Arag SE: Trotz Corona-Krise positiv unter Strom

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Die Zahlen können sich sehen lassen: Prämieneinnahmen von 1,79 Milliarde Euro, ein Versicherungstechnisches Ergebnis von 98,5 Millionen Euro, Jahresüberschuss des Konzerns 77,5 Millionen Euro und so weiter. 2019 war für die Arag ein Rekordjahr. 2020 wird dies kaum zu toppen sein, denn Corona bremst den Versicherer natürlich aus. Doch dies kann die Stimmung bei den Düsseldorfern nicht trüben.

Die Arag hat ihre Ergebnisse im Vergleich zu den Vorjahren „klar verbessern können“ und auch der Start ins Jahr 2020 sei außerordentlich gut gelungen, freute sich Paul-Otto Faßbender, Vorstandsvorsitzender der Arag SE auf der Bilanz-Pressekonferenz, natürlich als Telefonschalte. Mit Sätzen wie „Die Entwicklung des Konzerns war herausragend“, betonte Faßbender immer wieder wie zufrieden er mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr war. Aus diesem Grund könnte sein Haus der Covid-19-Krise aus einer wirklich starken Position heraus begegnen, ergänzte Faßbender selbstbewusst. Leugnen wollte er aber nicht, dass der „exogene Schock an den Börsen“ einen Sach- und Krankenversicherer wie den seinigen nicht auch getroffen hätte, aber nicht so stark wie die Lebensversicherer.  

Online- Vertriebsweg um elf Prozent angezogen

Faßbender listete in der Bilanz-PK diverse Kernzahlen seines Unternehmens auf, die das abgelaufenen Geschäftsjahr gekennzeichnet hätten und seine Stärke untermauere: National und international betreut das Unternehmen acht Millionen Policen, im Vorjahr waren es noch 7,1 Millionen Policen. Das Versicherungsgeschäft wuchs um 6,6 Prozent, in Deutschland lag das Beitragsplus bei 4,7 Prozent, die Kundenbasis wurde um vier Prozent ausgebaut, das internationale Geschäft konnte um stolze neun Prozent gesteigert werden. Der Online- Vertriebsweg nahm um elf Prozent zu, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit verbesserte sich sogar um 70 Prozent.

Nicht unerwähnt wollte Faßbender auch die gestärkte Eigenkapitalbasis lassen: Die stieg um 14 Prozent auf 558 Millionen Euro. Sicher eine wichtige Grundlage für die Zukunft. Insgesamt erziele der Konzern Bruttobeitragseinnahmen von 1,76 Milliarden Euro gegenüber 1,65 Milliarden Euro im Vorjahr. Das entspricht einem Zuwachs von 110 Millionen Euro. Damit habe der Konzern den Verkauf des Lebensversicherungsgeschäfts „mehr als kompensiert“ und sogar noch ein Jahr früher als geplant. Auf dem stark umkämpften deutschen Markt hätten 2019 die Beitragseinnahmen erstmals in der Geschichte des Unternehmens über der Marke von einer Milliarde Euro.  

Das Rechtsschutzsegment der Düsseldorfer, deren stärkstes Segment, ist um 8,1 gewachsen, in Deutschland kämen sie dabei ein Beitragsplus von 5,3 Prozent. Die Beiträge der Arag Kranken stiegen um 5,2 Prozent, im Komposit-Segment belief sich der Anstieg auf 4,3 Prozent.

Geplanter Abgang in schwierigen Zeiten

Für den scheidenden Noch-Vorsitzenden der Arag SE, Paul-Otto Faßbender, keine schönen Rahmenbedingungen für einen Abgang. Er verlässt nach 20 Jahren zwar ein sehr gut aufgestelltes Haus, aber Corona macht einen Abgang in würdigem Rahmen eher unmöglich. Doch Faßbender nahm es in der gestrigen Pressekonferenz mit Fassung. Faßbender wird also planmäßig am 3. Juli 2020 sein Vorstandsmandat auslaufen lassen und dann möglichst Mitglied des Aufsichtsrats der Arag SE werden. Sein Vorstandsmandat der Arag Holding SE will Faßbender weiterhin innehaben. Auch die Corona-Krise sieht der Versicherungsexperte nicht als Grund an, „von diesem Fahrplan abzuweichen“. Dabei lobte er das schnelle und anpassungsfähige Verhalten des Vorstandsteams, das dieses Festhalten an den Übergabeplänen ermöglicht hätte.

Im April wurde eine neue Geschäftsverteilung vereinbart. Danach wird sein Nachfolger und der künftige Sprecher des Vorstands, Renko Dirksen, also wie geplant ab Anfang Juli die Verantwortung für folgende Bereiche übernehmen: Asset Management, Konzernentwicklung, Betriebsorganisation, Recht/Compliance und Konzernkommunikation/Marketing. Für die Bereiche Human Resources und Revision wird ein neues Vorstandsressort geschaffen, das Werenfried Wendler leiten soll.

