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Aufsichtsmittel

1. Begriff: Mittel der Aufsichtsbehörde zur Erfüllung der Aufsichtsziele.

2. Systematik: Die Aufsichtsmittel werden den Haupt- und Unterzielen zugeordnet. Das gilt im Zulassungsverfahren (Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb) wie im Rahmen der laufenden Aufsicht. Bei den Mitteln im Rahmen der laufenden Aufsicht wird auf drei Phasen abgestellt. Phase 1: Informationsgewinnung; Phase 2: Informationsauswertung; Phase 3: Eingriffe der Aufsichtsbehörde i.S.v. Korrekturen, Sanktionen, Zwangsmitteln.

3. Mittel der laufenden Aufsicht: a) Informationsgewinnung: Als Mittel zur Informationsgewinnung sind ein allgemeines Auskunftsrecht der Aufsichtsbehörde (vgl. § 305 VAG) sowie spezielle Auskunftsmittel (interne Rechnungslegung, örtliche Prüfungen, Berichte des verantwortlichen Aktuars und Abschlussprüfers, Beschwerden der Versicherten u.a.m.) zu unterscheiden.
b) Informationsauswertung:Für die Auswertung der erhaltenen Informationen gibt es keine bestimmten Regeln. Sie hängt sehr vom Einzelfall ab.
c) Eingriffe der Aufsichtsbehörde: Die Aufsichtsbehörde muss weitreichende, korrigierende Eingriffsmöglichkeiten für den Fall haben, dass die Interessen der Versicherten gefährdet oder gar verletzt sind. Zu unterscheiden ist zwischen einem allgemeinen Eingriffsrecht und speziellen Interventionsrechten. Das allgemeine Eingriffsrecht ist in der Generalklausel des § 298 I VAG geregelt (für Rückversicherer gelten Besonderheiten, vgl. § 298 II VAG). Diese Vorschrift ermächtigt die Aufsichtsbehörde, „alle Anordnungen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Missstände zu vermeiden oder zu beseitigen.“Unter Missständen versteht der Gesetzgeber jedes Verhalten eines Versicherungsunternehmens, das den Aufsichtszielen widerspricht. Die Generalklausel ist eine Auffangvorschrift für die Fälle, die von den Spezialvorschriften nicht erfasst werden. Spezielle Interventionsrechte finden sich an vielen Stellen des Gesetzes. Zur Illustration seien nur genannt: Abberufungsverlangen von Vorständen, Abschlussprüfern, verantwortlichen Aktuaren, Einsetzung eines Sonderbeauftragten, Änderung des Geschäftsplans, Verlangen eines Solvabilitäts- oder Finanzierungsplans, Untersagung einer Beteiligung, Einschränkung oder Untersagung der freien Verfügbarkeit über die Vermögensgegenstände des Versicherungsunternehmens, Zahlungsverbot oder Herabsetzung der Leistungen in der Lebensversicherung, Verfolgung unerlaubter Versicherungsgeschäfte, Widerruf der Erlaubnis. In der Praxis macht die Aufsichtsbehörde von diesen Interventionsrechten nur dann Gebrauch, wenn andere, weniger einschneidende Mittel erfolglos waren. I.d.R. erreicht die Aufsicht ihre Ziele im Weg der sog. schlicht-verwaltenden Tätigkeit (Erteilung von Hinweisen auf gesetzliche oder sonstige Bestimmungen, Ratschläge, Mahnungen etc.). Formelle Interventionen, also Verwaltungsakte, kann die Aufsichtsbehörde im Wege des Verwaltungszwangs nach den Bestimmungen des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes durchsetzen. Sanktionen sind u.a. in den Straf- und Bußgeldtatbeständen des VAG enthalten.

4. Beispiele für Straftatbestände (§ 331 VAG): Falschangaben gegenüber der Aufsichtsbehörde, Falschbericht eines Abschlussprüfers, Verletzung der Geheimhaltungspflicht, falsche Erklärungen des verantwortlichen Aktuars und des Treuhänders für das Sicherungsvermögen, unbefugter Betrieb des Versicherungsgeschäfts.

5. Beispiele für Bußgeldtatbestände (vgl. im Einzelnen § 332 VAG): Verteilung eines Gewinns entgegen Gesetz oder Geschäftsplan, Verstoß gegen bestimmte Rechtsverordnungen, Verstoß gegen bestimmte vollziehbare Anordnungen der Aufsichtsbehörde u.a.m. Die unbefugte Versicherungsvermittlung (§ 144a VAG a.F.) ist aus nicht bekannten Gründen kein Bußgeldtatbestand mehr; da aber in Zeiten betonten Verbraucherschutzes nicht anzunehmen ist, dass bewusst für diesen Fall keine Sanktion mehr vorgesehen sein sollte, kann diese nur vergessen worden sein oder der Gesetzgeber war der Meinung, dass unerlaubte Vermittlung nunmehr als Beihilfe zur Straftat gem. § 331 I VAG anzusehen ist. Die zuständige Verwaltungsbehörde für das Bußgeldverfahren ist die Versicherungsaufsichtsbehörde (§ 333 VAG).

Autor(en): Dr. Helmut Müller

 

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