PKV sieht sich als unersetzliche Stütze in der Corona-Krise

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Der PKV-Vorsitzende Ralf Kantak ist mächtig stolz darauf, wie seine Sparte und deren Mitgliedsunternehmen die Corona-Krise bislang bewältigt haben. Zudem zeigt er sich überzeugt, dass „das Coronavirus in Deutschland auf eines der besten Gesundheitssysteme der Welt getroffen ist“. Fakten, die diese Überzeugung untermauern sollten, lieferten Kantak und Kollegen in einer Online-Pressekonferenz.

Lobende Worte fand er aber auch für die Bundesregierung und alle Beteiligten aus dem Gesundheitswesen, die „in kurzer Zeit die medizinischen Abwehrkräfte mobilisiert“ hätten und äußerst schnell die erforderlichen Kapazitäten bereitgestellt hätten, sodass in Deutschland sogar Intensivpatienten aus den Niederlanden, aus Frankreich und Italien aufgenommen werden konnten. Dass Deutschland die Corona-Krise im internationalen Vergleich bislang so gut gemeistert habe, beruhe auf den besonders starken Ressourcen des Gesundheitssystems, auch bedingt durch die Leistungen der privaten Krankenversicherung. Diese Position belegte Kantak auch durch Beispiele.

Einer der Gründe, warum die Ausbreitung des Virus so rasch gebremst werden konnte, läge in der Leistungsfähigkeit der medizinischen Labore, die eine hohe Zahl von Corona-Tests ermöglichten. O-Ton Kantak: „Die moderne Ausstattung dieser Labore wird überproportional durch die Finanzmittel aus dem PKV-Mehrumsatz ermöglicht.“

Ohne die PKV nicht möglich gewesen

Zweites Beispiel: Eine ausreichende Zahl von Einbettzimmern hätte dazu beigetragen, dass man die Corona-Infizierten hätte isolieren können. Dies wäre ohne die PKV gar nicht möglich gewesen. Denn nur die PKV-typische Absicherung von Wahlleistungen machten für die Kliniken die Einrichtung von Einbett- und Zweibettzimmern wirtschaftlich finanzierbar.

Kantak lieferte auch Zahlenmaterial, das beweisen sollte, wie wichtig die Branche zur Krisenbewältigung war und ist:

  1. Privatversicherte, PKV-Unternehmen und Beihilfe hätten in einer Größenordnung von einer Milliarde Euro zur Bewältigung der Corona-Pandemie beigetragen.
  2. Im Detail bedeute dies: Bei den Krankenhäusern sei die PKV an allen krisenbedingten Zusatzentgelten beteiligt. Die diesbezüglichen Mehrkosten der PKV beliefen sich auf aktuell über 300 Millionen Euro.
  3. Die Kosten für Corona-Tests in Krankenhäusern bezahlt die PKV für ihre Versicherten. Die Kosten pro Test seitens der PKV liegen bei 147 Euro. Die GKV verlangt hingegen circa 40 Euro pro Test.
  4. An den Schutzschirmen für die Pflegeeinrichtungen beteiligt sich die PKV von circa 60 Millionen Euro.
  5. In der ambulanten Versorgung erhielten Ärzte und Zahnärzte aktuell einen zusätzlichen Betrag von insgesamt über 300 Millionen Euro nur für Hygienemaßnahmen. Für jeden weiteren Monat kämen weitere Kosten von rund 100 Millionen Euro hinzu.

    Gesetzliche Pflegeversicherung mit Milliarden-Zuschüssen entlasten

    Die Bundesregierung will in der Corona-Krise mit einem Konjunkturpaket die gesetzliche Krankenversicherung und die gesetzliche Pflegeversicherung mit Milliarden-Zuschüssen entlasten. Hier seien sich der PKV-Verband und die GKV einig, dass versicherungsfremde Leistungen aus den Corona-Paketen aus der Staatskasse zu finanzieren seien und nicht von den Beitragszahlern.

    Die jetzt geplanten Zahlungen würden sich in diesem Jahr wohl auf fast 20 Milliarden Euro belaufen, die aus dem Steuertopf an GKV und SPV fließen würden. Kantak sieht dies als „eine bedenkliche Entwicklung“ an und befürchtet, dass „diese Abhängigkeit den Charakter der GKV verändert.“ Sein kritisches Fazit: „Es droht eine Gesundheit nach Kassenlage.“ Dieser erhöhte Bundeszuschuss verzerre den Preiswettbewerb zwischen den beiden Versicherungslagern, wenn er nicht durch konkrete versicherungsfremde Aufwendungen gerechtfertigt werde.

    Kantak interpretiert Äußerungen der Bundesregierung dahingehend, dass der diesjährige Zuschuss auch als Einstieg in eine dauerhafte Mitfinanzierung der Pflegeversicherung aus dem Bundeshaushalt verstanden wird. Dies hätte zur Folge, dass auch die Pflegeversicherung vom Finanzministerium abhinge. „Das ist mit Blick auf den demografischen Wandel und künftige Konjunkturkrisen für die Versicherten keine gute Aussicht“, schlussfolgert der PKV-Vorsitzende wenig begeistert.

    Unterm Strich ein Plus von 17.400 Personen

    Begeisterung lösten dahingegen andere aktuelle Zahlen bei Kantak und seinen Mitstreitern im PKV-Verband aus: Das zweite Jahr in Folge wären wieder mehr Menschen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung als umgekehrt gewechselt. So kamen wohl im vergangene Jahr 146.800 Versicherte in die PKV und 129.400 gingen in die GKV. Unter dem Strich hätte der Verband der Privaten Krankenversicherung also ein Plus von 17.400 Personen verbuchen können. „Hier scheint eine Trendwende stattzufinden“, freute sich Kantak.

