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Betriebsunterbrechungsversicherung infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser

1. Begriff: Erscheinungsform der technischen Betriebsunterbrechungsversicherung, die den Unterbrechungsschaden im versicherten Betrieb infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser ersetzt und deren Versicherungsschutz durch besondere Vereinbarung auf den Ersatz von Kosten für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung von Rohstoffen, Halb- oder Fertigfabrikaten, Hilfs- oder Betriebsstoffen sowie auf den Ersatz von Sachschäden an technischen Einrichtungen erweitert werden kann. Versichert ist die Einstellung der öffentlichen Energieversorgung, die auf eine Ursache vor der Grenzstelle (Schnittstelle zwischen den Netzen der Versorger und dem versicherten Betrieb, ab der gemäß Netzanschlussvertrag die Gefahrtragung auf den Versicherungsnehmer übergeht; die Grenzstelle ist im Versicherungsvertrag zu bezeichnen) im Bereich der öffentlichen Versorgung zurückzuführen ist.

2. Vertragliche Rechtsgrundlage: Für die Betriebsunterbrechungsversicherung infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser liegt kein eigenständiges Bedingungswerk vor. Rechtsgrundlage bilden die Allgemeinen Bedingungen für die Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung (AMBUB 2011), die mittels einer zusätzlichen Klausel (TK 4980) hinsichtlich der risikospezifischen Merkmale der Betriebsunterbrechungsversicherung infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser modifiziert und vervollständigt werden.

3. Weitere Merkmale: Mit der Betriebsunterbrechungsversicherung infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser wird das Rückwirkungsrisiko (Rückwirkungsschaden) versichert, das sich in den leistungsbedingten Abhängigkeiten des versicherten Betriebs von der öffentlichen Energieversorgung ausdrückt. Der Versicherungsfall bedingt zwar keinen Sachschaden, das auslösende Schadenereignis muss aber im öffentlichen Versorgungsnetz außerhalb des Betriebs- bzw. Gefahrtragungsbereichs des Versicherungsnehmers entstanden sein. Öffentliche Versorgung ist die Bereitstellung und/oder das Betreiben von Netzen für die allgemeine Versorgung im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport und/oder der Verteilung von Gas, Strom, Wärme oder Wasser. Der ersatzpflichtige Unterbrechungsschaden setzt eine vereinbarte Mindestzeit für den Ausfall der öffentlichen Energieversorgung voraus und wird durch die Dauer der dokumentierten Haftzeit, die i.d.R. eine Dauer von sieben Tagen vorsieht, begrenzt.

4. Leistungsausschlüsse: Der Versicherer leistet keine Entschädigung für den Unterbrechungsschaden, wenn die Dauer des Ausfalls der öffentlichen Versorgung die vereinbarte Mindestzeit nicht überschritten hat. Der Versicherer leistet zudem keine Entschädigung, soweit der Ausfall der öffentlichen Versorgung durch a) geplante Abschaltungen;
b) Streik; Aussperrung;
c) Krieg, kriegsähnliche Ereignisse, Bürgerkrieg, Revolution, Rebellion, Aufstand (Kriegsklausel);
d) Innere Unruhen;
e) Kernenergie, nukleare Strahlung oder radioaktive Substanzen (Kernenergieklausel) verursacht wurde.

5. Sonderform: Versicherung des Leistungspreises für die Inanspruchnahme elektrischer Leistung oder von Netzkapazität (TK 4941).

6. Aktuelle Bedeutung: Seit dem flächendeckenden Stromausfall Ende November 2005 im Münsterland ist die Betriebsunterbrechungsversicherung infolge des Ausfalls der öffentlichen Versorgung mit Gas, Strom, Wärme oder Wasser wieder neu in den Fokus gerückt, da die Haftung deutscher Energieversorger begrenzt ist. Die deutsche Versicherungswirtschaft hatte bereits in den 1950er-Jahren eine Betriebsunterbrechungsversicherung bei Ausfall der öffentlichen Versorgung entwickelt. Diese Versicherung ist für Unternehmen, die von den Energieversorgern weitgehend abhängig sind und über keine schnellen Kompensationsmöglichkeiten verfügen, von großer Bedeutung.

Autor(en): Thomas Peter Markert

 

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