Altersvorsorge – nein danke!?

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Über 60 Prozent der 18- bis 29-Jährigen setzen sich nach einer aktuellen Studie nicht mit der Planung ihrer privaten Altersvorsorge auseinander. Daher überrascht es auch nicht, dass zwei Drittel der befragten jungen Menschen überhaupt keine Altersvorsorge betreiben.

Der privaten Altersvorsorge wird noch immer von einem Großteil der Befragten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, ist ein Ergebnis der repräsentativen Studie des Meinungsforschungsunternehmens Civey im Auftrag der Canada Life Assurance Europe. So zeigt die Befragung, dass 41,5 Prozent aller Befragten sich „seltener“ oder „nie“ mit der Planung ihrer privaten Altersvorsorge auseinandersetzen. Besonders auffallend ist, dass es mit über 60 Prozent gerade die jüngste befragte Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen ist, die völlig desinteressiert am Thema Altersvorsorge scheint. Fast schon paradox: Gleichzeitig stimmt fast vier Fünftel dieser Altersgruppe (77,9 %) der Aussage zu: „Die aktuelle Inflationsrate erhöht meine Sorge, ob meine Altersvorsorge ausreichen wird.“

„Finanzbildung kann ein Hebel sein“

Befragt man Studienleiter Florian Elert von der HSBA Hamburg School of Business Administration nach diesem Ergebnis, sagte er: „Neben mehr Transparenz kann die Finanzbildung ein Hebel sein. Auch die Beratung spielt eine wichtige Rolle, dass junge Menschen sich stärker um ihre Altersvorsorge kümmern.“

Dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die gesetzliche Rente wird mittelfristig nicht mehr die große Rolle spielen können wie heute oder in den vergangenen Jahren. Immer mehr Alte und immer weniger Junge konterkarieren das Umlagesystem, das von der Hand in den Mund lebt. Ohne betriebliche und private Altersvorsorge geht es nicht, sonst droht Altersarmut. Denn gleichzeitig leben die Menschen dank medizinischem Fortschritt immer länger. Und gerade die Jüngeren haben noch die besten Chancen, mit vergleichsweise wenig Einsatz etwas für ihre Altersvorsorge zu tun. Wer früh zu sparen anfängt, kommt über einen längeren Zeitraum mit geringeren Sparbeiträgen aus.

Die Deutschen bevorzugen Sicherheit

Weitere Ergebnisse der Studie: Wer vorsorgt, setzt am häufigsten auf private und betriebliche Altersvorsorge sowie auf Aktien. Vor allem die 30- bis 39-jährigen Befragten (32,6 Prozent) favorisieren die Altersvorsorge mit Aktien, Aktienfonds und Aktien-ETFs. Aber umgekehrt heißt das auch, dass zwei Drittel der Befragten dies gerade nicht tun.

Dass die Deutschen sicherheitsbedürftig bei der Geldanlage oder privaten Altersvorsorge sind, ist bekannt. So setzen denn laut Studie 54,7 Prozent der Befragten eher auf Sicherheit als auf Chancen auf Rendite (12,3 %), wenn sie an eine private Altersvorsorge denken. Hier allerdings bevorzugt die jüngste Altersgruppe häufiger die Renditeorientierung im Vergleich zu den anderen Altersgruppen, wobei auch in dieser Gruppe insgesamt die Sicherheitsorientierung überwiegt. Durch das Auftreten der Krisen der letzten Jahre (Corona, Ukraine-Krieg, Energiepreise) ist Sicherheit bei der privaten Altersvorsorge für viele der Befragten noch wichtiger geworden (40,8 %) – im Gegensatz zu Chancen auf Rendite (11,9 %).

Das ist ein realistisches, aber trauriges Bild. Denn die Deutschen scheuen das Risiko wie der Teufel das Weihwasser. Dabei ist langfristig eine aktien- und fondsorientierte Altersvorsorge alternativlos.

Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt

Leider haben die Deutschen viele Vorurteile gegenüber dieser Anlageklasse – zu riskant, zu kompliziert, nur etwas für Vermögende. Die Gründe für die Skepsis der Befragten, für die bei der aktienorientierten privaten Altersvorsorge in Form von fondsgebundenen Rentenversicherungen die Risiken überwiegen, liegen vor allem im Verlustrisiko (66,9 %), gefolgt von fehlendem Geld (31,2 %) und fehlendem Wissen (23,1 %). Die beiden zuletzt genannten Gründe sind bei den 18- bis 29-Jährigen besonders ausgeprägt. Dabei ist Altersvorsorge kein Sprint, sondern ein Marathon, wie eine Versicherungsvorständin letzthin zu Protokoll gab. Und es gilt der Satz von Helmut Kohl: Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt.

Was bleibt: Das Finanzwissen der Bevölkerung hierzulande ist mangelhaft. Die Studie belegt, dass es große Wissenslücken bei dem Thema aktienorientierte Altersvorsorge gibt. Leider zeigen auch die Politikerinnen und Politiker in Deutschland wenig Mut. Aus einer echten Aktienrente wie in Schweden ist ein Generationenkapital geworden, finanziert nicht aus Beiträgen zur Rentenversicherung, sondern aus dem Staatshaushalt – schuldenfinanziert. Eine verpasste Chance.

 

Autor(en): Bernhard Rudolf

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