Streit um Tempokontrollen: Versicherer wollen Verschärfung

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Deutsche Autofahrer sollen öfter geblitzt werden. Das fordert die Unfallforschung der Versicherer (UDV). Mobilie und stationäre Geschwindigkeitskontrollen auch in der Nacht sollten ausgeweitet werden.

Denn nach Erkenntnis des UDV wird in den Innenstädten noch immer deutlich zu schnell gefahren. Dies hätten großflächige Untersuchungen in Berlin, Köln, München und Hamburg bewiesen. Vor allem niedrige Tempolimits würden regelmäßig überschritten.

Blitzen oft nur Abzocke?
Anlass der aktuellen Forderung ist ein Streit zwischen UDV und dem Autoclub Mobil in Deutschland. Die Autolobby hat jetzt für die Städte Berlin, München, Köln und Hamburg einen so genannten Blitzer-Atlas veröffentlicht. Damit will der Autoclub beweisen, dass die Städte überwiegend an stark befahrenen Straßen blitzen um "ihre klammen Kassen zu füllen" und nicht an Unfallschwerpunkten. Laut Mobil in Deutschland müssten Autofahrer durch Radarkontrollen pro Jahr rund eine Milliarde Euro zahlen. "Und in erster Linie auf Straßen, in denen es nachweislich nicht um Sicherheit geht", so der Club.

Tempo nicht immer Grund für Unfallschwerpunkt
Diese Aussagen und die Veröffentlichung der Blitzer-Atlanten hat nun der UDV scharf als "wissenschaftlichen Unsinn" angegriffen. Sowohl die Methode als auch die Aussage seien unseriös und nicht haltbar. "Unfallschwerpunkte müssen gar nichts mit den gefahrenen Geschwindigkeiten zu tun haben. Deshalb kann daraus auch nicht die Notwendigkeit von Geschwindigkeitsüberwachung nur an diesen Orten abgeleitet werden", kritisierte UDV-Leiter Siegfried Brockmann. An vielen innerstädtischen Unfallschwerpunkten seien beispielsweise Fehler beim Abbiegen die Ursache für vermehrte Crashs.

Legitime Kontrollen als "ungesetzliches Handeln" dargestellt
Der Autoclub habe der Verkehrssicherheit mit seiner Aktion einen "Bärendienst" geliefert. Mit Worten wie "Falle" oder "eiskaltes Kalkül" würde versucht legitime Tempokontrollen als ungesetzliches Handeln darzustellen. Tempoüberschreitungen seien klare Gesetzesverstöße. Autofahrer, die die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhielten, hätten nichts zu befürchten. "Tempolimits gelten eben immer, überall und für alle", so Brockmann. Wissenschaft und Polizei seien sich darüber einig, dass neben Standorten an geschwindigkeitsbedingten Unfallschwerpunkten zur Durchsetzung der Tempolimits auch ein sogenannter "Flächendruck" notwendig ist. Daher seien unerwartete Kontrollen an Stellen, die keine Unfallschwerpunkte sind, legitim.

Blitzmarathon abschaffen
Demgegenüber fordert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), den "notwendigen Kontrolldruck" durch fest installierten Anlage an unfallträchtigen Stellen und mobile Messungen an Tagen mit den statistisch meisten Verkehrstoten aufzubauen. Nach Ansicht des DAV würden beispielsweise sogenannte Blitzmarathon keine Wirkung zeigen. So habe eine Studie des Instituts für Straßenwesen an der RWTH Aachen gezeigt, dass die an den Messpunkten gefahrenen Geschwindigkeiten während des Blitzmarathons nur zwei bis drei Stundenkilometer niedriger waren als vor oder nach den Massenmessungen und dass selbst dieses geringfügig veränderte Fahrverhalten gerade einmal bis zu drei Wochen nach Beendigung eines Blitzmarathons anhalte. "Solche rein öffentlichkeitswirksame Aktionen sollten abgeschafft werde"“ fordert der DAV-Verkehrsjurist Jens Dötsch aus Andernach.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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