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Telegutachten

1. Begriff: Gutachten auf der Basis von Bildern oder Videoaufnahmen/-livestreams ohne Vor-Ort-Besichtigung seitens des Gutachters. Insbesondere in der Kfz-Versicherung eingesetztes Verfahren zur Ermittlung und Dokumentation von voraussichtlichen Reparaturkosten.

2. Ziele: Mit einem Telegutachten sollen die Kosten für die Erstellung einer Reparaturkostenkalkulation um den Teil reduziert werden, der auf die An- und Rückfahrt sowie auf die Besichtigung vor Ort entfällt. Telegutachten dienen damit der Prozesskostenoptimierung.

3. Merkmale: Telegutachtenunterscheiden sich von gewöhnlichen Gutachten dadurch, dass der Gutachtenersteller das beschädigte Fahrzeug nicht unmittelbar und vor Ort in Augenschein nimmt. Stattdessen dienen Bilder, Videoaufnahmen oder -livestreams als Grundlage für seine Feststellungen. Nicht zwingend, aber üblicherweise übernimmt die Werkstatt die Tätigkeit vor Ort, indem sie das notwendige Bildmaterial erstellt und dem Ersteller der Reparaturkostenkalkulation elektronisch übermittelt.

4. Würdigungen: Telegutachten werden von den berufsständischen Vereinigungen, wie dem Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK), kritisch gesehen und als nicht vollwertige Gutachten abgelehnt. Für sie ist ein Gutachten zwingend mit einer unmittelbaren Inaugenscheinnahme des Schadens am Fahrzeug verbunden. Die Befürworter von Telegutachten für die Reparaturkostenermittlung betonen demgegenüber, dass insbesondere bei Standardschäden die notwendigen Feststellungen auch in der beschriebenen Art und Weise zuverlässig möglich sind.Entscheidend sei, dass die fachliche Qualifikation des (Gutachten-)Erstellers der eines qualifizierten Gutachters entspreche und dass das Bildmaterial den Schaden umfassend und aussagekräftig darstelle. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sei eine Vor-Ort-Besichtigung durch den arbeitsteiligen Prozess gleichwertig substituierbar. Auch verweisen die Befürworter auf die Praxis im benachbarten Ausland, wo Telegutachten in erheblichem Umfang erstellt und in der Schadenregulierung verwendet werden.

Autor(en): Dr. Jochen Tenbieg

 

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