2012 noch keine Vertriebskostendämpfung

Der PKV-Verband hat seinen ausführlichen Zahlenbericht vorgelegt. Die Vollversicherten nahmen leicht, das Wechslergeschäft stark ab, was sich allerdings nicht ganz wie erwartet in den Vertriebskosten niederschlägt. Dafür legten schon vor Beginn der Bahr-Förderung die Pflegezusatzversicherungen kräftig zu.

Im Jahr 2012 zeigen sich deutliche Bremsspuren in der Entwicklung der privaten Krankenversicherung. Der Versichertenbestand in der Vollversicherung ging nach Auskunft des PKV-Verbands um 20.100 Personen oder 0,2 Prozent auf 8,96 Millionen zurück. Nachdem kürzlich die Bevölkerungszahl Deutschlands nach unten korrigiert wurde, ist damit gut jeder neunte Bundesbürger privat vollversichert.

Wechselgeschäft und Umdeckungen gesunken
Der Rückgang erklärt sich unter anderem aus einem reduzierten Wechsel. Traditionell stellen höher verdienende Angestellte den wichtigsten Zufluss aus der gesetzlichen in die grivate Krankenversicherung sicher. Dieser Zustrom fiel 2012 um 31,6 Prozent oder 73.300 Personen niedriger aus als im Jahr zuvor, es wechselten insgesamt 158.700 Personen. Einen leichten Anstieg um 2,6 Prozent oder 4.100 Personen gab es bei denen, die in die GKV zurückwechselten, was in der Regel durch Wiedereintritt in die Versicherungspflicht und damit überwiegend unfreiwillig erfolgt. Unter dem Strich ergab sich damit 2012 ein negativer Wanderungssaldo von 3.000 Personen gegenüber einem positiven von 74.400 ein Jahr zuvor.

Dieser Rückgang entspricht auch nahezu demjenigen im Bruttoneugeschäft. Dieses schrumpfte um 15,4 Prozent oder 75.200 Personen. Damit wurden 413.100 Personen entweder erstmals in die PKV aufgenommen - zum Beispiel nachgeborene Kinder oder Existenzgründer – oder von einem anderen Krankenversicherer abgeworben. Wie viel Personen genau umgedeckt wurden, wird vom Verband nicht aufgeschlüsselt.

Provisionsdeckel entfaltete 2012 noch keine erkennbare Wirkung
Die Abschlussaufwendungen sanken allerdings nicht im gleichen Maß, sondern nur um 6,7 Prozent oder 185 Millionen Euro auf insgesamt 2,57 Milliarden Euro. Ein Teil der Differenz wird durch den Zuwachs bei der Krankenzusatzversicherung erklärbar sein. Dennoch dürfte unter dem Strich das Bruttoneugeschäft teurer eingekauft worden sein. Der PKV-Verband schreibt dazu sehr zurückhaltend, dass die Wirkung der von ihm angeregten gesetzlichen Deckelung der Provisionshöhe in Verbindung mit einer fünfjährigen Stornohaftung noch abzuwarten bleibt. Erst 2013 wird das erste volle Jahr sein, in dem diese Regelungen Wirkung zeigen sollten - sowohl beim Umdeckungsgeschäft als auch bei den Abschlussaufwendungen.

Als Gründe für die Rückgänge beim Neugeschäft werden die gute Arbeitsmarktlage und dadurch bedingte Rückkehr mancher Selbstständiger in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit, aber auch eine abwartende Haltung vor der Unisex-Tarifumstellung sowie negative Presseberichte genannt.
Die Verwaltungsaufwendungen der Versicherer sind um 5,9 Prozent oder 50 Millionen Euro auf insgesamt 900 Millionen Euro gestiegen. Dies entspricht rund 2,5 Prozent der Beitragseinnahmen.

Kräftiger Anstieg der Alterungsrückstellungen
Die Kostenentwicklung bei den Versicherungsleistungen ist eher verhalten. Insgesamt weist der Verband 1,9 Prozent Mehrausgaben aus. Stationäre Leistungen gingen sogar leicht um 0,5 Prozent zurück, was vor allem auf eine geringere Inanspruchnahme von Wahlleistungen im Krankenhaus und Krankenhaustagegeld zurückzuführen ist. Ambulante Leistungen stiegen um 1,6 Prozent, Zahnleistungen um 6,6 Prozent. Größter Kostentreiber scheint der Zahnersatz zu sein, für den die Versicherer 8,0 Prozent mehr ausgaben als ein Jahr zuvor. Die Alterungsrückstellungen erreichen inzwischen 155 Milliarden Euro in der Kranken- und weitere 25 Milliarden Euro in der Pflegeversicherung. Diese Vorsorge stieg um 6,2 Prozent zum Vorjahr.

Der PKV-Verband sorgt sich weiter um die Zukunft der Vollversicherung, die im Bürgerversicherungssystem keinen Platz mehr hätte. Immerhin 72,8 Prozent ihrer Beitragseinnahmen beruhen auf diesem Bereich. Damit wären Konzepte utopisch, nach denen ein stärkerer Verkauf von Zusatzversicherungen wegfallende Einnahmen der Vollversicherung ersetzen sollten.

Die Beitragseinnahmen stiegen um 3,2 Prozent in der Vollversicherung, in der Pflegeversicherung konnten sie um fünf Prozent gesenkt werden. Aus der Zusatzversicherung erlösten die Anbieter 5,1 Prozent mehr. Insbesondere Pflegezusatzversicherungen nahmen schon vor Beginn der staatlichen Förderung stark um 16,3 Prozent auf knapp 2,2 Millionen Verträge zu. Insgesamt stieg die Zahl der Zusatzversicherungsverträge um 2,5 Prozent auf knapp 23,1 Millionen. Das Schwergewicht darin machen die GKV-Zusatzversicherungen mit knapp 17,6 Millionen Verträgen aus, was einem Wachstum von 2,4 Prozent entspricht.

Die PKV beklagt auch rund 750 Millionen Euro Außenstände, die von 145.000 Nichtzahlern verursacht sind. Ein Notlagentarif soll hier Abhilfe schaffen, der einen reduzierten Leistungsumfang wie bei ruhenden Vollversicherungen vorsieht, also Leistungen nur bei akutem Bedarf vorsehen.

Autor(en): Matthias Beenken

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