Lebensversicherer: Run-Off-Gespenst wird ohne neue Fakten beschworen

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"Niedrigzinsen: Sieben Lebensversicherer stellen Neugeschäft ein" titelte das "Handelsblatt online" vor einigen Tagen. Es hatte einfach einen Beitrag der Agentur Reuters übernommen. Die wiederum hatte sich auf der Homepage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bedient. Dort war ein Aufsatz über Run-Off aus dem aktuellen Bafin-Journal eingestellt worden. Wörtlich heißt es: "Sieben der gut 90 Lebensversicherungsunternehmen, die die Bafin beaufsichtigt, haben inzwischen angekündigt, kein oder kein nennenswertes Neugeschäft mehr zeichnen zu wollen." Doch dabei handelt es sich nicht um "neue" Gesellschaften, die aktuell in den Run-Off gehen wollen.

Die Bafin bestätigte Versicherungsmagazin, dass die die Zahl sieben bereits Ende 2013 öffentlich genannt worden ist. Der Tenor des Bafin-Beitrages hat eine ganz andre Zielrichtung. Die Bafin möchte verdeutlichen, dass Kunden, die von einem Run-Off betroffen sind, sich keine Sorgen um die Leistungen machen müssen, weil die Aufsicht solche Unternehmen besonders kontrolliert. So macht die Behörde deutlich, dass für keines der derzeit betroffenen Unternehmen eine Insolvenzgefahr besteht. Alle Kundenverträge werden somit weitergeführt.

Aufsicht will "Kleinrechnen" verhindern
Gleichzeitig verweist die Aufsicht darauf, dass sie jeden Versuch, den Überschussanteil für die Versicherten "kleinzurechnen" unterbinden will. Ein solcher Anreiz bestehe deshalb, weil die Höhe der Überschüsse in der Run-Off- Phase kein Wettbewerbselement mehr sei. "Die Aufsicht wird sich die Vermögensanlagen des Versicherers anschauen und darauf achten, dass das Run-Off im Aktiv-Passiv-Management berücksichtigt wird", so Bafin-Autor Kay Schaumlöffel. Schließlich müsse bis zum Ende des Run-Offs sichergestellt sein, dass die Kapitalisierung ausreicht, um alle vereinbarten Leistungen zu erfüllen. Notfalls kann die Aufsicht das Unternehmen sogar zu Kapitalaufschlägen verdonnern.

Wird der Bestand oder das Unternehmen verkauft, kontrolliert die Bafin, ob der Investor die Belange der Versicherten wahren und die Verträge dauerhaft erfüllen kann. Fazit: Lebensversicherer, die aus dem aktiven Verkaufsgeschäft aussteigen, schädigen ihre Kunden nicht. Die Einstellung des aktiven Vertriebs von Produkten ist nicht automatisch ein Nachteil für die betroffenen Versicherungsnehmer. "Der Verzicht auf ein Neugeschäft führt kurz- bis mittelfristig aufgrund der nicht anfallenden Abschlusskosten eher zu einer Ertragssteigerung", erläutert die Aufsichtsbehörde. Langfristig sei aber aufgrund des abschmelzenden Bestandes mit einer geringeren Ertragskraft der Run-Off-Gesellschaft zu rechnen.

Geschäftsausstieg ist normaler Vorgang
Auch auf ein weiteres Problem weist die Bafin hin: So würden Unternehmen, die in den Run-Off gehen, in der Öffentlichkeit schnell als weniger solide empfunden. Das könnte zu höheren Stornoraten führen und das Unternehmen zwingen, mehr Liquidität vorzuhalten. "Es will vielen wohl einfach nicht in den Kopf, dass der Ausstieg aus dem Geschäft eigentlich ein ganz normaler Vorgang ist. Das hat es immer schon gegeben", sagt Manfred Poweleit vom Branchenblatt Map-Report.

Bildquelle: © rangizzz / fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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