Die Angst vorm Verkaufen überwinden

740px 535px
Montagmorgen. Vor Kundenbetreuer Sven Kugler liegen die Telefonnummern mehrerer Kunden, die es anzurufen gilt. Doch etwas hält ihn vom Telefonieren ab. Ähnlich ergeht es Key-Accountmanagerin Rut Weber. Deutlich spürt sie im Verkaufsgespräch: Der Kunde ist reif für den Abschluss. Trotzdem zückt sie das Vertragsformular nicht. Stattdessen vereinbart sie einen Folgetermin. Dabei weiß sie: Wenn ich jetzt nicht zupacke, bekommt vermutlich ein Mitbewerber den Auftrag.

Solche Situationen kennt jeder Verkäufer. Selbst "alte Hasen" stoßen ab und zu an mentale Barrieren. Das ist kein Anlass für Panik. Manche Verkäufer stoßen jedoch regelmäßig an dieselben Barrieren - ohne dies zu wissen. Die Folge: Sie sagen beispielsweise statt ihre Angst zu überwinden "Der Kunde fühlt sich belästigt, wenn ich ihn anrufe." Ein typisches Ausweichverhalten.

Die mentalen Barrieren erkennen
Dass Verkäufer oft jahrelang mit denselben Barrieren kämpfen, hat folgenden Grund: Unser Verhalten wird weitgehend durch mentale Programme bestimmt. Sie laufen unbewusst in uns ab und erleichtern uns häufig das Leben. Ein Beispiel: Als wir das Autofahren lernten, vollzogen wir das Kuppeln und Schalten ganz bewusst. Doch heute nach einigen Jahren Übung beherrschen wir das Autofahren wie im Schlaf. Ähnliche mentale Programme sorgen im Arbeitsalltag für die nötige Routine.

Mentale Programme prägen unsere Reaktion
Im Verkaufsalltag gibt es viele Aufgaben, bei denen Verkäufer oft mit angstbesetzten Barrieren kämpfen - zum Beispiel auf Kunden aktiv zugehen. Oder das Vertragsformular zücken. Oder Kunden Zusatzangebote unterbreiten. Allein können Verkäufer diese Hemnisse meist nicht überwinden. Denn in entsprechenden Situationen läuft in ihnen stets dasselbe mentale Programm ab. Deshalb sollte ein Ziel jedes Trainings sein, den Teilnehmern zu helfen, ihre Barrieren zu erkennen und zu überwinden.

Die mentalen Programme lassen sie sich in zwei Grup-pen einteilen: Ur-Programme und Mentale Muster. Die Ur-Programme sind das Ergebnis unserer Evolution. Sie entwickelten sich aufgrund der Notwendigkeit unserer Vorfahren, trotz permanenter Bedrohung durch Raubtiere, Kälte und Hunger zu überleben. Diese Programme aktivieren sich selbstständig, wenn ein entsprechender Reiz erfolgt. Typische Ur-Programme sind das Flucht- und Angriffsprogramm. Und ihre Symptome sind zum Beispiel vor Aufregung feuchte Hände.

Glaubensätze bestimmen unser Verhalten
Die Ur-Programme sind bei allen Menschen gleich. Trotzdem reagieren sie auf dieselbe Situation verschieden, weil sie diese unterschiedlich wahrnehmen. Für diese unterschiedliche Bewertung sorgen die "mentalen Muster". Sie sind die Filter, durch die wir unsere Umwelt wahrnehmen. Sie bestehen unter anderem aus Glaubenssätzen, die wir verinnerlicht haben. Solche Glaubenssätze sind zum Beispiel: Ich kann fast alle Aufgaben meistern. Oder: Ich muss zu allen Menschen nett sein.

Diese Glaubenssätze beeinflussen unsere Reaktion auf die Umwelt - positiv oder negativ. Erneut ein Beispiel. Angenommen ein Verkäufer hat den Glaubenssatz verinnerlicht: "Wenn ein Kunde mein Angebot ablehnt, lehnt er auch mich ab. Und Ablehnung ist etwas Schlimmes." Wie reagiert er wohl auf eine Aufgabe wie, einen Kunden zu kontaktieren, der ihm beim letzten Kontakt die kalte Schulter zeigte? Er erlebt die Aufgaben als Bedrohung und sucht nach Ausflüchten, sie nicht wahrzunehmen. Der Glaubenssatz wirkt sich also negativ auf seine Arbeit aus.

Es gibt zahllose Glaubenssätze. Und jeder Verkäufer hat für jede Phase des Verkaufsprozesses solche Sätze verinnerlicht, die in Zusammenhang mit seiner Biografie stehen.

Emotionen sind der Schlüssel zum Erfolg
Dabei lautet das erste Ziel: den Verkäufern ihre irrationalen Glaubensätze bewusst machen. Denn sie gleichen mentalen Tretminen, von denen man nur die emotionalen Explosionen wahrnimmt.

Unsere Emotionen sind denn auch der Schlüssel, um uns unsere Glaubenssätze bewusst zu machen. Denn allen Emotionen, die Verkäufer im Kundenkontakt verspüren, liegen Glaubenssätze zugrunde. Angenommen diese Emotionen werden beispielsweise in einem Coaching thematisiert. Dann kann auch ermittelt werden, welche Glaubenssätze sich dahinter verbergen. Zudem kann analysiert werden, ob es sich hierbei um konstruktive Sätze handelt. Damit ist das Fundament gelegt, um die destruktiven Glaubenssätze durch konstruktive zu ersetzen und eine nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen.

Ingo Vogel, Esslingen, ist Verkaufstrainer. Er gilt als der Experte für emotionales Verkaufen (Tel. 0711/7676-303; E-Mail: in-fo@ingovogel.de). Er ist unter anderem Autor des Buchs "Top-Emotional Selling - Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer".

Autor(en): Ingo Vogel

Alle Branche News