Nachfragepflicht gilt jetzt für alle Vermittler

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Die ESG-Nachhaltigkeitsabfragepflicht gilt ab heute für alle Gewerbetreibende mit Zulassung nach § 34f Gewerbeordnung. AfW und BVK kommentieren die Entscheidung.

Die Verordnung zur Änderung der Gewerbeanzeigeverordnung und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung wurde gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Dem vorausgegangen war die Annahme der Finanzanlagenvermittlungsverordnung vom 31. März durch den Bundesrat.

Nach der Veröffentlichung der Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) im elektronischen Gesetzblatt sind ab heute auch alle Finanzdienstleister mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) verpflichtet, in der Anlageberatung die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kundinnen und Kunden abzufragen.

Für Banken, Wertpapierdienstleistungsinstitute und Finanzdienstleister unter einem Haftungsdach sowie für alle Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler besteht diese Pflicht bereits seit August 2022. Wegen eines Fehlers des Gesetzgebers waren bisher alle 34f-Zulassungsinhaber davon nicht betroffen. Eine Änderung der FinVermV waren deshalb notwendig, die vom Bundesrat Ende März beschlossen wurde.

So sieht der BVK die politische Entscheidung

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kommentiert die ab heute gültige Verpflichtung von Finanzanlagenvermittlern sowie Finanzanlagenvermittlerinnen ihre Kunden und Kundinnen nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen so: „Damit wird endlich unsere Forderung nach einer Gleichstellung der Finanzanlagenvermittler mit Versicherungskaufleuten vollzogen, für die schon seit dem 2. August 2022 diese Abfragepflicht gilt“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Er ergänzt: „Es war nicht nachvollziehbar, warum für die eine Vermittlergruppe diese Regel gelten sollte, aber für die andere nicht. Diese Regelungslücke ist jetzt geschlossen.“

Altersvorsorge-Anbieter sollen Nachhaltigkeitsaspekte stärker berücksichtigen

Die europäische Union will mit der neuen Beratungspflicht für 34f-Vermittler unter anderem Altersvorsorge-Anbieter zwingen, Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Produkten stärker zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass sogenannte ESG-Kriterien, also die Bereiche Umwelt (Environment), soziale Verantwortung (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Government), noch stärker im Beratungsalltag berücksichtigt werden sollen.

Der BVK bietet allen interessierten Vermittlern eine Checkliste als Arbeitshilfe an. Dieses Tool soll ein systematisches und strukturiertes Vorgehen ermöglichen, mit dem der Beratungspflicht entsprochen werden kann.

So beurteilt der AfW die Entscheidung der Politik

Das erklärte Ziel des AfW war es, für die Pflicht zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen schon ab dem 2. August eine einheitliche Branchenlösung zu entwickeln. Hierfür hat sich der Bundesverband in verschiedenen Brancheninitiativen und Arbeitskreisen eingebracht, unter anderem beim Arbeitskreis Beratungsprozesse, DIN, Forum Nachhaltige Geldanlagen und German Sustainability Network. Ein brancheneinheitlicher Standard hat sich bis heute nicht herausgebildet, was der Verband sehr bedauert. Dass dies so ist, ist seiner Ansicht nach auch auf die zu komplexen und unterschiedlich interpretierbaren regulatorischen Vorgaben zurückzuführen.

Wirklich praxistaugliche und kundenorientierten Lösung muss noch kommen

"Einerseits wird es natürlich Zeit, dass der absurde und wettbewerbsverzerrende Zustand endlich beendet wird", kommentiert Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW, die Entscheidung. Es sei inakzeptabel gewesen, dass einzig die Gewerbetreibenden mit Zulassung nach § 34f und h Gewerbeordnung die Pflichten zur Abfrage der ESG-Präferenzen nicht erfüllen mussten. "Andererseits sind die gesetzlichen Vorgaben zur Präferenzabfrage so kompliziert ausgestaltet, dass von Verständnis und Akzeptanz bei Kunden und Vermittlerschaft keine Rede sein kann", moniert Wirth. "Hier gibt es für uns, die Branche und insbesondere den Gesetzgeber in Zukunft noch viel zu tun, um zu einer praxistauglichen, ziel- und kundenorientierten Lösung zu kommen", ergänzt der Rechtsanwalt.

Quellen: AfW, BVK

Autor(en): Meris Neininger

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