Ausschließlichkeit: Wechselbereitschaft wächst

Die Treue zur eigenen Ausschließlichkeitsorganisation scheint bei den Vermittlern zu bröckeln. Konnten sich vor drei Jahren im Rahmen einer Studie des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zur Strukturanalyse für das Jahr 2010 noch 13,2 Prozent der Ausschließlichkeitsvermittler einen Wechsel vorstellen, sind es laut einer aktuellen Studie des AdvilA-Netzwerkes bereits 40 Prozent, die Wechselbereitschaft zeigen, wenn das Angebot stimmt.

Jüngst erstellte das AdvilA-Netzwerk eine umfassende Markttrendstudie bei 40.000 Vermittlern aus den Ausschließlichkeitsorganisationen (AO) der Finanz- und Versicherungsbranche. "Ziel unserer internetbasierten Umfrage war es, ein aktuelles umfangreiches Stimmungsbild der Branche darzustellen. Im Unterschied zu den regelmäßig durchgeführter statistischen Erhebungen im Maklerbereich, gab es unserer Meinung nach für die AO in letzter Zeit keine verlässlichen Zahlen. Es ähnelte eher einer Blackbox, von der man außer den Veröffentlichungen der Vermittlerregister über die Anzahl der Vermittler in der AO nicht viel wusste", so Thomas Suchoweew, der zusammen mit Oliver Petersen im Jahre 2008 das Netzwerk gründete.

Überalterung trifft auch die AO
Nicht neu ist die durchgängige Überalterung in der kompletten Vermittlerlandschaft. Hier ist auch in der AO laut AdvilA-Studie keine Ausnahme festzustellen. Gerade einmal knapp über 30 Prozent der AO-Vermittler sind unter 40 Jahre alt. Dagegen geht ein Drittel der Vermittler in den kommenden 15 Jahren in Rente. Mit 35,35 Prozent den Löwenanteil in der AO machen derzeit die 40-50-Jährigen aus. Das Nachwuchsproblem betrifft auch die Versicherungsgesellschaften. In diesem Zusammenhang auffällig ist die Treue zur Gesellschaft. Laut AdvilA-Netzwerk-Studie bleiben die gebundenen Vertreter im Durchschnitt 12,5 Jahre ihrer Gesellschaft treu.

Zufriedenheit hoch, doch Wechselbereitschaft ebenso
Deutliche Erkenntnisse zeigt die Studie beim Thema Zufriedenheit in der AO. Fast 60 Prozent der Vertreter sind derart mit ihrer Gesellschaft zufrieden, dass ein Wechsel für sie nicht in Frage kommt. Gründe hierfür sind unter anderen die Haftungsübernahme, die genauere Produktkenntnis, der Kundenbestand mir samt den kalkulierbaren Provisionseinnahmen und somit die finanzielle Sicherheit.
Im Umkehrschluss sind 40 Prozent der Befragten einem Wechsel grundsätzlich nicht abgeneigt. "77 Prozent der befragten Vertreter sind der Meinung, dass sich das Führungsverhalten und die Führungsqualität in den AO-Organisationen deutlich verschlechtert hat", so Petersen. Hinzu kommt permanent steigender Umsatzdruck, Provisionskürzungen, steigende administrative Aufgaben oder auch die Vorschrift der Gesellschaften, welche Produkte bevorzugt verkauft werden sollen.

Wunschberuf Makler

Auf die Frage nach der Alternative, könnte sich die Hälfte der Wechselwilligen vorstellen, künftig als Makler zu agieren. 23,4 Prozent favorisieren den Wechsel innerhalb der AO zu einem anderen Versicherer, während sich 13,7 Prozent vorstellen könnten als Honorarberater beziehungsweise 12,9 Prozent als Mehrfachagent zu arbeiten. Auf Nachfrage unter den Wechselwilligen, warum sie die neue Herausforderungen noch nicht umgesetzt haben, antworten 87 Prozent, dass ihnen das Know-how fehle, den Wechsel professionell umzusetzen. Zudem fürchtet mit 96 Prozent fast jeder, finanzielle Einbußen zu erfahren. Dennoch ist sich Suchoweew sicher: "Der unabhängige Vertrieb wird in den nächsten Jahren Marktanteile gewinnen."

Bestandsprovision immer wichtiger
Diese finanziellen Einbußen werden mit Blick auf die Studienergebnisse zum Thema Verteilung der Einnahmen umso verständlicher. Während Strukturvertriebe sowie einzelne Maklerpools meist von den Abschlussprovisionen leben, ist hier in der AO eine andere Entwicklung festzustellen. Mehr als die Hälfte der Vermittler beziehen über 50 Prozent ihrer Provisionseinnahmen aus Bestandsvergütungen. Fast 30 Prozent der Außendienstler generieren ihren Umsatz sogar über 80 Prozent aus den laufenden Provisionen, während gerade einmal 9,27 Prozent erklärten, sie würden 80 Prozent ihrer Provisionseinnahmen aus der Abschlussvergütung beziehen. Insgesamt betrug die durchschnittliche Bestandsgröße der befragten Vermittler 786.000 Euro.

Doch diese Einnahmen könnten künftig durch den Druck des Internets deutlich geringer ausfallen. "Kunden vergleichen zunehmend im Internet. Bald werden sie diese Produkte gleich im Internet abschließen", ist sich Petersen sicher. Und Unterstützung der Gesellschaften scheint es bis dato kaum zu geben. So monieren die befragten AO-Vermittler, dass sich die Gesellschaften kaum mit Lösungen beschäftigen, wonach die Kunden online über eine Agenturhomepage Produkte direkt abschließen können.

Bild: © Uwe Steinbrich/

Autor(en): Marc Oehme

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