Buchhalter haben es faustdick hinter den Ohren

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Die Gefahr für Unternehmen kommt nicht unbedingt von außen, sondern lauert oft im eigenen Unternehmen. Die internen Kriminellen sind durchschnittlich 45 Jahre alt, männlich, gebildet, Führungskraft und bereits rund zehn Jahre im Unternehmen.  

58 Prozent aller Delikte im Bereich Wirtschaftskriminalität entfallen auf Betrug und Untreue. Nach Schätzungen von Allianz Trade werden jedes Jahr bis zu zehn Prozent der deutschen Unternehmen von ihren eigenen Mitarbeitern betrogen. Diese Gefahr schätzen viele Unternehmen oft falsch ein. Die Zahl der internen schwarze Schafe ist weitaus höher als viele Unternehmen glauben oder wahrhaben wollen. Und diese kriminellen Akteure richten jedes Jahr große finanzielle Schäden an.

Eigene Leute verursachen mit rund 70 Prozent die größten Schäden

Die Schäden durch externe Übeltäter haben in den vergangenen fünf Jahren mit +40 Prozent bei den Fallzahlen und +56 Prozent bei den Schadenshöhen überdurchschnittlich stark zugenommen. Bei den internen Tätern nahmen die Fallzahlen im gleichen Zeitraum um rund zehn Prozent zu und die Schäden um 23 Prozent. Am Ende sind es nach wie vor die eigenen Mitarbeiter, die mit 57 Prozent die meisten und mit rund 70 Prozent auch die größten Schäden verursachen.

Diese bösen Buben oder Mädchen im eigenen Haus ausfindig zu machen, ist allerdings in vielen Fällen schwer. Denn oft sind sie „auffällig unauffällig, freundlich, gut angepasst und integriert“, wie Allianz Trade herausgefunden hat. Viele durchaus gewünschte Eigenschaften von Leistungsträgern decken sich interessanterweise mit denen von Betrügern – wie Durchsetzungswillen, Risikobereitschaft, Ehrgeiz oder Aufstiegsorientierung.

Nur dann einstellen, wenn ein polizeiliches Führungszeugnis vorliegt

Und nicht selten sind Buchhalter besonders kriminell veranlagt. „Buchhalter sind per se keine schlechteren Menschen, aber sie sitzen meist an den richtigen Stellen, um aktiv zu werden“, weiß Rüdiger Kirsch, Betrugsexperte bei Allianz Trade. Aus diesem Grund sollten Firmen Buchhalter nur dann einstellen, wenn diese ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen könnten.

Die häufigsten Motive der Täter, ihre eigenen Brötchengeber zu schädigen, reichen von Spielsucht, Habgier und luxuriösem Lebensstil bis zu einer finanziellen Notlage, die dann die Menschen zu kriminellen Verzweiflungstaten treiben. Häufig ist es auch eine Kombination aus diversen Motiven. Mangelnde Wertschätzung oder Rache sind ebenfalls wichtige Beweggründe. Einige Fälle in der Schadensstatistik von Allianz Trade sind allerdings äußerst skurill bis filmreif: Die Innentäter finanzierten mit ihren Machenschaften Schönheitsoperationen, Sportwägen, Luxusimmobilien, Schallplattensammlungen, einen Swingerclub oder ihre krankhafte Tierliebe.

Was getan werden muss, um interne Schädiger zu stoppen

Der Versicherer rät, auf jeden Fall auf ein gutes Kontroll- und Compliance-System zu implementieren, denn dies würden helfen, kriminelle Machenschaften aufzudecken. Damit es aber erst gar nicht zu Verfehlungen der Mitarbeitenden kommt, ist es aber genauso wichtig, über eine offene Unternehmenskultur zu verfügen, diverse Vorsorgemaßnahmen zu treffen und eine konstruktive Fehlerkultur zu verfolgen. Nicht minder notwendig sind nach Aussage von Allianz Trade, dass Firmen einen demokratischen Führungsstil pflegen, ein ordentliches Gehalt zahlen, darüber hinaus weitere finanzielle Anreize schaffen, faire Aufstiegschancen schaffen und ein gutes Compliance System installiert haben. Und last but not least sollte ein gutes Risikomanagement vorhanden sein.

Hilfreich seien auch regelmäßige Zufriedenheitsbefragungen von Mitarbeitenden, um rechtzeitig Probleme zu erkennen und konstruktiv gegenzusteuern. Und wenn erkennbar sei, dass Beschäftigte sich in einer persönlichen oder finanziellen Notlage befänden, sollten Arbeitgeber diesen Unterstützung durch entsprechende Hilfs- oder Beratungsangebote zukommen lassen.

Regelmäßige Routine-Kontrollen, Audits, Revisionen, auch Prüfung durch externe Dritte

Wachsam sollten Firmen auch dann sein, wenn sie Auffälligkeiten, zum Beispiel Anomalien in den Arbeitsstunden, beobachten würden. Nicht zu unterschätzen seien auch regelmäßige Routine-Kontrollen, Audits, Revisionen, gegebenenfalls auch Prüfungen durch externe Dritte, um Schäden durch interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verhindern.

Hilfreich kann nach Einschätzung der Schadenexperten auch die Einführung von geschützten internen, gegebenenfalls externen Whistleblowing-Kanälen, so zum Beispiel Ombudsleuten und regelmäßige Information der Mitarbeitenden, sein.

Hintergrundinformationen zur Analyse

Die vollständige Allianz Trade Analyse „Wer hat Angst vor dem schwarzen Schaf – wenn Mitarbeiter ihr Unternehmen schädigen – und was man dagegen tun kann“ mit zahlreichen echten Schadensbeispielen, Täterprofilen, Zahlen, Daten und Fakten sowie  nicht selten skurrilen Motiven finden Sie hier

 

Autor(en): Meris Neininger

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