BGH sieht Klausel als unwirksam

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Der unter anderem für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in Altersvorsorgeverträgen mit der Bezeichnung "S Vorsorge Plus Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz (Sparkonto mit Zinsansammlung)" einer Sparkasse enthaltene Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten unwirksam ist.

Um diesen Sachverhalt geht es

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt satzungsmäßig Verbraucherinteressen wahr und ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz - UKlaG) eingetragen. Die beklagte Sparkasse verwendet in ihren Sonderbedingungen für die Altersvorsorgeverträge unter anderem die folgende Bestimmung:

"Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet."

Der Kläger hält die vorbezeichnete Klausel für unwirksam, da sie nicht klar und verständlich sei und die Sparer damit entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich auf diese oder eine inhaltsgleiche Klausel gegenüber Verbrauchern in Altersvorsorgeverträgen nach dem Altersvermögensgesetz zu berufen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die beklagte Sparkasse geht nun in Revision – weiterhin mit dem Ziel, die Klage abzuweisen.

So lautet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es sich bei der angefochtenen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt, die nicht klar und verständlich ist und dadurch die Vertragspartner der Beklagten unangemessen benachteiligt. Die Begründung des Senats lautete im Wesentlichen so:

Die Klausel stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB dar und nicht lediglich einen unverbindlichen Hinweis. Denn der durchschnittliche Sparer versteht die Klausel dahin, dass sie der Beklagten das Recht einräumen soll, von ihm im Fall der Vereinbarung einer Leibrente Abschluss- und/oder Vermittlungskosten zu verlangen. Die fehlende Benennung von Voraussetzungen, von denen die Erhebung von Abschluss- und/oder Vermittlungskosten durch die Beklagte abhängen soll, sowie die fehlende Bestimmung der Höhe der Kosten stellen den Regelungsgehalt der Klausel nicht in Frage. Die Bezeichnung des Klauselwerks, in dem die Klausel enthalten ist, als Sonderbedingungen spricht ebenfalls dafür, dass diese den Vertragsinhalt regelt.

Klausel benachteiligt Vertragspartner der Beklagten unangemessen

Die Klausel ist nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt dadurch die Vertragspartner der Beklagten unangemessen. Diese können die mit der Klausel für sie verbundenen wirtschaftlichen Folgen nicht absehen. Die Klausel lässt nicht erkennen, ob die Beklagte im Fall der Vereinbarung einer Leibrente tatsächlich Abschluss- und/oder Vermittlungskosten vom Verbraucher beansprucht. Voraussetzungen, die maßgebend dafür sein sollen, dass Abschluss- und/oder Vermittlungskosten dem Grunde nach anfallen, werden dem Verbraucher weder in der Klausel noch an anderer Stelle mitgeteilt.

Außerdem erfährt die Verbraucherin und der Verbraucher nicht, in welcher Höhe er gegebenenfalls mit Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet wird. Die Klausel benennt für die Abschluss- und Vermittlungskosten weder einen absoluten Betrag noch einen Prozentsatz, der sich auf ein bestimmtes Kapital bezieht. Sie lässt die Kundin oder den Kunden auch im Unklaren darüber, ob die Kosten einmalig, monatlich oder jährlich anfallen sollen. Danach kann der Verbraucher die Größenordnung der Abschluss- und Vermittlungskosten nicht absehen, mit denen er bei Vereinbarung einer Leibrente von der Beklagten belastet werden soll. Der Beklagten wäre die Eingrenzung der Kosten der Höhe nach möglich gewesen, ist das Gericht überzeugt.

Wie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg das Urteil kommentiert

Unter anderem der Vertreter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Nils Neuhauser, freut sich über diese Gerichtsentscheidung: "Das Urteil ist ein erfreuliches Urteil für Hunderttausende von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Riester-Banksparpläne abgeschlossen haben. Also sowohl solche, die das bei Sparkassen gemacht haben als auch solche, die das bei Volks- und Raiffeisenbanken gemacht haben."

Nach der Entscheidung des BGH sollten Verbraucher aktiv werden, falls ihnen nach der Ansparphase erneut Gebühren aufgebürdet werden. "Das Urteil ist dann relevant, wenn es von der Ansparphase in die Auszahlungsphase geht. Das heißt, alle Sparerinnen und Sparer, die jetzt noch sparen und in fünf oder zehn Jahren erst in Rente gehen, die sollten im Hinterkopf haben: Wenn es später zur Rentenauszahlungsphase kommt, dann darf die Sparkasse, die Volksbank kein Entgelt verlangen, sofern es nicht im Vertrag konkret ausgewiesen worden ist", sagt Nils Neuhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Das Kleingedruckte nochmals genau überprüfen

Somit ist es für Verbraucher lohnenswert, das Kleingedruckte vom ursprünglichen Vertrag noch mal zu durchforsten: Wird dort angekündigt, dass nach der Ansparphase "gegebenenfalls" Kosten entstehen, ist das laut BGH-Urteil eindeutig zu unklar und daher keine Basis für zusätzliche Gebühren.

Hier finden Sie weitere Informationen.

Diese Vorinstanzen gab es

Landgericht München I – Urteil vom 15. März 2021 – 27 O 230/20

Oberlandesgericht München – Urteil vom 20. Oktober 2022 – 29 U 2022/21

Was die maßgeblichen Vorschriften beinhalten

§ 305 BGB

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. …

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Quellen: BGH, SWR

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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