Einbindung von selbstgenutztem Wohneigentum in die Riester-Rente - großer Zankapfel in der Koalition

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass das "selbstgenutzte Wohneigentum" zum 1. Januar 2007 in die Riester Rente integriert werden soll. Nur die genauen Bedingungen der neuen Förderung bleiben bisher umstritten. Der schwierigste Punkt ist die Besteuerung.

Zur Umsetzung dieser Koalitionsvereinbarung haben jetzt aber der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Otto Spiller, und sein Stellvertreter, Hans-Ulrich Krüger, als erster Koalitionspartner, der Presse ein Konzept vorgestellt, das im Rahmen der Riester Rente und der bestehenden Steuersystematik einen substanziellen Beitrag zur stärken Ausbreitung der privaten Altersvorsorge leisten soll und das selbstgenutzte Wohneigentum gegenüber den bisher geförderten Altersvorsorgeprodukten (private Rentenversicherungen, Banksparpläne, Investmentfondssparpläne) weder privilegieren noch diskriminieren soll.

Das Konzept der SPD entwickelt die Riester-Rente organisch weiter und hält an der bisherigen Fördersystematik fest. Dieses Ziel soll nach dem Willen der SPD durch den neuen so genannten "Wohn-Riester" erreicht werden.
Im Kern geht beim "Wohn-Riester" die stärkere Förderung des Wohneigentums in der Ansparphase - wie bei allen anderen Altersvorsorgeprodukten auch - mit einer nachgelagerten Besteuerung in der Auszahlungsphase einher.

Beim "Wohn-Riester" der SPD stehen dem Zulageberechtigten zwei verschiedene Möglichkeiten der Nutzung des geförderten Altersvorsorgekapitals für die selbstgenutzte Wohnimmobilie zur Verfügung. Er kann sich unter Berücksichtigung seiner individuellen Lebensumstände selbst entscheiden, welche Möglichkeiten er nutzen will.

Folgende Alternativen sind vorgesehen:
- Entnahme von bis zu 50 Prozent des Altersvorsorgekapitals aus einem Altersvorsorgevertrag zum Erwerb einer selbstgenutzten Wohnimmobilie oder aber von selbstgenutzten Wohn- und sogar Genossenschaftsanteilen.
oder aber
- die Entnahme von bis zu 50 Prozent des bei Beginn der Auszahlungsphase vorhandenen Altersvorsorgekapitals für die Entschuldung selbstgenutzten Wohneigentums.

In beiden Fällen ist eine Rückzahlung des entnommenen Kapitals auf einen Altersvorsorgevertrag des Berechtigten nicht mehr vorgesehen. Hat der Anleger jedoch von der Möglichkeit einer 50 Prozent Entnahme Gebrauch gemacht, dann kann er nicht noch zusätzlich die bisher mögliche Teilkapitalentnahme von bis zu 30 Prozent des zu Beginn der Auszahlungsphase vorhandenen Kapitals zur freien Verwendung nutzen bzw. die entsprechende Auszahlung würde insoweit eine schädliche Verwendung darstellen.
Neben der Kapitalentnahme kann der Berechtigte zusätzlich noch eine Tilgungsförderung in Anspruch nehmen. Die Tilgungsbeiträge werden wie Altersvorsorgebeiträge behandelt, für die die volle steuerliche Förderung beansprucht werden kann (Sonderausgaben + Zulage in Höhe des geltenden Rechts). Um sicherzustellen, dass der Berechtigte neben dem mietfreien Wohnen noch zusätzlich über eine gewisse Geldrente im Alter verfügt, soll die Zulage in vollem Umfang zum Aufbau einer Geldrente im Alter eingesetzt werden. Die Regelungen ermöglichen, dass der Anleger neben seinen Tilgungsbeiträgen keine zusätzlichen Sparbeiträge leisten muss, um in den Genuss der steuerlichen Förderung zu kommen. Hierdurch wird es insbesondere Geringverdienern und kinderreichen Familien ermöglicht neben der selbstgenutzten Wohnimmobilie noch eine Geldrente fürs Alter aufzubauen.

