13 Prozent mehr Beschwerden über PKV

Der Hang zur Kulanz der privaten Krankenversicherer (PKV) lässt angesichts existenziell verschlechterter politischer Rahmenbedingungen merklich nach. Dies zeigt sich auch in der Zahl schriftlicher Eingaben beim PKV-Ombudsmann 2007, die um rund 13 Prozent auf 3.974 gestiegen ist.

Allerdings hatten unzufriedene Kunden nur in 28,5 Prozent der erledigten Fälle ganz oder teilweise Erfolg mit der Beschwerde (2005: 41,7 Prozent). Ein Grund: Täglich gibt es 25 telefonische Anfragen, bei denen bereits am Telefon das Problem gelöst werden kann, sagt Dr. Helmut Müller, seit 1. November 2007 PKV-Ombudsmann.

Beschwerden überwiegend bei Krankheitskosten-Vollversicherung
Die schriftlichen Beschwerden – 3.500 waren zulässig ­– betrafen ganz überwiegend die Krankheitskosten-Vollversicherung (80 Prozent), gefolgt von Krankenhaustagegeld- und anderen Zusatzversicherungen (neun Prozent), Krankentagegeldversicherung (acht Prozent), Pflegeversicherung und Reise-Krankenversicherung (je 1,5 Prozent). Wie der Ombudsmann in seinem „Tätigkeitsbericht 2007“ schreibt, fächern sich die zulässigen Beschwerden bei der Krankheitskosten-Vollversicherung in verschiedene Gründe auf. Der Streit entfällt zu
- 26,1 Prozent auf die medizinische Notwendigkeit der Behandlung (2006: 18,1 %),
- 16,5 Prozent auf Gebühren-Streit, Höhe der Behandlungskosten (2006: 17,7 %),
- 11,1 Prozent auf Streit zur Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (2006: 12,6 %),
- 5,9 Prozent auf Beitragshöhe oder -anpassung (2006: 7,8 %),
- 9,9 Prozent auf Rücktritt des Versicherers bzw. Kündigung (2006: 5,7 %),
- 4,0 Prozent auf Ärger zum Tarifwechsel,
- 3,1 Prozent zu Risikozuschlägen bzw. Leistungsausschlüssen.

Veraltete Gebührenordnung
Der Zank um die Behandlungskosten sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die veralteten Gebührenordnungen der Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ) den medizinischen Fortschritt nicht adäquat berücksichtigen. Daraus resultierten bisweilen unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Leistungen sich mit welchen der in den Gebührenordnungen vorgegebenen Möglichkeiten abbilden lassen. Deutlich zugenommen haben auch Auseinandersetzungen um die medizinische Notwendigkeit bestimmter Behandlungen und die Beitragssteigerungen der Versicherer.

Keine verbindlichen Entscheidungen möglich
In 27 Fällen (2006: 34) sprach der Ombudsmann unverbindliche Empfehlungen aus, das sind Schlichtungsvorschläge, bei denen es Versicherer und Kunden überlassen bleibt, ob sie ihnen folgen wollen. Da die Versicherer von sich aus fast nie Vergleichslösungen anbieten, habe der Ombudsmann eine solide Plattform, „Mittelwege einzuschlagen und Kompromisse zu suchen“, heißt es im Bericht. Allerdings störe den Erfolg, dass Müller keine Möglichkeit hat, verbindliche Entscheidungen zu treffen. Zudem seien mehrere Beschwerdebereiche wie „Beitragsanpassungen“ von „Natur aus erfolglos. Betroffenen stehe immer der Rechtsweg offen. Bei den zulässigen Beschwerden endete das kostenlose Ombudsmann-Verfahren in 71,5 Prozent der Fälle mit einem Misserfolg des Kunden (2006: 64,4 %).

Bearbeitung dauert rund ein halbes Jahr
Im Laufe des Jahres 2007 wurden 2.812 Eingaben erledigt (2006: 3.047). Die Bearbeitung dauert derzeit im Schnitt 26 Wochen (2006: 24,5 Wochen). Nicht ganz so dringende Fälle müssten gar bis über ein Jahr abwarten. Durch Stärkung des Personals im zweiten Halbjahr 2007 soll dieser dauerhafte Missstand nun endlich abgestellt werden. Für den Verbraucher ist und bleibt die Beschwerde kostenlos – abgesehen vom Brief-Porto oder dem Anruf beim Ombudsmann (Tel.: 0180 255 0 444). Lediglich die mögliche Einschaltung eines Rechtsanwalts oder Reisekosten muss der Kunde in Zweifel selbst tragen.

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Detlef Pohl

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