BaFin-Aufsicht mit Kammeraufsicht kombinieren – ein Vorschlag

740px 535px

Die Bundesregierung hat in dem „Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater“ die Übertragung der Aufsicht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgeschlagen. Nicht jedem schmeckt dieser Vorschlag.

Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates haben dem Bundesrat empfohlen (Drucksache 163/1/20) den Gesetzesentwurf abzulehnen. Dies ist eine bemerkenswerte Entwicklung, denn bekanntlich sind CDU, CSU und SPD – die  die Bundesregierung stellen – auch führend im Bundesrat vertreten. Auch die Grünen, die sich auf Bundesebene für den Wechsel der Aufsicht aussprechen, sind in etlichen Landesregierungen vertreten.

Aus Sicht der Verbraucherschutzes keine Verbesserung

Die Begründung des federführenden Ausschusses des Bundesrates ist mehr als lesenswert: „Es liegen keine Missstände vor, die eine Übertragung der Aufsicht erforderlich machen würden. Die Übertragung der Aufsicht auf die BaFin wäre mittelstandsfeindlich und würde auch aus Sicht der Verbraucherschutzes keine Verbesserung bringen.“

Ferner führt der Bundesratsausschuss aus, dass die Bundesregierung sich „nicht substantiiert genug mit möglichen Regelungsalternativen auseinandergesetzt hat – wie beispielweise einer zweistufigen Lösung, die BAFin und bisherige Aufsichtbehörden einbezieht“.

Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag des Institut für Kammerrecht (1/10) an der Universität Halle an der Saale interessant. Das Institut für Kammerrecht führt aus, dass es dem Bundesgesetzgeber möglich wäre, eine „öffentlich-rechtliche Organisation zu schaffen. Dazu bedürfte es auch nicht der Schaffung einer kompletten Organisationsstruktur. Vielmehr würde es ausreichen, einen öffentlich-rechtlichen Ausschuss zu etablieren, der für enumerativ bestimmte Aufgaben zuständig wäre.“

Auch gegenüber Europa besser organisiert

Durch die Einführung eines derartigen öffentlich-rechtlichen Ausschusses unter der formalen Leitung der BaFin und den Industrie- und Handelskammern sowie den Gewerbeämtern wäre eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern mit einer schlanken Struktur möglich. Die einzelnen Industrie- und Handelskammern könnten sich beispielsweise durch die Arbeitsgemeinschaften auf Länderebene oder die Fachausschüsse des Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) auf Bundesebene vertreten lassen. Ebenso wäre dies bei den Gewerbeämtern durch die kommunalen Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene möglich. Auch gegenüber Europa wäre die Aufsicht der Vermittler besser organisiert, denn das Argument, dass in anderen EU-Ländern die nationalen Behörden – bei der Aufsicht der Vermittler tätig wären, in Deutschland aber nicht, würde nicht mehr „ziehen“. 

 

Schnell und kostengünstig möglich

Die BaFin könnte den Vorsitz in dem Ausschuss als Bundesbehörde inne haben und die in der Regel  sehr kleinen Vermittlerbetriebe – teilweise auch Solo-Selbstständige – würden die Aufsicht mit regionalen Ansprechpartnern behalten.
Sofern kurzfristig erforderlich, wäre eine Kontrolle vor Ort beim Vermittler schnell und kostengünstig möglich – statt einer langen Anreise der Bafin aus Bonn beispielsweise nach Passau oder Schwerin.

Die Kosten der Aufsicht wären weiterhin günstig wenn  „nur“ die Gebühren der Kammern und Gemeinden, die aktuell zu zahlen sind, beibehalten würden.

Kostengünstige Anwendung des Doppelsitzes

In Zeiten von Corona – aber  auch später – könnte der neue öffentlich-rechtliche Ausschuss direkt alle Sitzungen online durchführen – ein „Reise-Marathon“ wäre nicht erforderlich.

Das Vermittlerregister könnte auf diesen öffentlich-rechtlichen Ausschuss übertragen werden – und die vorhandenen Mitarbeiter beim DIHK hierfür weiterhin tätig sein. Ein formaler Doppelsitz des Vermittlerregisters bei der BaFin in Bonn mit Außenstelle in Berlin beim DIHK wäre außerdem eine praktische, kostengünstige Anwendung des Doppelsitzes der Verwaltung im Sinne des Berlin-Bonn-Gesetzes.

Durch die Einrichtung eines neuen öffentlich-rechtlichen Ausschusses mit schlanker Verwaltung würde sich das „politische Dauerthema“ Verlagerung der Aufsicht sehr schnell versachlichen lassen, gegenüber den europäischen Institutionen wäre man in Deutschland besser als bisher aufgestellt und die Aufsicht mit regionaler Struktur vor Ort wäre weiterhin mit vergleichsweise günstigen Kosten gegeben.

Autor(en): Stefan Jauernig

Zum Themenspecial "Corona"

 

Alle Branche News