Zu den begünstigten Anlageformen gehören - neben den klassischen Riesterprodukten - die selbstgenutzte Wohnimmobilie sowie selbstgenutzte Wohn- und sogar Genossenschaftsanteile. Es werden allerdings nur Anschaffungs- oder Herstellungsvorgänge ab dem 1. Januar 2007 im Rahmen der Tilgungsförderung begünstigt.

Knackpunkt nachgelagerte Besteuerung

Das in der Immobilie gebundene geförderte Kapital - und nur dieses! - wird aber nachgelagert besteuert. Hierzu wird ein eventueller Entnahmebetrag sowie die geförderten Tilgungsbeiträge aufsummiert und unter Berücksichtigung eines fiktiven Zinssatzes fortgeschrieben. Der sich zu Beginn der Auszahlungsphase ergebende Betrag ist vom Berechtigten nachgelagert zu versteuern. Dies erfolgt dadurch, dass der Betrag auf einen Zeitraum von 25 Jahren verteilt wird. Er vermindert sich jährlich um 1/25. Den aufgelösten Betrag hat der Berechtigte mit seinem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Die zur daneben zur Auszahlung kommende Rente wird in Höhe des Zahlbetrag bei Zufluss nachgelagert zu versteuern.

Sicherstellung der Verwendung für die Altersvorsorge

Gibt der Berechtigte die Selbstnutzung der Wohnung auf, handelt es sich - wie bei den anderen Anlageprodukten - um eine schädliche Verwendung. Die in der Immobilie gebundenen Beträge sind dann in einer Summe zu versteuern. Der Berechtigte hat allerdings alternativ die Möglichkeit das in der Immobilie gebundene steuerlich geförderte Kapital in einen "normalen" Altersvorsorgevertrag einzuzahlen. Die nachgelagerte Besteuerung erfolgt dann erst mit Auszahlung der sich ergebenden Rente. Bei Vererbung müssen die Erben den noch nicht versteuerten Restwert nachgelagert versteuern.

Spiller und sein Fraktionskollege Hans-Ulrich Krüger bezifferten die Kosten der Förderung zum Zeitpunkt ihrer vollen Wirksamkeit auf rund 3,5 bis 3,7 Milliarden Euro. Diese werde aber erst über einen Zeitraum von über zehn Jahren erreicht. Interessierte Leser finden das SPD Konzept der neuen "Wohn-Riester" unter .

Die Unionsfraktion will dagegen aber das so genannte "SoFa-Modell" der privaten Baussparkassen umsetzen. Und das "sofort und ohne Finanzamt". Das SoFa Modell ist im Kern ein einfaches, transparentes System, das den Verwaltungsaufwand der Riester Rente auf ein Minimum reduziert und zugleich die Kosten für den Staat begrenzt. Nach dem SoFa Modell erhalten Wohneigentumserwerber für die Zeit der Finanzierung 80 Prozent der bisherigen Altersvorsorge-Zulage. Der Abschlag von 20 Prozent ist ein angemessener Ausgleich dafür, dass bei dieser Anlageform im Gegensatz zum neuen "Wohn-Riester" der SPD keine nachgelagerte Besteuerung stattfinden soll.

Nach aller praktischen Erfahrung in der Wohneigentumsfinanzierung ist das SPD Konzept, der neue "Wohn-Riester", durch die nachgelagerte Besteuerung nämlich ein sehr kompliziertes Modell, das sich nach Wegfall der Eigenheimzulage sehr schnell als im Ansatz verfehlt herausstellen wird.

Bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Riester Rente hat sich gezeigt, dass die eigenen vier Wände instrumentell nicht "eins zu eins" dem Modell einer privaten Geldrente gleichgesetzt werden können. Denn die spezifischen Merkmale des Wohneigentums wurden damals nicht sachgerecht berücksichtigt.

