Vom Gas- zum bAV-Experten: Altkanzler Schröder kommt zum BVUK. Verband

740px 535px

Der Name Gerhard Schröder ist eng mit dem Begriff der "Agenda 2010" verknüpft. Eine Reform, die viele Befürworter, aber ebensoviele Kritiker hinter sich vereint. Nun will sich der Altkanzler wieder für ein wichtiges gesellschaftliches Thema stark machen: die betriebliche Altersversorgung. Dafür hat er einen Vorstandsposten beim BVUK. Verband übernommen.

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wollte der Gesetzgeber 2018 die betriebliche Altersversorgung (bAV) eigentlich attraktiver machen. Insbesondere für die Mitarbeiter kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sollten Anreize geschaffen werden, um nach dem Arbeitsleben finanziell abgesichert zu sein. Was gut gemeint war, hat in der Umsetzung seine Tücken. Denn mit der ergänzenden Einführung des neuen Sozialpartnermodells wurde das ohnehin komplizierte bAV-System noch unübersichtlicher. Viele Mittelständler stehen der bAV deshalb auch weiterhin skeptisch gegenüber.

Gemeinsam gegen demografischen Wandel und Altersarmut

Hier wollen der BVUK. Verband (Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e. V.) und Alt-Kanzler Schröder wohl mit Ihrer neuen Zusammenarbeit gegensteuern (siehe Bild: Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder und Michael Reizel, Vorstandsvorsitzender des BVUK. Verbandes). Die farbliche Abstimmung des Outfits suggeriert schon mal, dass die Herren harmonisch das gleiche Ziel ansteuern.

Unter Gerhard Schröder gab es auch diverse Rentenreformen, so im Jahr 2000 das Haushaltssanierungsgesetz (Neuregelung der Mini-Jobs, auch in Bezug auf Rentenansprüche), 2001 das Altersvermögensergänzungsgesetz (Neugestaltung der Rentenformel, die zu einer dauerhaften Absenkung des Rentenniveaus führte), 2002 das Altersvermögensgesetz (dabei wird die Riester-Förderung eingeführt) und 2002/2003 das Beitragssicherungsgesetz, das den Beitragssatz zur Rentenversicherung auf 19,5 Prozent des Bruttoeinkommens begrenzte.

Der BVUK. Verband gibt selbst an, dass er sich "seit knapp zwei Jahrzehnten für auskömmliche Renten in Deutschland engagiert". Außerdem betont der Verband, dass "er sich aktiv in die gesellschaftliche und politische Debatte über Rente und Altersversorgung einschaltet und unterbreitet Lösungsvorschläge zur Schließung der Rentenlücke unterbreitet". Sein großes Ziel: Drohende Altersarmut frühzeitig zu verhindern.

Das Ziel: Zusätzliche Rentenbausteine auskömmlich aufbauen

Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder: „Ich freue mich auf meine Arbeit im BVUK. Verband. Das seinerzeit von meiner Regierung geschaffene Anrecht auf betriebliche Altersvorsorge bietet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland eine ideale Möglichkeit, sich frühzeitig individuelle und auskömmliche zusätzliche Rentenbausteine aufzubauen.“

Neben dem Vorstandsvorsitzenden Michael Reizel gehören dem Vorstand des BVUK. Verbandes derzeit Jürgen Graalmann (Berlin) und Franz Erich Kollroß (Thüngersheim) an.

Dritter sozialdemokratischer Kanzler mit kritisch beäugten Ambitionen

Gerhard Schröder zieht 1998 ins Kanzleramt ein und ist damit der dritte Sozialdemokrat, der dieses Amt innehat. Er ist auch der SPD-Mann, der die erste rot-grüne Regierung auf Bundesebene anführt. Und Schröder ist auch einer, dessen politische Aktivitäten der weit über seiner Amtszeit hinausreichen.

Umstritten bleibt bis heute Schröders Reformpolitik, die unter dem Schlagwort Agenda 2010 in die Geschichtsbücher einging. Insbesondere der Teilbereich um die Neuordnung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe – Hartz IV – hat neben Befürwortern auch zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen. Vergleichsweise weniger Beachtung finden hingegen andere Reformen, die ebenfalls Teil der Agenda-Politik sind, und die als bedeutender gesellschaftspolitischer Fortschritt heute parteiübergreifend anerkann sind: der Ausbau der Kinderbetreuung etwa oder auch das Vier-Milliarden-Programm für Ganztagsschulen.

Seine politische Karriere startet er 1978 als Bundesvorsitzender der Jusos. Von 1980 bis 1986 ist er Bundestagsabgeordneter und geht anschließend zurück nach Hannover als Chef der niedersächsischen Landtagsfraktion. 1989 wird er Mitglied des SPD-Präsidiums, ein Jahr später Ministerpräsident von Niedersachsen mit einer Koalition von SPD und Grünen. Den Wettbewerb mit Oskar Lafontaine um die Kanzlerkandidatur der SPD 1998 entscheidet Schröder am 1. März desselben Jahres für sich – und führt die SPD nach 16 Jahren Kohl wieder in Regierungsverantwortung.

2016 mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik geehrt

Am 20. September 2016 erhielt Gerhard Schröder den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik. Mit diesem Preis sollte sein Anstoß für die Agenda 2010 gewürdigt werden. In der Begründung für die Preisverleihung heißt es: "Als Bundeskanzler hat Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 Reformen durchgesetzt, die die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig geprägt und verändert haben. Sie haben Deutschland wieder wettbewerbsfähig gemacht und entscheidend zum derzeitigen Erfolg der Volkswirtschaft beigetragen.”

Umstrittener Prozess mit einem hohen Preis bezahlt

Nachfolgend ein Auszug aus Schröder damaliger Rede:
"Deutschland kann sich dem Veränderungsdruck der Globalisierung und der demografischen Entwicklung nicht entziehen. Die Politik muss darauf reagieren. Unser Land hat nach der Agenda 2010 eine 'Reformpause' eingelegt. Wir haben gehört, dass das auch nachvollziehbar ist. Aber diese Reformpause ist trotzdem problematisch. Die Durchsetzung von Reformen war ein schwieriger, ein umstrittener Prozess, für den die Beteiligten einen hohen Preis bezahlt haben.

Sie werden wissen, dass auch ich nicht freiwillig gegangen bin. Manche haben daraus Konsequenzen gezogen: nämlich die Deutschen zunächst einmal mit Reformen in Ruhe zu lassen. Das hat gut funktioniert, weil die positiven Wirkungen der Agenda 2010 nachhaltig waren. Übrigens: nachhaltiger, als ich es selbst, aber eben auch Teile der Wissenschaft vermutet haben. Trotz der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 steht Deutschland ökonomisch, aber eben auch arbeitsmarktpolitisch glänzend da."

Quellen: BVUK. Verband, Markt und Mittelstand, SPD, www.gerhard-schroeder.de

Autor(en): Meris Neininger

Zum Themenspecial "bAV"

 

Alle Personalien News