Vermittler bauen Beschäftigte an

Mehr als 87.000 Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt als Angestellte in einem Agentur- oder Maklerbetrieb. Damit verschieben sich auch Gewichte innerhalb der Versicherungsbranche.

Noch ist der typische Versicherungsvermittler in Deutschland ein Einzelkämpfer oder Kleinstbetrieb. Rund ein Drittel der hauptberuflich tätigen Vermittler beschäftigen nicht einmal eine Geringfügigkeitskraft mit bis zu 450 Euro Monatsverdienst, fast drei Viertel der Betriebe hat nicht mehr als vier handelnde Personen einschließlich Inhaber.

Der Wandel vollzieht sich schon lange
Aber der Versicherungsvertrieb ändert sich in dieser Hinsicht still und leise, und das nicht erst seit dem verschärften Druck, den die Vermittlerregulierung sowie die öffentliche Diskussion über die Qualität des Vertriebs entwickeln. Insbesondere den vielen Handelsvertretern wird nachgesagt, dass sie besonders aggressiv am Kundenbedarf vorbei verkaufen würden.

Nach den aktuell vom Gesamtverband der Versicherungswirtschaft im Statistischen Taschenbuch 2013 veröffentlichten Zahlen der Arbeitsagenturen waren noch 1990 ganze 21.500 Personen als Angestellte bei Vermittlern beschäftigt, im Jahr 2012 dagegen 87.200 Personen. Vor 22 Jahren waren damit nur 8,4 Prozent aller Beschäftigten des Versicherungsgewerbes in einer Agentur oder einem Maklerbetrieb angestellt, aktuell sind es schon 28,9 Prozent der insgesamt 301.300 Innen- und Außendienstangestellten sowie Auszubildenden.

Keine 100.000 hauptberufliche Versicherungsmakler
In Relation zu den knapp eine Viertelmillion im Vermittlerregister erfassten Versicherungsvermittlern erscheint diese Beschäftigtenzahl immer noch gering. Der Vergleich hinkt allerdings, als unter diesen Vermittlern eine Mehrzahl nebenberufliche Vermittler, Annexvermittler aus dem Handel und anderen Bereichen oder auch selbstständige Untervermittler in strukturierten Vertrieben sind. Schätzungen zufolge gibt es keine 100.000 hauptberufliche Versicherungsvertreter und -makler, und selbst hiervon dürften etliche keinen eigenständigen Betrieb führen, sondern sich als Untervermittler einem anderen Betrieb angeschlossen haben.

Die stark gestiegene Zahl der Angestellten in Vermittlerbetrieben kann verschiedene Gründe haben, über die die Statistiken selbst keinen Aufschluss geben. Vermittlerverbände argumentieren gerne, dass die Versicherer zunehmend Verwaltungsarbeiten aus dem eigenen Innendienst auf ihre selbstständigen Vertriebspartner verlagern und dadurch Bedarf für einen Personalanbau auslösen.

Makler leiden unter geringen Bereitschaft der Branche
Wissenschaftlich belegt ist dies bisher nicht. Untersuchungen aus den 1990er Jahren gaben keinen ausreichenden Aufschluss über diese Verlagerungsthese. Es konnte nur eine stärkere Digitalisierung festgestellt werden, die in einem Übergangszeitraum mehr Arbeit auslöst, bis sich die Betroffenen hieran gewöhnt haben. Es ist anzunehmen, dass die elektronische Kommunikation bei den Ausschließlichkeitsvertrieben längst gelebte Praxis ist.
Makler leiden dagegen immer noch unter der geringen Bereitschaft der Branche, ihre Kommunikationssysteme und Schnittstellen untereinander zu standardisieren. Stattdessen gibt es immer noch Abschottung der Systeme, um vermeintliche Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Doch auch hier wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte erzielt.

Regulierung bedroht Arbeitsplätze

Die Zunahme der Beschäftigten kann damit auch Ausdruck einer wachsenden Professionalisierung der Vermittlerbetriebe sein. Mit der Größe der Kundenbestände wächst der Bedarf an einer Betreuung, Anlaufstellen in den Büros müssen regelmäßig besetzt sein. Das passt schlecht zum klischeehaften Bild des Einzelkämpfers, der auf der Jagd nach Neukunden kaum in einem Büro anzutreffen ist. Der Trend zu Angestellten in Vermittlerunternehmen ist damit der öffentlich geforderten, höheren Beratungsqualität zuträglich.





Für die anstehende nächste Welle der Regulierung bedeutet das aber auch, dass Fortschritte in der Professionalisierung des Vertriebs anerkannt und unterstützt statt abgewürgt werden müssen. Immerhin stehen mehr als 87.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, neben einer ähnlich hohen Zahl an selbstständigen Existenzen.

Bild: © Gerd Altmann /

Autor(en): Matthias Beenken

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