Betriebsrente: Endlose Fairnessdiskussion schädigt zusätzlich

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Alle sind sich einig: Der volle Krankenkassenbeitrag auf Betriebsrenten und Direkt-Lebensversicherungen ist unfair und Abzocke. Die Dummen sind seit Jahren diejenigen, die über den Betrieb für das Alter vorsorgen. Später erkennen sie mit Schrecken, das ein Großteil des Ersparten an die Krankenkasse fließt. So kassiert etwa die Barmer von einer Betriebsrentnerin, die knapp 58.000 Euro erhält unter dem Strich über 10.000 Euro, wie aus einem Urteil des Bundessozialgerichts hervorgeht. Das Gericht hatte die Betroffene angerufen, es gab ihr aber kein Recht.

Andere machten längst die gleiche Erfahrung. Denn hier ist Unrecht Gesetz. Experten verweisen darauf, dass es seit 2004 eine "temporale Doppelverbeitragung" gibt, weil sowohl in der Ansparphase als auch in der Leistungsphase Sparer mit dem Kassenbeitrag zur Kasse gebeten werden. Gleichzeitig gibt es eine "quantitative Doppelverbeitragung", weil der Betriebsrentner den vollen Beitragssatz, also auch den Arbeitgeberanteil trägt.

Potenzielle Sparer werden abgeschreckt

Betroffen von dieser Unfairness sind nicht nur die sechs Millionen aktuellen Betriebsrentner. Es sind auch alle potenziellen Sparer und Vorsorgevermittler, die angesichts einer solchen Gesetzeslage, kein Vertrauen zur betrieblichen Altersvorsorge aufbauen können. Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsvereinigung von CDU/CSU erkennt es ganz richtig: Ohne Entlastung der Betriebsrentner von der Doppelverbeitragung "kommt die betriebliche Altersvorsorge nicht mehr auf die Beine". Das führe dazu, dass gerade die Jüngeren vor einer Betriebsrente zurückschrecken, stellt der Politiker in der "Rheinischen Post" folgerichtig fest.

Wenn nun alle Parteien die Abschaffung der Ungerechtigkeit wollen, warum kommt sie dann nicht in die Gänge? Jetzt soll es allein an der Regierungsspitze, sprich Bundeskanzlerin Angela Merkel, scheitern. Daher haben Berlins Mittelstandspolitiker der Union nun einen neuen Anlauf unternommen, um die unfaire Behandlung abzuschaffen. Doch die endlose Diskussion verstärkt den Frust der Betriebsrentner und schafft kein gutes Klima für Neuabschlüsse. Natürlich geht es um viel Geld. 40 Milliarden Euro soll es kosten, wenn alle Betriebsrentner rückwirkend entschädigt würden. Das ist vollkommen illusorisch, stellt selbst der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft fest.

Schlechter Kompromiss ist besser als keiner

Also sollten die Reformer nach vorne schauen. Die volle Abschaffung ist wohl auch längst vom Tisch. Darum geht es nun um den halben Beitragssatz oder um einen Freibetrag, der alle etwas entlastet. Fair sind beide Vorschläge nicht. Aber sie sollen nur drei beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Trotzdem ist kein Zahler in Sicht, weil die Krankenkassen mit Beitragserhöhungen drohen, falls sie weniger bekommen. Gleichzeitig verweist der Staat auf zu geringe Steuereinnahmen. Damit geht der Tanz weiter und schädigt mit jedem öffentlichen Beitrag und jedem neuen Gerichtsverfahren die betriebliche Altersvorsorge.

Daher wäre ein schlechter Kompromiss besser als keiner, damit die kontinuierliche Schädigung der sinnvollen betrieblichen Altersvorsorge durch die Entlastungsdiskussion endgültig beendet wird.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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