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Konsum

1. Begriff: Letzter Verbrauch durch die Haushalte und damit auch Endzweck der Produktion. Da von den unterschiedlichen Gütern und Diensten, die die Haushalte erwerben, verschiedene Impulse auf den Wirtschaftsprozess ausgehen, wird der Konsum von Verbrauchsgütern, von (dauerhaften) Gebrauchsgütern und von (konsumtiven) Dienstleistungen unterschieden. Während nach den Verbrauchsgütern ein stetiger Bedarf besteht, tritt der Bedarf nach Gebrauchsgütern (auch Haushaltsinvestitionen genannt) unstetig, in mehr oder weniger langen Intervallen auf.

2. Theorie: Durch die Aufteilung seines Einkommens in Konsum und Sparen legt der Haushalt den Gesamtbetrag fest, mit dem er insgesamt Güter und Dienstleistungen für seine Zwecke in einer Periode nachfragt. Wie der Haushalt seine Konsumsumme auf die Beschaffung der verschiedenen Güter- und Dienstleistungskategorien verteilt, hängt von seiner Bedarfsstruktur, seinem verfügbaren Einkommen und den Preisen ab. Eine allgemeine Lösung des Problems der Einkommensverwendung stammt von H. H. Gossen. Ausgehend von der Annahme, dass der Grenznutzen einer zusätzlichen Einheit eines Gutes sinkt (Erstes Gossensches Gesetz), verteilt das Individuum sein Einkommen so auf die verschiedenen Güter, dass der Grenznutzen pro Geldeinheit, also der gewogene Grenznutzen bei allen Gütern, gleich groß ist (Zweites Gossensches Gesetz). Dann wird auch das Nutzenmaximum erreicht. Dabei sind verschiedene Regelmäßigkeiten beobachtet worden. Nimmt das Einkommen zu, dann nehmen auch die Konsumausgaben zu, ihre Zunahme bleibt aber hinter der Einkommenszunahme zurück (Engelsches Gesetz), d.h. die Einkommenselastizität (der Nachfrage) z.B. nach Nahrungsmitteln ist kleiner als Eins. Ein ähnlicher Zusammenhang wurde auch für Wohnungsmieten beobachtet (Schwabesches Gesetz).

3. Makroökonomische Konsumfunktionen: Hier wird deutlich, dass das Einkommen (neben den Preisen) als wesentlichste Bestimmungsgröße des Konsums gilt. Folglich wird zwischen absoluter, relativer und permanenter Einkommenshypothese unterschieden. Als bedeutendster Vertreter der absoluten Einkommenshypothese gilt J. M. Keynes, der aus dem Engelschen Gesetz ein „grundlegendes psychologisches Gesetz“ ableitet, nach dem die gesamten Konsumausgaben mit dem Einkommen unterproportional zunehmen. Mit anderen Worten, die (marginale wie die durchschnittliche) Konsumquote fällt. Modifizierungen und Erweiterungen wurden durch den Befund von S. Kuznets ausgelöst, dass die langfristige durchschnittliche Konsumquote konstant ist, d.h. die langfristige Einkommenselastizität des Konsums ist Eins. Die relative Einkommenshypothese berücksichtigt die relative Stellung des Konsumenten in der Einkommenshierarchie, also seine soziale Stellung (J. Duesenberry, F. Modigliani), aber auch die Veränderung des eigenen Einkommens im Zeitverlauf. Steigt das Einkommen, wird mehr ausgegeben, einerseits wegen des Aufstiegs in der sozialen Stellung, andererseits weil sich der Konsument mehr leisten kann. Fällt das Einkommen, wird aber versucht, die soziale Stellung aufrecht zu erhalten. Damit lässt sich erklären, dass zwar einerseits kurzfristig die keynesianische Hypothese, langfristig aber die Konstanz der Konsumquote gilt. Noch einen Schritt weiter geht die auf M. Friedman zurückgehende permanente Einkommenshypothese. Ausgehend von einer extremen Lebenszyklushypothese, bei der in einer ersten Phase nichts, in einer zweiten Phase viel und in der Ruhestandsphase wieder nichts verdient wird, plant der Konsument einen möglichst gleichbleibenden permanenten Konsum in Abhängigkeit vom permanenten Einkommen. Dies führt zur Konstanz der (langfristigen) Konsumquote. Abweichungen des Einkommens von diesem langfristigen Wert (die sog. transitorische Komponente) fließen in den (transitorischen) Konsum und in die Ersparnis. Damit kann Friedman die kurzfristige Konsumfunktion als statistisches Artefakt erklären. Die modernste Variante (die surprise consumption function von Robert Hall) kombiniert die permanente Einkommenshypothese mit der Annahme rationaler Erwartungen, so dass nur noch stochastische unerwartete Abweichungen vom permanenten Einkommen den Konsum beeinflussen können.

4. Probleme: Gerade die neueren Ansätze leiden darunter, dass ihre Vorhersagequalität gering ist. Lösungen und Erklärungen können darin gesehen werden, dass einerseits (langfristige) Gebrauchsgüter berücksichtigt werden, andererseits der Kapitalmarkt gerade für die meisten Konsumenten nicht vollkommen ist. Dies äußert sich z.B. darin, dass Humankapital nur schwer zu beleihen ist.

5. Konsum und volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Der gesamtwirtschaftliche Konsum setzt sich aus dem privaten Verbrauch und dem Staatsverbrauch zusammen (Unternehmen konsumieren nicht). Dabei umfasst der private Verbrauch die Ausgaben der privaten Haushalte für den Kauf von Konsumgütern, den Eigenverbrauch privater Organisationen ohne Erwerbscharakter, und gewisse unterstellte Transaktionen (wie die Nutzung der eigenen Wohnung). Die Struktur des Verbrauchs hinsichtlich der o.g. Güterkategorien wird in Einkommens- und Verbrauchsstichproben regelmäßig erhoben. Der Staatsverbrauch umfasst den Kostenwert der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Staatsleistungen

Autor(en): Professor (em.) Dr. Dr. h.c. Roland Eisen

 

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