Das Modell der Bausparkassen sieht daher vor, dass Aufwendungen, die unmittelbar für den Bau und Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum erbracht werden, ab dem Erwerbszeitpunkt (innerhalb des berechtigten Kreises und der Höchstbeträge des Altersvermögensgesetzes) eine Förderung für die Dauer der Finanzierung erhalten. Dies sichert die Wahlfreiheit, bestehende "Riester-Verträge" bei Bedarf nicht weiter zu besparen, sondern die Sparleistungen für die Wohneigentumsbildung in Anspruch zu nehmen. Ein einmal aufgebautes privates Altersvorsorgevermögen bleibe damit erhalten und würde nicht der Gefahr einer Entnahme ausgesetzt.

Eine nachgelagerte Besteuerung bei selbstgenutztem Wohneigentum soll beim SoFa Modell nicht vorgenommen werden. Als Ausgleich wird die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur privaten Altersvorsorge als Sonderausgabe im Rahmen von § 10 EStG nicht vorgesehen. Zudem soll die Altersvorsorge-Zulage auf 80 Prozent er im Gesetz festgelegten Beträge reduziert werden. Eine Familie mit zwei Kindern erhielte demnach ab 2008 eine jährliche Zulage von 542 Euro. "Dieser Abschlag - und die gleichzeitige Nichtzulassung des Sonderausgabenabzuges - gleicht die Nichtbesteuerung des Wohneigentums im Rentenalter mehr als vollständig aus. Nach dem Bausparkassen-Modell soll die Förderung Arbeitnehmern nur für die Dauer der Selbstnutzung und der Finanzierungsaufwendungen gewährt werden. Spätestens nach Beendigung der Finanzierung kann der Arbeitnehmer die Altersvorsorgeförderung dann wieder für andere Anlageformen in Anspruch nehmen.

Nach Berechnungen der Bausparkassen passt dieses Modell - im Gegensatz zu anderen Alternativen - auch gut in den Rahmen des finanziell Machbaren. Denn die Mehraufwendungen der Altersvorsorgeförderung für das Wohneigentum bauen sich - selbst unter der Annahme einer flächendeckenden Inanspruchnahme - in einer Größenordnung von max. 100 Millionen Euro jährlich auf. Damit würden die Kosten am Ende eines Zeitraumes von 20 bis max. 25 Jahren höchstens ein Drittel des Volumens der abgeschafften Eigenheimzulage ausmachen. Interessierte Leser finden das SoFa Modell unter
Nach Auffassung des GDV privilegiert das "SoFA-Modell" aber Wohnimmobilien gegenüber den klassischen Riesterverträgen und benachteiligt damit die fünf Millionen heutigen Inhaber von Riester-Renten. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) beziffert den Vorteil gegenüber der klassischen Riester-Förderung in Modellrechnungen für Steuerzahler mit höherem Einkommen auf bis zu 11.400 Euro. Geringverdiener würde hingegen weniger gefördert. Nach den Berechnungen des IW beträgt der Nachteil bis zu 4.000 Euro. Denn für diese würde die Förderung anteilig gekürzt, obwohl sie wegen der Freibeträge im Alter ohnehin keine Steuerbelastung zu erwarten hätten. Deshalb plädiert der GDV bei der Riester-Förderung für ein einheitliches Festhalten an der nachgelagerten Besteuerung.

Noch ist aber weder das SoFa Modell der Bausparkassen, noch der neue "Wohn-Riester" gesetzlich verankert. Beide Konzepte sind bisher reine Modelle. Ein entsprechender Kabinetts- oder Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor. Vor der Sommerpause des Deutschen Bundestags wird sich da gar nicht tun. Das Konzept zur Einbindung von selbstgenutzten Immobilien in der Riester Rente wird frühestens im Herbst die parlamentarischen Hürden nehmen. Nach Wegfall der Eigenheimzulage und einer immer größeren Überalterung unserer Gesellschaft, haben die Politiker als genug Zeit über das richtige Konzept zur Einbindung der Riester Rente für selbstgenutztes Wohneigentum nachzudenken.

Autor(en): Karl-Helmut E. Zermin

Alle Branche News