betroffen war. Man könne z. B. die Beschwerde "Magenschmerzen" nicht ernsthaft über fünf Jahre zurück angeben. "Es ist damit schon alleine durch die Fragestellung ein unklarer Sachverhalt geschaffen", kritisiert Zsohar. Gemeint sein könnten wohl nur ernsthafte Magenschmerzen, die den Kunden zum Arztbesuch veranlasst hatten oder hätten. Ansonsten seien es typische Bagatellfälle, die bei Weglassen im Antrag schließlich im BU-Fall nicht zur Leistungsverweigerung führen dürften.

Zeitliche Befristung der Gesundheitsfragen
Wie auch zuvor geht Morgen & Morgen hier weiter als der Gesetzgeber und setzt als Rating-Kriterium auf eine zeitliche Befristung der Gesundheitsfragen in die Vergangenheit. "Jede Frage, die zeitlich unbefristet ist, wird nun mit Punktabzug bewertet, da es dem Kunden nicht zuzumuten ist, alle Sachverhalte (z. B. Arztbesuche) von vor mehr als zehn Jahren noch wahrheitsgetreu und detailliert angeben zu können", erklärt Zsohar. Bei allgemeinen Gesundheitsfragen (Krankheit, Beschwerden) werde ein Zeitraum von über fünf Jahren in die Vergangenheit ebenfalls mit Punktabzug bestraft. Ausnahmen: Fragen nach HIV und nach Renten, die bereits ausgezahlt werden. "Da stationäre Behandlungen klarer im Gedächtnis bleiben, kann der abgefragte Zeitraum hier auf maximal zehn Jahre ausgedehnt sein, ohne Punktabzug zu riskieren", ergänzt Zsohar. Bei der Bewertung haben die Komponenten "Zeitliche Befristung der Fragen" sowie "Klarheit der Fragestellung" mehr Gewicht als die beiden anderen Kriterien "Hinweise und Informationen für Versicherungsnehmer" und "Konsequenz der Fragestellung". Unterm Strich könne ein schwaches Teilrating zu BU-Antragsfragen durchaus dazu führen, dass ein schlechteres M&M-Gesamt-BU-Rating herauskommt. Aktuell schaffen da nur noch elf Anbieter mit insgesamt 32 Tarifen ein ausgezeichnetes Gesamtergebnis: Allianz, Alte Leipziger, Basler, Condor, Delta Lloyd, HanseMerkur, LV 1871, Stuttgarter, Volkswohl Bund, Württembergische und Zurich (Stand: 8. 02.2008).

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Detlef Pohl

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