Marginal veränderte Schadenquote, leicht gesunkene Kostenquote

Was für 2019 bei der Arag markant ist, ist der enorme Anstieg des Schadenaufwands. So wurden 936, 5 Millionen Euro an die Kunden ausbezahlt, ein Zuwachs von 7,5 Prozent zum Vorjahr. Die Gründe dafür: Gestiegen Aufwendungen in der Krankenversicherung und die Folgen durch den Diesel-Skandal. Die Schadenquote veränderte sich durch das starke Wachstum aber nur marginal und zwar 53,1 Prozent von auf 53,3 Prozent. Die Kostenquote sank leicht von 35,5 Prozent auf 35,3 Prozent. Obwohl der Jahresüberschuss ordentliche 77, 5 Millionen Euro ausmacht, wird der Konzern – in Anbetracht der aktuellen Krisenlage – nicht mehr Dividende ausschütten. Das heißt: Wie 2019 sollen auch dieses Jahr wieder zehn Millionen ausgeschüttet werden.

In diesem Kontext betonte der Vorstandsvorsitzende den engen Zusammenhalt und die geschlossene Mannschaftsleistung, die zu den guten Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahrs geführt hätten.

Und wie sieht es nun aus. O-Ton Faßbender: „Am Beginn der neuen Dekade steht der Arag-Konzern weiterhin positiv unter Strom, auch wenn die Covid-19-Krise unsere Jahresplanung für 2020 klar durchkreuzt hat.“ Doch trotz dieser misslichen Situation ist der Arag-Noch-Chef fest davon überzeugt, dass auf Grundlage der „exzellenten Unternehmenskultur“ der Schock gut überwunden werden könne.

Beitragsniveau insgesamt stabil halten können

Froh, dass die Arag so „konservativ ausgerichtet ist“, vermerkte das Vorstandsmitglied Renko Dirksen, in Anbetracht der schwierigen Entwicklung an den Aktienmärkten. Musste aber hinzufügen, dass „das Beitragsziel von 1,84 Milliarden Euro für 2020 nicht zu erreichen sein wird. Wir sind aber trotzdem zuversichtlich, dass wir das Beitragsniveau insgesamt stabil halten können.“

Überzeugt zeigte sich Dirksen, dass die Corona-Krise der ultimative Test für die digitale Leistungsfähigkeit eines Versicherers sei. Diesen Test hätte sein Unternehmen bestanden und die enormen Investitionen hätten sich nun ausgezahlt. Dafür hätten sie unter anderem alle Mitarbeiter schon 2019 mit Laptops ausgerüstet.

Frühzeitig durch internationale Aufstellung gewarnt

Der Betrieb liefe aus diesem Grund auch absolut problemlos und dies trotz des deutlich gesteigerten Servicebedarfs, vor allem im Rechtsschutzbereich. So erledige aktuell 95 Prozent der Belegschaft seine Arbeit von Zuhause aus. Auch die gesamte Ausschließlichkeitsorganisation sei im vergangenen Jahr auf einen vollständig digitalen Verkaufsprozess umgebaut worden. Auch durch die internationale Aufstellung des Unternehmens, sprich durch die Niederlassung in Norditalien, sei sein Haus schon frühzeitig gewarnt gewesen, welche Welle hier auf sie zurollen werde.

Was durch die Corona-Krise jetzt besonders im Vordergrund stehe, sein der Bedarf der Kunden nach rechtlicher Orientierung. Darauf hätten sie sehr schnell reagiert und für Kunden, aber auch Nicht-Kunden neue Hilfeangebote geschaffen. Allein im Arbeitsrecht hätten die Anfragen um 75 Prozent zugelegt, in anderen Rechtsbereichen läge der Zuwachs bei gut 50 Prozent. Aus diesem Grund bietet die Arag seit April eine kostenlose Beratung für alle Bürger durch diverse Rechtsanwälte an, außerdem wurden noch Beratungs-Bots für Rechtssuchende programmiert. Und diese diversen Formen der Digitalisierung vereinfachten dem Kunden den Zugang zum Recht. Die Quintessenz für das Unternehmen: Weiter in die Digitalisierung zu investieren.  

Corona-Krise auch als Chance betrachten

Dirksen sieht die Corona-Krise auch als Chance für sein Haus, sozusagen als eine Erziehungsmaßnahme. Die Krise zeige, dass eine Verquickung von analogen und digitalen Prozessen allen Beteiligten viele Vorteile bringe. So denkt der Versicherer wohl über neue Arbeitsmodelle nach, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter möglicherweise eher entsprechen als die bisherige Arbeitsweise. Dies könne auch die eigene Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen. Keineswegs solle dies aber zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.

„2020 werden wir sicher Kunden verlieren und ein deutlich schlechteres Ergebnis sehen. Aber auf Grund unserer robusten Aufstellung werden wir diese Krise meistern. Und auf jeden Fall sind die Erfahrungen, die wir jetzt sammeln, sehr wertvoll für uns“, zeigte sich Dirksen am Ende der Bilanz-PK für die nahe Zukunft optimistisch gestimmt.

Autor(en): Meris Neininger

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