    Der PKV-Vorsitzende berichtete noch von einer weiteren positiven Neuerung seines Verbandes. Für Beamte, die als freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben seien, aber lieber die Kombination aus PKV und Beihilfe nutzen würden, könnte man nun eine gute Lösung anbieten. Wortlaut Kantak: „Um diesen Beamten auch nachträglich noch Wahlfreiheit zu geben, in die PKV zu wechseln, haben wir uns für den Start einer Sonder-Öffnungsaktion entschieden. Davon profitieren in erster Linie Beamte, die Vorerkrankungen haben. Diese verursachen üblicherweise hohe Risikozuschläge oder bedingen sogar den gänzlichen Ausschluss von Versicherungsschutz.“

    Beamte zu erleichterten Bedingungen aufnehmen

    Die Maßnahme im Detail: Von 1. Oktober 2020 bis 31. März 2021 können die Beamten zu erleichterten Bedingungen in eine beihilfekonforme PKV aufgenommen werden. Keiner soll aus Risikogründen abgelehnt werden, Leistungsausschlüsse gibt es nicht. Und sollten wegen bereits bestehender Vorerkrankungen erhöhte gesundheitliche Risiken vorliegen, würden die erforderlichen Zuschläge auf maximal 30 Prozent des Beitrags begrenzt werden.

    Die PKV erachtet dieses Hamburger Modell als das richtige, damit der Beamtenstatus attraktiv bleibt. Hier werde nicht nur den Beamten, sondern auch deren Familie ein attraktives Angebot gemacht. Bei dem Hamburger Modell entschieden sich laut Kantak der Großteil der Beamten für die PKV, in Zahlen seien dies zum Beispiel fünf von sechs.

    Stichwort GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte): Hier sei der Verband schon recht weit gediehen, denn der rechtliche Teil sei bereits verabschiedet, über 5.000 Leistungen seien bereits beschreiben. Mit den Verhandlungspartnern sei man aktuell im Gespräch über die Preise. Zurzeit warte man auf ein politisches Signal, dass die GOÄ auch verabschiedet werde. Man selbst sei kurzfristig bereit, zu liefern.  Auch wenn die momentanen politischen Rahmenbedingungen schwierig seien, sei man zuversichtlich, auf diesem Gebiet noch punkten zu können.

    Wie die Beitrags- als auch die Leistungsseite der PKV durch die Corona-Pandemie entwickeln wird, kann nach Aussage von Kantak aktuell noch nicht genau definiert werden. Auch sei erst Ende des Jahres zu erkennen, ob Kunden ob ihrer wirtschaftlichen Situation nicht mehr versichert werden könnten. Sicher zu erkennen sei aber bereits, dass das Neugeschäft zurückgegangen sei, weil die Menschen natürlich andere Themen auf der Agenda hatten als neue Versicherungsverträge abzuschließen.

    Wahrscheinlich keine enormen Ausschläge nach unten

    „Wir sehen aktuell stabile Leistungsausgaben, sogar eher steigende Leistungsausgaben. Grundsätzlich kann man sagen, dass wir uns auf Vorjahresniveau bewegen.“ Auch die Zahlen aus den Krankenhäusern würden beweisen, dass das Niveau bereits wieder auf dem Niveau vor der Krise liege. Dies zeige sich vor allem an der Zahl der Aufnahmen in den Kliniken. Enorme Ausschläge nach unten werde es höchstwahrscheinlich nicht geben.

    Sicherlich werde es auch Nachholeffekte geben, sowohl in den Kliniken als auch in den Praxen. „Aber wir wollen diese Nachholeffekte auch haben, denn Behandlungen müssen kontinuierlich fortgeführt werden“, betonte hier auch der PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther.

    Aussagen von Experten aus dem ärztlichen Sektor, dass dort Leistungseinbußen von bis zu 30 Prozent zu beklagen seien, kann der Verband nicht bestätigen. Durch die zahlreichen Corona-Tests sieht er eher einen Leistungsanstieg, dieser betreffe natürlich vor allem die Labore. Im Pflegebereich verzeichnet der PKV-Verband über zweistellige Steigerungen der Leistungsausgaben. Dies sei eine Situation, die aber auch bei der GKV ganz ähnlich sei. Kunden, die durch die Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten seien, hätten diverse Auswege von den privaten Versicherern aufgezeigt bekommen, so wie Stundungen oder Tarifwechsel. „Dies ist von unseren Mitgliedsunternehmen sehr kulant behandelt worden“, unterstrich Kantak das Vorgehen seiner Sparte.  

     „Wir werden eine andere Welt nach Corona haben“

    Und wie haben die privaten Versicherer intern auf den Shutdown reagiert? „Von heute auf morgen mussten die Unternehmen der PKV-Branche herunterfahren, aber trotzdem ihre Betriebe aufrechterhalten. Das war eine enorme Herausforderung. Je nach Art der Unternehmen haben diese ihren Vor-Ort-Betrieb um 50 bis über 90 Prozent heruntergefahren und haben die Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt.“ Die Unternehmen hätten außerdem sofort Krisenstäbe eingesetzt, um den Betrieb auf jeden Fall aufrecht zu erhalten.

    Erfreulich sei in diesem Kontext auch, dass die Offenheit der Kunden gegenüber einer Videoberatung sehr zugenommen habe. Grundsätzlich sei die PKV-Branche bei dieser Beratungsform im Besonderen und der Digitalisierung im Allgemeinen schon vor Corona sehr aktiv gewesen, doch sicher hätten diese Veränderungsprozesse ohne die Krise weitaus länger gedauert. O-Ton Kantak: „Wir werden eine andere Welt nach Corona haben – da bin ich mir ganz sicher“.  

     

     

     

     

    Autor(en): Meris Neininger

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