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Fälligkeit der Leistungspflicht

1. Begriff: Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung vom Schuldner verlangen kann. In Bezug auf das Versicherungsverhältnis geht es insbesondere um die Fälligkeit der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens anlässlich eines Versicherungsfalls.

2. Fälligkeitsregelungen: Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) differenziert nach dem Inhalt des Leistungsanspruchs, ob er auf Geld gerichtet ist oder einen sonstigen Inhalt hat: Sachleistungen, Rechtsschutz und Befreiung in der Haftpflichtversicherung, Dienstleistungen (Assistance). a) Geldleistungen (§ 14 I VVG). Geldleistungen sind nicht schon nach dem Versicherungsfall fällig, sondern erst mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherungsunternehmens notwendigen Erhebungen. Darunter sind Maßnahmen zu verstehen, die sich auf die Prüfung des vom Versicherungsnehmer erhobenen Anspruchs der Person, dem Grund und der Höhe nach beziehen. Dabei geht es um die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs und deren Nachweis sowie um Rechtsfragen, Ausschlussgründe oder die Leistungsfreiheit z.B. wegen Obliegenheitsverletzungen oder Prämienverzugs. Erhebungen betreffen Auskünfte und Belege des Versicherungsnehmers, Untersuchungen der Schadenstätte oder von versicherten Sachen, die Einschaltung von Sachverständigen, die Einsichtnahme in polizeiliche, staatsanwaltliche, gerichtliche Verfahrensakten. Damit werden nicht nur Erkenntnisse für die Erhebungen gewonnen, die sich gegen den Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentanten richten, sondern auch gegen am Versicherungsvertrag unbeteiligte Dritte. Akteneinsichten muss das Versicherungsunternehmen mit allen gebotenen Mitteln beschleunigen. Zur Entscheidung ist dem Versicherungsunternehmen eine gewisse Überlegungsfrist einzuräumen. Will der Versicherungsnehmer vor Abschluss der Erhebungen klagen, muss er nachweisen, dass die andauernden Erhebungen unnötig sind. Die Fälligkeit der Leistungspflicht tritt auch dann ein, wenn das Versicherungsunternehmen seine Leistungspflicht ablehnt. Abweichende Regelungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sind zulässig, z.B. in der Sachversicherung: Aufschub der Zahlung, solange ein behördliches oder strafgerichtliches Verfahren gegen den Versicherungsnehmer oder seinen Repräsentanten noch läuft (A § 9 Nr. 5b AFB 2008 bzw. 2010, A § 14 Nr. 4b VHB 2008 bzw. 2010). Bei strengen Wiederherstellungsklauseln bzw. Wiederbeschaffungsklauseln tritt Fälligkeit der Neuwertspanne mit der Sicherung von Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung ein.
b) Rechtsschutz und Befreiung in der Haftpflichtversicherung: Der einheitliche Anspruch des Versicherungsnehmers auf Abwehr (Rechtschutz) und Freistellung wird fällig, wenn der geschädigte Dritte Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer geltend macht (§ 271 I BGB). Allerdings muss dem Versicherungsunternehmen nach der Schadenanzeige sowie den notwendigen Auskünften und Belegen eine angemessene Überlegungsfrist zur Prüfung seiner Leistungspflicht verbleiben. Fälligkeit des Freistellungsanspruchs (§ 106 S. 1 VVG): Zwei Wochen nach Feststellung des Anspruchs des geschädigten Dritten mit bindender Wirkung für das Versicherungsunternehmen durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich.
c) Sach- oder Dienstleistungen: Fälligkeit nach angemessener Zeit zur Prüfung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens.

3. Leistungsverzug: Das VVG enthält für den Verzug des Versicherungsunternehmens hinsichtlich seiner Leistungspflicht im Versicherungsfall keine eigenständigen Regelungen.

Autor(en): Prof. Dr. Roland Michael Beckmann, Professor Dr. Helmut Schirmer

 

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