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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

1. Begriff: Fortzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber für die Dauer von bis zu sechs Wochen für Arbeitnehmer sowie für die zur Berufsausbildung Beschäftigten, wenn diese unverschuldet infolge von Krankheit, Bewilligung einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder einem nicht rechtswidrigen bzw. nach dem Beratungskonzept vorgenommenen Abbruch der Schwangerschaft an der Arbeitsleistung verhindert sind. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein arbeitsrechtlicher Anspruch, geregelt im Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG).

2. Merkmale: Für den krankheitsbedingten oder aufgrund der Teilnahme an einer medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme entstehenden Arbeitsausfall hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des ihm bei der für ihn Maß gebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen (Anzeigepflicht) und spätestens am ersten Arbeitstag nach Ablauf des dritten Kalendertags nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen (Nachweispflicht). Im Fall der Arbeitsverhinderung aufgrund einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber den Zeitpunkt des Antritts der Maßnahme und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen und eine Bescheinigung des Sozialleistungsträgers über die Bewilligung der Maßnahme unverzüglich vorzulegen. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erstmals nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des jeweiligen Arbeitsverhältnisses (Wartezeit) und setzt voraus, dass die Erkrankung oder die Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall ist. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn den Arbeitnehmer ein Verschulden an der Krankheit trifft. Bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit wegen verschiedener Krankheiten ist jeweils ein sechswöchiger Entgeltfortzahlungsanspruch gegeben, und zwar ohne Rücksicht auf den Zeitraum, der zwischen den einzelnen Arbeitsunfähigkeitszeiten liegt. Im Fall einer wiederholten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit besteht ein (neuer) voller sechswöchiger Entgeltfortzahlungsanspruch nur dann, wenn der Arbeitnehmer in den vorherigen sechs Monaten nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. Der Entgeltfortzahlungsanspruch endet grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus besteht jedoch weiterhin Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn dem Arbeitnehmer wegen der Erkrankung gekündigt wurde, das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Erkrankung zwar nicht gekündigt, aber auf Initiative des Arbeitgebers hin einvernehmlich beendet wurde oder wenn der Arbeitnehmer selbst aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund fristlos gekündigt hat. Kleinere Arbeitgeber (bis zu 30 Arbeitnehmer/-innen ausschl. der zur Berufsausbildung Beschäftigten) erhalten 80 % der ihnen durch die Entgeltfortzahlung entstehenden Aufwendungen nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz, AAG) von den Krankenkassen erstattet. Durch das Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes wurde ab dem 1.8.2012 eine Neuregelung eingeführt, die auch bei einer Arbeitsunfähigkeit infolge einer Organ- oder Gewebespende im Sinne des Transplantationsgesetzes (TPG) für den Organspender einen Entgeltfortzahlungsanspruch bis zur Dauer von sechs Wochen vorsieht. Bei diesem Entgeltfortzahlungsanspruch handelt es sich um eine vorrangige Spezialregelung gegenüber dem Entgeltfortzahlungsanspruch aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit. Der Anspruch für den Organspender besteht bereits ab Beginn einer Beschäftigung. Eine Wartezeit ist nicht vorgesehen. Der Arbeitgeber hat gegenüber der Krankenkasse – bzw. dem privaten Krankenversicherungsunternehmen oder den Beihilfeträgern des Bundes – des Organ‑/Gewebeempfängers einen umfassenden eigenständigen Anspruch auf Erstattung des fortgezahlten Arbeitsentgelts einschl. der darauf entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung.

Autor(en): Dr. Eckhard Bloch

 

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