Schadenbehauptung reicht nicht für Schadenersatz

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Ein Versicherungsmakler hatte eindeutige Fehler bei der Vermittlung einer Rentenversicherung begangen, kam aber trotzdem glimpflich davon.

Der Schadenersatzanspruch einer Kundin gegen ihren Versicherungsmakler scheiterte endgültig mit einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Juni 2019 (Az. 20 U 70/19, VersR 9/2020, S. 551-554). Das Verfahren zeigt dennoch einmal mehr auf, dass Versicherungsmakler ihren Pflichten sorgfältiger nachkommen sollten.

Betriebliche oder private Vorsorge?

In dem Fall ging es um den Abschluss einer Rentenversicherung im Jahr 2017. In der Beratung durch den Versicherungsmakler war erörtert worden, ob eine betriebliche Altersvorsorge günstiger wäre. Allerdings bot der damalige Arbeitgeber keine an. Außerdem hatte die Klägerin im Gespräch angegeben und auch später nicht bestritten, dass ihre Lebensplanung die Möglichkeit umfasste, vorübergehend aus dem Berufsleben auszuscheiden. Mit diesen Argumenten war im Beratungsgespräch die Variante betriebliche Altersvorsorge nicht mehr weiter verfolgt worden.

Die letztlich abgeschlossene Versicherung wurde von der Klägerin anfangs noch bezahlt, und zwar mit einer Einmalzahlung von 10.000 Euro sowie sieben monatlichen Raten von jeweils 150 Euro. Sie versuchte dennoch Anfang 2018 per Widerruf aus dem Vertrag herauszukommen. Das zuständige Landgericht sah aber den Widerruf als nicht fristgerecht an.

Auch einen Schadenersatzanspruch gegen den Versicherer selbst lehnte es ab, denn nach § 6 Absatz 6 VVG hat ein Versicherer keine eigene Verpflichtung den Kunden zu beraten, wenn der Antrag von einem Versicherungsmakler eingereicht wurde.  Es gibt zwar seltene Ausnahmen, wenn der Antrag in sich Fragen aufwirft und der Versicherungsmitarbeiter eine Klärung herbeiführen müsste, aber das war hier nicht der Fall.

Darlegungspflicht des Klägers

Damit blieb nur die Frage zu klären, ob der Versicherungsmakler zum Schadenersatz wegen Falschberatung heranzuziehen ist. Hier belehrte das Gericht allerdings die Klageseite, dass ein Kläger konkret darlegen muss, worin genau der Schaden bestanden hat.

Relativ eindeutig wäre der Sachverhalt dann, wenn der Makler der Kundin eine Versicherung angeraten hätte, sie aber „bei zutreffender Beratung überhaupt keinen Vertrag abgeschlossen“ hätte. Das war aber nicht der Fall. Denn diese Kundin wollte durchaus eine Rentenversicherung abschließen, nur – jedenfalls im Nachhinein – in der Form einer betrieblichen Altersversorgung.

Nun behauptete sie verständlicherweise, dass eine betriebliche Altersversorgung günstiger gewesen wäre und der Schaden in diesem Unterschied zur tatsächlich abgeschlossenen Rentenversicherung zu suchen ist. Damit wäre die wirtschaftliche Situation der Kundin mit der einen wie mit der anderen Variante zu vergleichen.

Keinen konkreten Nachweis geliefert

Hier aber versäumte die Klägerin, einen konkreten Nachweis zu liefern, welche genaue Alternative es gegeben hätte, und wie hoch damit der Schaden zu beziffern ist. Selbst auf Nachfragen des Landgerichts waren dazu keine Ausführungen gemacht worden. Auch der Versuch, die Bezifferung des Schadens auf einen möglichen Zeugen oder Sachverständigen abzuwälzen, half nicht weiter.

Keine Beratungsdokumentation

Für den Versicherungsmakler ist der Verfahrensverlauf ein Glück. Denn eigentlich hatte auch er einen Fehler gemacht und die Beratung nicht dokumentiert. Ohne Beratungsdokumentation kann aber ein Gericht davon ausgehen, dass es die behauptete Beratung gar nicht gegeben hat, was die Beweisführung für den Kläger bis hin zur faktischen Beweislastumkehr erleichtert.

In diesem konkreten Fall war es aber gar nicht strittig, dass es trotz fehlender Beratungsdokumentation so etwas wie eine Beratung gegeben hatte. Der Makler war auf jeden Fall der Pflicht zur Bedarfsermittlung durch entsprechende Fragen nachgekommen. Ob er auch seiner Pflicht zur Beratung nachgekommen war, konnte zumindest nicht sicher in Abrede gestellt werden. Dass der empfohlene Vertrag nicht der für den Bedarf dieser Kundin passendste war, hätte wie erwähnt die Klägerin darlegen und beweisen müssen, konnte es aber nicht.

Bequemlichkeit kann gefährlich werden

Im Ergebnis zeigt dieser Gerichtsbeschluss einmal mehr, wie wichtig eine sorgfältige Beratungsdokumentation ist und wie sehr ein Vermittler mit dem Feuer spielt, darauf aus Bequemlichkeit zu verzichten. Denn bei geschickterer Klageführung wäre der Makler möglicherweise nicht so billig aus dem Verfahren davongekommen.

Autor(en): Matthias Beenken

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