BVK sieht sich als Kümmerer und am politischen Puls der Zeit

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Michael H. Heinz war recht entspannt auf der Pressekonferenz seines Verbandes, des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), auf der DKM. Kein Rechtsstreit mit Check 24, keine Fehde mit den Verbraucherschützern, nur der heiße Kaffee auf der realen Leitmesse in Dortmund fehlte ihm. Die Botschaften, die er zu verkünden hatte, waren auch eher angenehm bis unproblematisch.

Der BVK und sein Status Quo erst einmal in Zahlen: Die Verbandentwicklung verläuft positiv, aktuell beläuft sich die Zahl der Vermittlerbetriebe, die dem Verband angehören, auf rund 40.000. Damit spiele man in der Champions League, verkündete Heinz stolz.

Wie ist die Stimmung der Mitglieder? Zwei Umfragen geben Auskunft

Wie es sich für einen verantwortungsbewussten Verband gehört, fragte der BVK natürlich auch in den vergangenen von der Corona-Pandemie geprägten Zeit, bei seinen Mitgliedern nach, wie es ihnen so geht und warum es (noch) gut oder (eher) schlecht läuft. Die online-basierte Umfrage startete der Verband sogar gleich zweimal in den vergangenen Monaten und zwar im April und im August.

In der ersten Umfrage, die im April stattfand, standen die Mitglieder noch unter Schock und dies zeichnete sich auch im Umsatz ab: Von den 1.628 Teilnehmern klagten Zweidrittel der Vermittler über Umsatzeinbußen. Im Durchschnitt lagen die Rückgänge bei satten 38 Prozent. Dabei waren Versicherungsmakler mit annähernd 39 Prozent am zweithäufigsten betroffen, Mehrfachvertreter mit 43,3 Prozent am stärksten und Exklusivvermittler zeigten mit 37,8 Prozent den geringsten Anteil.

Bei der zweiten Umfrage im August war die Stimmung schon wieder aufgehellter und die Umsatzeinbußen schon nicht mehr so gravierend: Hier gaben zwei Drittel (62 Prozent) der 943 Teilnehmer verringerte Umsätze an. Diese lagen bei durchschnittlich 20 Prozent.

„Mit diesen beiden Umfragen haben wir innerhalb der Verbände ein Alleinstellungsmerkmal und eine sehr gute Datenbasis, um die weitere Umsatzentwicklung einschätzen zu können,“ freute sich BVK-Präsident Michael H. Heinz über die Ergebnisse dieser Untersuchungen.  

Lebensversicherer litten am stärksten, Krankenversicherer am wenigsten

Dabei mussten laut der BVK-Recherche alle Versicherungsparten Umsatzrückgänge verzeichnen, wenn auch in unterschiedlichen Schwere. So litten wohl die Lebensversicherungen am stärksten, ganz ähnlich auch die SHUR-Sparte und die betriebliche Altersversorgung. Am wenigsten von Storni betroffen waren die Kfz-Versicherung und die Krankenversicherungen.

Unterschiede bei den Umfragen zeigten sich auch bei der Größe der Betriebe: Während in der ersten Umfrage noch kleinere Vermittlerbetriebe tendenziell über stärkere Verluste klagten, mussten in der zweiten Umfrage in erster Linie die mittleren Vermittlerbetriebe (mit einem Gewinnsegment von 80.000 bis 120.000 Euro/Jahr) die größten Verluste verbuchen. Bei den größeren Unternehmen waren auch die Bestandsaktivitäten wichtig, um sie in der Lockdown-Phase über Wasser zu halten, so der BVK-Chef.

Vermittlersterben durch Pandemie und Digitalisierung nicht in Sicht

Entwarnung auch beim Thema „Vermittlersterben“: Die Vermittlerumfragen des BVK hätten keinen Hinweis erbracht, dass die Pandemie gepaart mit der Digitalisierung zu einem massenhaften Vermittlersterben führen wird. Denn nur 2,5 Prozent der befragten Vermittler planten den Marktaustritt beziehungsweise würden in einen vorgezogenen Ruhestand gehen.

In Berlin die Trends der Zukunft aufspüren

Am Ende der Sendezeit kam Heinz dann doch noch wie gewohnt ins Plaudern und verriet den Zuhörern, dass er – trotz Corona-Einschränkungen – in den vergangenen Wochen viel Zeit in Berlin verbracht habe, um den Kontakt zur Politik aufrechtzuerhalten. Dort sei es ihm mehrfach gelungen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zu Videokonferenzen eingeladen zu werden, ein Thema bei diesen: Das Belastungsmoratorium.

Fußnote: Was ist ein Belastungsmoratorium?
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat zum Beispiel Forderungen aus Politik und Wirtschaft nach einem Belastungsmoratorium aufgegriffen und hat auch schon konkrete inhaltlichen Vorschlägen gemacht. Dies sind unter anderem: Unmittelbar anstehende Fristen, Abgabepflichten und Gesetzesvorhaben, die einen erhöhten Bürokratieaufwand für Unternehmen erfordern, könnten aufgeschoben oder ausgesetzt werden. Ein solches Belastungsmoratorium kann nach Ansicht des BDI mehr Freiräume für Investitionen und Innovationen schaffen.

Für die Versicherungsbranche könnte ein Belastungsmoratorium beinhalten, dass die anstehenden Regulierungsmaßnahmen der Branche wie der Provisionsdeckel und die Verordnung für die Finanzanlagenvermittlung (FinVermV) erst einmal gestoppt werden. Maßnahmen, die bei einem zweiten Shutdown oder Shutdown light, der Branche sicherlich Erleichterungen bringen könnten.

Schon mal rechtzeitig die Pflöcke einschlagen

Und damit nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr und einer politischen Mächteverschiebung, vielleicht zu einer schwarz-grünen Koalition, alles reibungslos für die Makler und Vermittler läuft, hat Heinz schon mal bei „den jungen Abgeordneten aller Couleur“ vorgesprochen. Seine Intention dahinter: nicht nur reagieren auf, sondern rechtzeitig agieren bei politischen Veränderungen, rechtzeitig zu wissen, „was sind die Themen, bei denen wir als Verband mithelfen können“.

Die Diskussionsrunden mit den jungen Wilden der Politik waren wohl fruchtbar, aber auch ernüchternd, denn Heinz musste auch lernen, dass die jungen Politiker „eine gewisse Distanz zu unserer Berufsgruppe haben, dass wir, die Versicherer sich mehr bewegen müssen“.

Da ist Michael H. Heinz mit seinen Berliner Klinkenputzen ja schon mal mit leuchtendem Beispiel vorangegangen.

 

 

 

 

 

 

 

Autor(en): Meris Neininger

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