Immer wieder Riester-Renten-Bashing

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Die "Bild-Zeitung", bei Fachleuten weithin bekannt als das Medium zum Thema Altersvorsorge, brachte es an den Tag: "Erste Auszahlungsstatistik vorgelegt: Riester-Rente wird zum Flop." Und: "Experte: Mickriges Taschengeld". Eine grobe Fehlinterpretation.

132 Euro monatlich bringt die Riester-Rente im Durchschnitt den Versicherten im Alter laut Bundesfinanzministerium (BMF). Demnach erhielten Ende 2022 über eine Million Menschen Leistungen aus der Riester-Rente. Die Auszahlungsstatistiken zeigen, dass 80,4 Prozent der Versicherten weniger als 2.000 Euro pro Jahr erhalten. Fast ein Drittel bekommt weniger als 500 Euro jährlich. Das berichtete die "Bild-Zeitung" unter Berufung auf erste Auszahlungsstatistiken und erklärte die Riester-Rente pauschal zum Flop.

Kaum lange Ansparphasen

Das BMF selbst gibt einen - zugegeben sperrigen - Interpretationshinweis: "Bei den Bestandsfällen ist vor allem zu berücksichtigen, dass sich die Leistungshöhe nach der Länge der Ansparphase, der Höhe der gezahlten und geförderten Beiträge beziehungsweise der erhaltenen Zulagen und der Rendite beziehungsweise den Kosten des Vertrages unterscheidet. Aktuelle Bestandsfälle können kaum lange Ansparphasen aufweisen, da die Förderung der Riester-Rente erst 2002 begann. Daher wird erwartet, dass sich die Auszahlungsbeträge bei zukünftigen Auswertungen erhöhen werden, wenn vermehrt Leistungsempfänger mit längeren Riester-Ansparphasen in die Auszahlung gelangen."

Riester-Rente ist eine Zusatzrente

Aus dem  Beamtendeutsch übersetzt: Die relativ kurzen Ansparphasen erklären also die Auszahlungen der Riester-Rente. Darüber hinaus erinnern wir uns: Die Riester-Rente ist 2002 als Ergänzung auf eine Kürzung der gesetzlichen Rente von der damaligen rot-grünen Regierung eingeführt worden. Dieses Delta sollte von der kapitalgedeckten und staatlich geförderten Zusatzrente ausgeglichen werden. Es ist also eine Fehlinterpretation zu glauben, dass die Riester-Rente eine ähnlich hohe Auszahlung wie die gesetzliche Rente aufweisen soll.

Die gesetzliche Nettorente liegt heute durchschnittlich bei etwa 1.100 Euro. Die Riester-Rente bringt den heutigen Rentnern im Schnitt also zusätzlich etwa zwölf Prozent auf seine gesetzliche Rente. Das ist mehr, als damals bei der Einführung der Riester-Rente gekürzt wurde. Das Nettorentenniveau des Eckrentners, eines idealtypischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der 45 Jahre lang Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt hat, ist seinerzeit von 70 auf 67 Prozent reduziert worden.

Staatliche Förderung ist Renditeturbo

Jeder Riester-Sparer erhält die Grundzulage in Höhe von 175 Euro pro Jahr. Voraussetzung ist, dass Sparer jährlich vier Prozent ihres sozialversicherungspflichtigen Einkommens beziehungsweise mindestens 60 Euro in ihren Riester-Vertrag einzahlen. Für bis Januar 2008 geborene Kinder gibt es 185 Euro per anno, bei Geburt ab dem 1. Januar 2008 gibt es 300 Euro. Beispiel: Laura M. hat zwei Kinder, 2010 und 2015 geboren. Ihr Bruttojahreseinkommen beträgt 35.000 Euro. Vier Prozent ihres Einkommens sind 1.400 Euro, abzüglich Grundzulage (175 Euro) und Kinderzulage (600 Euro). Laura M. muss also lediglich 625 Euro pro Jahr in ihren Riester-Rente einzahlen, um die vollen Zulagen in Höhe von 775 Euro zu erhalten (Quelle: transparent-beraten.de).

Selbst wenn der Riester-Vertrag eine Rendite von null Prozent erbringen würde, läge die Rendite nach Zulage bei über 100 Prozent! Zu relativ geringen Eigenbeiträgen können Jahr für Jahr 350 Euro Grundzulage und je Kind 300 Euro Kinderzulage kommen.

Kein Flop!

Die Riester-Rente ist ergo alles andere als ein Flop. Im Gegenteil: Diese geförderte Rente hat ihren Zweck stets erfüllt. 60 Prozent der Riester-Sparer verdienen weniger als 30.000 Euro im Jahr. Das Geld ist also beim denen, die es für ihre Altersvorsorge am dringendsten brauchen, angekommen. Fast 16 Millionen Verträge gibt es in Deutschland, davon rund zehn Millionen Versicherungsverträge. In keinem anderen Land gibt es mehr Abschlüsse bei freiwilligen und geförderten Altersvorsorgeprodukten.

Reformen notwendig

Ohne Zweifel muss die Riester-Rente reformiert werden. Während die Basisrente für Selbstständige und Besserverdienende ein sehr gutes Ansparprodukt ist, muss nun für Geringverdiener diese Lücke geschlossen werden. Das Absenken des gesetzlich vorgeschriebenen Garantieniveaus von 100 Prozent könnte den Weg für chancenreichere und renditestärkere Produkte freimachen.

Etwas weniger Administration beim Einzugs- und Zulagenverfahren würde ebenso helfen. Auch eine jährliche Erhöhung der Zulagen nach Inflations- oder Lohnentwicklung würden Riester-Policen attraktiver machen. Das Wichtigste aber: Das Kind braucht eine neue Benennung, denn der Name Riester-Rente ist verbrannt. Sorry, Walter Riester! Alles ist möglich, es müsste nur der politische Wille da sein.

Autor(en): Bernhard Rudolf

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