Altersvorsorge: Gute Chancen für "Quasi-Pflicht"

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Eine Pflicht zur zusätzlichen privaten Altersvorsorge hat der neue Chef des Ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, gefordert. Gegenüber der "Rheinische Post" sagte Fuest: "Es sollte eine Pflicht für jedermann sein, nachzuweisen, dass er für das Alter vorsorgt." Doch selbst der Finanzfachmann ist skeptisch, ob eine so weitreichende Zwangsmaßnahme politisch durchsetzbar ist. Daher fordert Fuest als milderes Mittel zumindest eine Opting-Out-Regel für abhängig Beschäftigte. "Erfahrungsgemäß wiedersprechen die meisten Leute dann nicht", so Fuest.

Ein Opting-Out könnte auch beim Steuervorteilsmodell des Finanzministers Wolfgang Schäuble eine bedeutende Rolle spielen. Schäuble hat vorgeschlagen, dass Geringverdiener künftig jährlich bis zu 450 Euro ansparen können, ohne das ihr Nettoeinkommen sinkt. Laut dem Finanz-Staatssekretär Michael Meister gehe es in den Koalitionsverhandlungen nur noch darum, ab welchem Einkommen der Zuschuss gezahlt wird. Für eine solche Lösung würde sich – gerade um direkt Anfangserfolge zu erzielen - ein Opting-Out wohl besonders gut eignen.

Reformerfolg nur mit vielen Köpfen

Demgegenüber steht die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) einer automatischen Betriebsrente mit Abwahlrecht noch skeptisch gegenüber. Dabei stellte die aba auf ihrer Jahrestagung ein Modell vor, beim dem steuerlich zu einem Drittel gefördert, der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter 720 Euro pro Jahr in einen der derzeitigen Durchführungswege einzahlt. Was das den Staat kostet hat aba bereits für zehn Millionen Arbeitnehmer hochgerechnet - ohne zu erklären, wie eine hohe Durchdringungsquote in der Praxis ermöglicht wird.

Arbeitgeber sind Hardliner
Vollkommen abgelehnt wird ein Opting-Out weiterhin von den Arbeitgebern. "Dies würde die Bürokratielasten nochmals steigern und die angestrebte flächendeckende und dauerhafte Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge wäre dennoch ungewiss", heißt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Erfahrungen aus dem Ausland haben hingegen das Gegenteil bewiesen. Gleichzeitig fordert der BDA, in seinem im Mai 2016 vorgelegten Papier "Nachhaltige Finanzierbarkeit und Leistungsfähigkeit unserer Alterssicherungssysteme sicherstellen", die Riester-Förderung deutlich zu erhöhen und für Selbstständige zu öffnen.

Rentenniveau muss sinken

Einig ist man sich aber beim BDA und beim Ifo-Institut, dass ein Rückschritt bei der Rentenformel fatale Wirkung haben würde. Bei steigender Lebenserwartung und weniger Geburten, bekomme die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung immer größere Schwierigkeiten, weil auf jeden Rentner immer weniger potenzielle Beitragszahler kommen. "Deshalb war die Entscheidung des Gesetzgebers, das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung schrittweise zu senken und gleichzeitig die zusätzliche Altersvorsorge durch Steuervorteile und eine sozial gestaffelte Zulagenförderung zu erleichtern, geboten", heißte es beim BDA.

Noch deutlicher wird Ifo-Chef Fuest, der von einem Stopp der Absenkung des Rentenniveaus deutlich warnt: "Das würde die jungen Generationen stark belasten. Wir haben ja nicht aus Jux und Dollerei die Leistungen reduziert, sondern weil die Zahl der Rentner wächst und die der Beitragszahler sinkt. Wer jetzt sagt, das Rentenniveau soll höher sein, muss sagen, wie er das finanzieren will: durch höhere Beiträge oder höhere Steuern zu Lasten der Jüngeren?"

Bild: © Alexander Raths/Fotolia.com

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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