Bafin: Kollektiver Verbaucherschutz noch im Findungsprozess

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Mit dem im April 2015 verabschiedeten Kleinanlegerschutzgesetz wurde die gesetzliche Verankerung des kollektiven Verbraucherschutzes als weiteres Aufsichtsziel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) bestimmt. Welche Befugnisse das neue Mandat des kollektiven Verbraucherschutzes der Bafin mit sich bringt, ist bisher jedoch weitgehend unklar. Dies Ansicht vertritt jedenfalls die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage.

Ziel des Kleinanlegerschutzgesetz ist, mithilfe einer schlagkräftigen Marktaufsicht die Einhaltung von Anlegerschutzgesetzen sicherzustellen und den Verbraucherschutz im Finanzmarkt zu stärken.
Die Bafin wird ermächtigt, Verstöße gegen Verbote und Gebote des Anlegerschutzes auf ihrer Internetseite bekannt zu machen und die Vermarktung, den Vertrieb oder den Verkauf bestimmter Finanzprodukte zu beschränken oder zu verbieten. Welche Befugnisse das neue Mandat des kollektiven Verbraucherschutzes der BaFin mit sich bringt, ist bisher jedoch weitgehend unklar. Unklar ist damit auch, ob die neue gesetzliche Regelung ausreicht, um den Verbraucherschutz als wichtiges Aufsichtsziel zu verankern, wie es der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vorsieht.

Konkrete Ausgestaltung der Informationsstrukturen
Geklärt werden muss insbesondere, wie sich das neue Aufsichtsziel der Bafin auf den neu geschaffenen Finanzmarktwächter auswirkt. Im Rahmen des Vorprojektes zum Aufbau des Finanzmarktwächters von Verbraucherzentralen und Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. sollte die konkrete Ausgestaltung der Informationsstrukturen zwischen dem Marktwächter und der Bafin festgelegt werden. Über die Ergebnisse ist bisher nichts bekannt.

Unter anderem nachfolgende Fragen richtete Bündnis 90/Die Grünen an die Bafin:
  • Plant die Bafin strukturelle Vorkehrungen gegen den potenziellen Zielkonflikt zwischen Solvenzsicherung (Anbieterseite) und dem Verbot bestimmter Finanzprodukte, Vertriebsmethoden und Geschäftsmodelle (Nachfrageseite)?
Die Bafin bereitet sich derzeit intensiv darauf vor, die Aufgaben nach dem neuen § 4 Absatz 1a FinDAG wahrzunehmen. Die dabei zu treffenden personellen und organisatorischen Entscheidungen werden mögliche Zielkonflikte zwischen
Solvenzaufsicht und kollektivem Verbraucherschutz berücksichtigen. Ziel ist es, eine effektive Wahrnehmung der Aufgaben im kollektiven Verbraucherschutz sicherzustellen. Dies umfasst auch die Bündelung der Aufgaben im kollektiven Verbraucherschutz in erforderlichem Umfang.
Abschließende Festlegungen wird die Bafin zeitnah zum Inkrafttreten des neuen § 4 Absatz 1a FinDAG treffen.

  • Welche und wie viele Maßnahmen hat die Bafin in den letzten drei Jahren gegenüber beaufsichtigten Unternehmen zur Wahrung der Belange der Verbraucher ergriffen?
Die Bafin verfügt über einen umfangreichen Katalog möglicher Maßnahmen. Dazu zählen Vor-Ort-Besuche bei den beaufsichtigten Unternehmen, Befragungen der Mitarbeiter dieser Unternehmen, Verwarnungen,
Untersagungsverfügungen und Bußgelder. Darüber hinaus können Vorgänge auch an die Staatsanwaltschaften abgegeben werden.
So wurden zum Beispiel aufgrund der im Mitarbeiter- und Beschwerderegister erfassten Anzeigen im Zeitraum November 2012 bis Dezember 2013 528 Vor-Ort-Besucheund 2.786 Interviews mit Mitarbeitern der beaufsichtigten Unternehmen durchgeführt. Zudem prüfte die BaFin im Jahr 2013 2.289 Beratungsprotokolle.

  • Hat die Bafin in der Vergangenheit Bußgelder gegen Anbieter von Vermögensanlagen verhängt? Wenn ja, in wie vielen Fällen?


Die Bafin hat seit dem Jahr 2010 insgesamt 20 Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen das bis zum 31. Mai 2012 geltende Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) abgeschlossen. In zwei Fällen wurden Geldbußen verhängt. In einem weiteren Fall wurde der Betroffene zu einer Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen
Anlagebetruges verurteilt; das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde in diesem Fall eingestellt.
Aktuell sind sieben Verfahren wegen Verstößen gegen das VermAnlG und das VerkProspG anhängig.
  • Welche Ergebnisse liegen zum Aufbau des Finanzmarktwächters hinsichtlich der Informationsstrukturen zwischen Marktwächter und Bafin vor?

Bislang wurde ein gemeinsames Verständnis für eine Zusammenarbeit zwischen dem Finanzmarktwächter und der Bafin entwickelt. Es basiert darauf, dass beide Parteien voneinander unabhängig und eigenständig handeln. Im Dialog zwischen dem Finanzmarktwächter und der Bafin wurden erste Eckpunkte für die Bereitstellung der Erkenntnisse des Finanzmarktwächters festgelegt.
Darüber hinaus wurde bereits mit dem Gesetz zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht vom 28. November 2012 in § 4b FinDAG eine Beschwerdemöglichkeit für qualifizierte Einrichtungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Unterlassungsklagegesetzes eingeführt. Zu diesen Einrichtungen gehören auch der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. und die Verbraucherzentralen generell, auch wenn sie in ihrer Eigenschaft als Finanzmarktwächter handeln.

Textquelle: Deutscher Bundestag; Bildquelle: © picturealliance

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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