Vermittler sind wichtig, aber teuer

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Bei der Jahreskonferenz zur Versicherungsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) war unter anderem der Anfang der Woche erschienene Entwurf eines Merkblatts zum Vertrieb von Kapitalversicherungen ein Thema.

Exekutivdirektor Frank Grund stimmte die zahlreich erschienenen Gäste auf düstere Zeiten ein. Die Stimmung in der Wirtschaft verschlechtere sich, insbesondere die hohe Inflation berge erhebliche Risiken. Sie treibe unter anderem die Schadenkosten und damit letztlich die Versicherungsprämien in die Höhe. Das sei notwendig, auch wenn es zulasten der Chancen auf Neugeschäft gehe.

Kundennutzen als zentrale Herausforderung

Selbst in der Lebensversicherung erwartet Grund keine ausschließlich positive Wirkung der steigenden Zinsen, denn Stornierungen von Lebensversicherungen könnten zunehmen und alternative Geldanlagen attraktiver werden als die Angebote der Versicherer.

Ein zentrales Thema der Aufsicht aber wird der Kundennutzen, auch Value for Money genannt. Hier dürfen Versicherer und indirekt die Vermittler künftig verstärkte, kritische Fragen der Aufsicht erwarten.

Vermittler müssen Nachhaltigkeit übersetzen

Die Vermittler sind allerdings zentral, hob auch Petra Hielkema, die der Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA vorsteht, in einer Paneldiskussion hervor. Darin ging es um die neuen Anforderungen zur Nachhaltigkeit, die einen zusätzlichen Beratungsbedarf ausgelöst haben. Sie müssen die sehr komplexen Informationen der Versicherer verarbeiten und den Kunden helfen, sie zu verstehen.

Dass die Menge und Geschwindigkeit der Regulierungen den Aufsichtsbehörden nicht gefällt, daran ließen weder die deutsche BaFin noch die EIOPA Zweifel. Aber es gelte das Primat der Politik. Hielkema rief zu Pragmatismus auf. Die Branche solle sich nicht von der Größe der Aufgabe beeindrucken lassen.

Kritik an Kurzfristigkeit der Veröffentlichung

Ein Aufregerthema war der erst am Montagabend veröffentlichte Entwurf eines Merkblatts „zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“, zumal sowohl Montag als auch Dienstag in Teilen des Landes Feiertage waren. In einer Paneldiskussion kritisierte die Vertreterin der Versicherer, Karen Bartel, diese Kurzfristigkeit. Die Versicherer hätten daher noch keine abgestimmte Meinung dazu.

Dementsprechend nutzte die BaFin eine entsprechende Paneldiskussion, ihren Entwurf in Teilen vorzustellen und zentrale Erkenntnisse über derzeitige Vertriebskosten und Stornierungen von Bestandsverträgen zu erläutern. Unter anderem sei deutlich geworden, dass in einigen Fällen die Effektivkosten der kapitalbildenden Lebensversicherungen zu hoch seien, als dass der Kunde eine faire Leistung für seine Prämie erwarten könne.

Lob und Kritik

Auch Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg berichtete über Fondspolicen, die teilweise 1,5 bis über drei Prozent mehr Kosten verursachten, als wenn die Kunden die enthaltenen Fonds direkt gekauft hätten. Generell halte sie wenig von Lebensversicherungen, die Kunden sollten besser über ungemanagte Fonds sparen. Auch die Versprechen auf Renten im Alter seien zu schlecht.

Für die Versicherungsvermittler lobte Michael Heinz. Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, den Merkblatt-Entwurf. Dieser gehe in die richtige Richtung. Regulierung solle seiner Meinung nach nur dort greifen, wo es nötig sei. Damit appellierte er an die BaFin, ihre Kenntnis über die Versicherer und deren Geschäftsmodelle zu nutzen, um „die bösen Buben“ anzugehen.

