Wie KI der Finanzindustrie bei der Modernisierung helfen kann

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Die Finanzindustrie steht vor vielfältigen Herausforderungen: Sie betreffen vor allem das globale makroökonomische Umfeld, das bei weltweit stagnierendem Wachstum die Gefahr von Kreditausfällen birgt. Zugleich müssen Finanzinstitute ihre Effizienz verbessern, die Kunden besser bedienen, Risiken reduzieren, die Finanzkriminalität bekämpfen, die Nachhaltigkeit optimieren und regulatorische Änderungen umsetzen. Bei der Bewältigung dieser vielfältigen Aufgaben wird Künstliche Intelligenz (KI) zur zentralen Stütze werden.

KI-Technologien werden im Finanzsektor bereits eingesetzt, zum Beispiel in interaktiven Chatbots für den Kundenservice, bei der Dokumentenanalyse oder bei der Erkennung von Anomalien im Zahlungsverkehr hinsichtlich Fraud Detection.

KI hilft, Klimarisiken besser zu bewerten

Generative KI optimiert zudem bestehende Anwendungen, auch im Hinblick auf die Herausforderungen mit Blick auf Environment, Social & Governance (ESG). Das Projekt Gaia der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat gezeigt, dass die Extraktion und Analyse von ESG-Daten von Unternehmen automatisiert werden können, um die Bewertung von Klimarisiken transparenter und effizienter zu gestalten.

Trotz dieser vereinzelten Erfolge besteht die Herausforderung der Zentralbanken und Regulierungsbehörden darin, die Stabilität des globalen Finanzsystems zu gewährleisten. Anstehende regulatorische Änderungen werden sich mit neuen Arten potenzieller Systemrisiken befassen. Hierzu gehören Cloud-Konzentrationsrisiken oder Gefahren durch die Nutzung von KI, den Klimawandel und künftigen versteckten korrelierten Risiken, die sich aus dem sich ständig verändernden globalen Finanzsystem ergeben.

Mit KI für Stabilität des Finanzsystems sorgen

Die Anwendung von intelligenter Technologie bei der Prozessautomatisierung wird dabei der Schlüssel für den Aufbau von Effizienz und Resilienz sein. So wird die KI-gestützte ereignisgesteuerte Automatisierung den Instituten helfen, die bevorstehenden Anforderungen an die Portabilität von Anwendungen für kritische Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) von Drittanbietern zu erfüllen. Dies regelmäßig nachzuweisen, ist eine zentrale regulatorische Anforderung des Digital Operational Resilience Act (DORA) der EU.

Intelligente Tools optimieren interne Prozesse

Für Betriebs- und Serviceteams kann der Einsatz entsprechender Tools erhebliche Vorteile bringen: In Zukunft werden KI-gestützte Assistenten in der Lage sein, komplexere Kundenanfragen und -probleme zu bearbeiten. Darüber hinaus kann intelligente Software die Finanzberichterstattung im Finanzwesen optimieren, indem die Datenaggregation und -analyse für ein exakteres und zeitnahes Reporting automatisiert werden.

KI wird auch eine wichtige Rolle spielen, Risiken aus kurzfristigen makroökonomischen Verwerfungen oder langfristigen Veränderungen wie dem Klimawandel zu bewältigen. Die Technologie erfordert in diesen Fällen den Zugang zu großen, vielfältigen Datensätzen, die neue Erkenntnisse für verbesserte Vorhersagefähigkeiten liefern können. 

Potenzial synthetischer Daten ausschöpfen

Bereits heute beschleunigt KI in bestimmten Situationen den Entscheidungsprozess. Mit der weiteren Entwicklung werden sich die Möglichkeiten vieler Anwendungen noch deutlich erweitern und verbessern. Ohne qualitativ hochwertige Daten wird der Erfolg jedoch gebremst. Ein Datenmangel entsteht dadurch, dass Daten innerhalb von Organisationen hinsichtlich Datenschutz und -souveränität sowie im Hinblick auf den Schutz des geistigen Eigentums isoliert werden.

Glücklicherweise kann die KI selbst dazu beitragen, den Mangel an hochwertigen, nutzbaren Datenquellen zu beheben, und zwar durch die Schaffung synthetischer Daten. Dabei werden bestehende Datenquellen repliziert, um die Privatsphäre zu anonymisieren und die Daten verfügbar zu machen. Mithilfe intelligenter Tools werden so robustere Datenquellen erzeugt, die es bestimmten Anwendungen ermöglichen, die Grenzen rein historischer Daten zu überwinden und umfassendere Erkenntnisse über mögliche künftige Situationen zu gewinnen.

