"Assekuranz im Aufbruch": Finanzkrise bei Versicherern angekommen

Die Finanzkrise ist mittlerweile bei den Versicherern angekommen. So sprach bei der neunten Handelsblatt-Jahrestagung "Assekuranz im Aufbruch" am 4. März in München Dietmar Meister, Vorstandssprecher der Generali Deutschland Holding, von aktuellen Rückgängen im Neugeschäft in der Lebensversicherung durch die Finanzkrise "im zweistelligen Bereich".

Zum einen seien, so der Generali Deutschland-Chef, die Versicherer indirekt in ihren Bilanzen durch die Entwicklung an den Aktienmärkten betroffen - vor allem 2008 und sicher auch 2009. Meister wörtlich: "Wir sollten nicht so tun, als hätten wir mit der Finanzkrise nichts zu tun." Im letzten Jahr hatte bei der gleichen Veranstaltung der damalige Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Bernhard Schareck, noch gesagt, dass die Finanzkrise keine Krise der Versicherungswirtschaft sei.

Rezession macht Versicherern zu schaffen
Andererseits habe die Branche auch durch die derzeitige Rezession zu leiden, erklärte Meister. Zwar gebe es kurzfristig keine spürbaren Auswirkungen im Vertrieb von Sachversicherungen. Die momentane Verunsicherung der Bevölkerung wirke sich aber derzeit negativ auf das Neugeschäft von Lebensversicherungen aus. Die täglichen Schreckensmeldungen führten bei Verbrauchern eher zu einer abwartenden Haltung und nicht zu einem langfristigen Engagement, wie es bei Lebensversicherungen naturgemäß notwendig sei. Die Branche generiere aber immer noch genügend Beitragseinnahmen aus den Versicherungsbeständen, so dass die Versicherer nicht unter Zugzwang stünden und es deshalb für hektische Reaktionen keinen Anlass gebe.

Und schließlich gebe es auch große Chancen für die Versicherer, durch die Krise gestärkt hervorzugehen. So forderte Heinrich Focke von A. T. Kearney in einer Podiumsdiskussion, dass sich die Versicherer mit langfristigen Sicherheiten und Garantien deutlich positiv von den Banken absetzen können, die in der Funktion als Transaktionsmanager das Kapitalmarktrisiko oft komplett beim Kunden belassen. Auch Meister wies darauf hin, dass der Lebensversicherungskunde seine in den letzten Jahren bereits ersparten Garantien und Überschussbeteiligungen sicher habe – es gebe keine Verluste wie etwa bei Fondssparern.

Wachstumspotenziale trotz Krise vorhanden
Insgesamt gebe es auch künftig viel Wachstumspotenzial für die Assekuranz. Martin Strobel, Vorsitzender der Konzernleitung der Baloise-Holding, wies auf das zunehmende Sicherheitsbedürfnis der Deutschen hin und auf die demographische Entwicklung. Ertragreiches Wachstum sei selbst in gesättigten Märkten möglich, zum Beispiel durch Innovationen. Fred Wagner, Professor an der Universität Leipzig, machte auf die Themen Rente, Gesundheit und Pflege Aufmerksam, die den Vorsorgemarkt noch nicht als gesättigt erscheinen lassen.

Focke wies auf das Thema Nachhaltigkeit hin, einem bisher völlig unterschätztem Wachsumfeld in der Assekuranz. Nachhaltige Produkte und Unternehmensprozesse seien für Versicherer mittelbar und unmittelbar finanziell attraktiv. Eine breite Zielgruppe in der Mitte der Gesellschaft lege immer mehr Wert auf Gesundheit und Nachhaltigkeit, insbesondere auf den bewussten Umgang mit Ressourcen. Die so genannten „LOHAS“ (Lifestyle of Health and Sustainability) machten 15 bis 20 Millionen Menschen in Deutschland aus. Hier gelte es für die Versicherer, überzeugende Konzepte zur Marktausschöpfung zu finden.

Autor(en): Bernhard Rudolf

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