Werthaltigkeit auch bei Frühstornierung

Einigkeit bestand im Plenum zwar, dass eine gute Beratung für Kunden „Value for Money“ erzeugt. Weniger Einigkeit bestand dagegen bei der Produktqualität, die auch von der Vermittlerseite kritisiert, vonseiten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hingegen in Schutz genommen wurde. Es gebe allenfalls Einzelfälle, die man näher betrachten müsse.

Ein weiteres strittiges Thema ist die teils hohe Stornierungsrate von langlaufenden, aufgeschobenen Lebensversicherungen. Nach Ansicht der Aufsicht sollte auch im Frühstornofall eine angemessene Rendite sichergestellt werden. Insbesondere bei Vertragsschluss gezahlte Einmalprovisionen seien für erhebliche Renditeverluste verantwortlich, eine Verteilung auf die Laufzeit sei besser.

Für die Vermittler betonte Heinz, dass diese meist nicht für Stornierungen verantwortlich seien. Es gebe nun einmal Veränderungen von Lebensumständen, Notsituationen oder Abwerbungen durch Wettbewerbsvermittler. Dafür müssten die Vermittler schon seit dem Lebensversicherungsreformgesetz haften – verschuldensunabhängig.

Ein Notar, so sein Beispiel, müsse dagegen nicht sein Honorar zeitanteilig zurückzahlen, wenn dem Kunden nach ein paar Jahren das erworbene und beurkundete Haus nicht mehr gefällt. „Es hat einen Grund, warum immer weniger den Beruf ausüben wollen“, meinte er mit Blick auf die rückläufigen Vermittlerzahlen. Dass Umdeckaktionen nicht dem Kundennutzen dienen, bestätigte auch Verbraucherschützerin Klug.

Transparenz über Rückvergütungen nötig

Ein drittes Schwerpunktthema waren Kickbacks oder Rückvergütungen, wie sie Panelistin Bartel lieber nennen wollte. Die Teilnehmer waren sich einig, dass es wünschenswert ist, Transparenz über solche Rückvergütungen zu schaffen, auch wenn sie direkt an Vermittler fließen. Für den GDV fragte Bartel allerdings, ob die BaFin eine Idee habe, wie Versicherer ein Auskunftsrecht gegenüber Maklern durchsetzen sollten.

Kaj Hanefeld von der BaFin betonte, dass solche Rückvergütungen aus den Managementgebühren bezahlt würden, die der Kunde zunächst einmal für die vom Versicherer beschafften Fonds zu zahlen hat. Es sei wohl „mehr als eine Handvoll Unternehmen“, bei denen solche Rückvergütungen üblich seien. GDV-Vertreterin Bartel plädierte in diesem Zusammenhang für mehr Sachlichkeit in der Diskussion. Die BaFin solle sich die Einzelfälle ansehen und dabei Leistungen berücksichtigen, die solchen Zahlungen unter Umständen gegenüberstehen.

In einer abschließenden Fragerunde an die Führungskräfte der Versicherungsaufsicht verneinte die BaFin die Frage, ob eine generelle Verlängerung der Stornohaftungszeiten vorgesehen sei. Angesprochen auf ein parallel erschienenes Merkblatt der EIOPA zum selben Thema hieß es, dass dieses von der BaFin berücksichtigt worden sei, aber nationale Besonderheiten eine Abweichung zuließen.

Axel Oster führte zudem für die BaFin auf Nachfrage aus, dass der Ansatz des Merkblatts, generell die Betriebskosten der Versicherer als Ansatzpunkt für die Bewertung der Vertragsrenditen heranzuziehen, nicht durch eine einseitige Fokussierung auf bestimmte Vermittlervergütungen unterlaufen werde. Zudem gebe es keine Präferenz für frühstornierende Kunden. Im Zielbild stehe weiterhin der für die Altersvorsorge sparende, langfristige Kunde.

Autor(en): Matthias Beenken

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