Betrugserkennung verbessern

Ein Anwendungsbereich für synthetische Daten ist die Finanzkriminalität. Wenn ein Machine-Learning- oder KI-Modell auf der Grundlage eines Datensatzes erstellt wird, der eine begrenzte Anzahl von Fällen einer bestimmten Art von Finanzkriminalität enthält, kann es die Wiederholung dieser spezifischen Fälle mit hoher Genauigkeit vorhersagen. Die Vorhersagegenauigkeit sinkt allerdings, wenn es darum geht, Variationen krimineller Vorgänge zu erfassen, die in den verfügbaren Daten nicht vorhanden sind.

Um das Modell stärker zu machen und den Bedrohungen einen Schritt voraus zu sein, können KI-gestützte Simulationen Hunderttausende oder Millionen synthetischer Szenarien generieren. Auf diese Weise wird ein potenziell robusteres Erkennungssystem bereitgestellt, das durch die Überprüfung möglicher neuer Varianten von kriminellen Handlungen validiert werden kann. Damit können durch KI generierte synthetische Daten die Betrugserkennung erheblich verbessern. Generative-Adversarial-Networks (GAN) und die Agentenbasierte Modellierung (ABM) sind zwei KI-Ansätze, die für diese Art von Anwendungsfällen eingesetzt werden.

KI-Entscheidungen transparent machen

Neben dem Problem der Datenverfügbarkeit gibt es erhebliche Herausforderungen, um KI-Modelle vertrauenswürdig und resilient zu gestalten. Ein wichtiger Bereich sind dabei die weltweiten Forschungsaktivitäten zur Entwicklung innovativer Ansätze rund um die Explainable AI (XAI). Ziel von XAI ist es, Rahmenwerke zu entwickeln, die die KI-Entscheidungsfindung transparent und nachvollziehbar machen, um die Vertrauenswürdigkeit, die Entscheidungsprozesse und die Einhaltung von Vorgaben zu verbessern.

Diese XAI-Frameworks müssen Herausforderungen bewältigen, die sich durch Blackbox-Lösungen und deren Modellkomplexität, Beschränkungen eines breiteren Datenzugriffs für Modellerkenntnisse aufgrund des Datenschutzes und einer sich schnell entwickelnden KI-Regulierungslandschaft ergeben. Auf der regulatorischen Seite ist der kürzlich verabschiedete AI Act der EU der erste große Versuch, ein umfassendes Framework für KI-Systeme zu etablieren. Diese Verordnung verfolgt einen risikobasierten Ansatz, das heißt, je höher das Risiko ist, desto strikter sind die Regeln für die KI-Compliance.

Intelligente Systeme mit hohem Risiko müssen eine breite Palette von Anforderungen erfüllen, darunter Erklärbarkeit, Dokumentation, Governance für KI-gesteuerte Prozesse, Data Governance, menschliche Aufsicht, Risikomanagement und Auditierbarkeit. Da in anderen Regionen und Ländern vergleichbare, auf KI ausgerichtete Regulierungsrahmen geschaffen werden, muss ein gewisses Maß an globaler, risikobasierter regulatorischer Konsistenz sichergestellt werden. Nur so wird die kontinuierliche Innovation von KI-Funktionen und -Lösungen unterstützt.

Ganzheitliche Umgebung schützt vor Fehlerquellen

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten von KI nahezu unbegrenzt, solange die richtigen Teams, Prozesse und Lösungen vorhanden sind. So wie viele Führungskräfte eine hybride Cloud-Strategie in Erwägung ziehen, die von einer gemeinsamen Plattform und Automatisierungsebene unterstützt wird und damit Freiheit und Flexibilität bietet, gilt dies auch für KI. Das heißt, es geht darum, den Teams im gesamten Unternehmen eine einheitliche, zentralisierte Erfahrung beim Training, der Wartung, der Feinabstimmung und der Bereitstellung von KI-Modellen in der Produktivumgebung zu bieten.

Eine ganzheitliche anstatt einer isolierten Umgebung schützt vor zu vielen Fehlerquellen und hilft bei der Standardisierung von Tests und Validierungen. So können die Kontroll- und Transparenzanforderungen erfüllt werden, die für die behördlichen Genehmigungen und die Skalierung von KI so wichtig sind.

Autor(en): Richard Harmon

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