Coronavirus: Veranstaltungsausfall-Schutz in Gefahr

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Versicherer haben angekündigt, dass sie Schäden, die durch die Absage von Veranstaltungen durch den Coronavirus entstehen, nicht bezahlen wollen. Sie berufen sich darauf, dass die Viren-Epidemie eine so genannte Gefahrerhöhung darstellt. Juristen halten das für rechtlich kaum haltbar.

"Uns liegen aktuell bereits Schreiben von Versicherern sowie Beschwerden von verschiedenen Versicherungsmaklern vor", sagte Fabian Herdter, Partner bei Wilhelm Rechtsanwälte aus Düsseldorf auf der MCC-Konferenz Industrieversicherung 2020. Namen der Assekuranz-Unternehmen möchte der Anwalt aus Mandantenschutz nicht nennen.

Kein Versicherer outet sich als Hardliner

Nach Rückfrage bei großen Veranstaltungsversicherern gibt es anscheinend kein Unternehmen, das grundsätzliche den Schutz verweigern will. Möglicherweise hat auch schon ein Umdenken eingesetzt. So verweist der Axa Konzern darauf,"dass natürlich alle Verträge" eingehalten würden. Derzeit könne man aber zum Thema Veranstaltungsausfallversicherung kein konkretes Statement abgeben, da noch Daten gesammelt würden.

"Für Bestandskunden bleibt der Pandemie-Schutz bestehen. Für Neukunden ist das Veranstaltungsausfall-Risiko durch Pandemien derzeit nicht mehr versicherbar", erklärte die Hiscox. Bei der belgischen Circles Group ist nicht in allen Verträgen das Pandemie-Risiko eingeschlossen. Einen Ausschluss wegen „erhöhtem Risiko“ gebe es aber nicht. Die Gothaer Versicherung verweist darauf, dass jeder Einzelfall geprüft werde. Die Münchner Rück, die für ihre Tochter Ergo antwortet, verweist darauf, dass die Nachfrage nach Ausfallschutz aufgrund von Pandemien vor Ausbruch des Corona-Virus gering gewesen ist. Die Allianz hat nach eigner Aussage in der Veranstaltungsausfallversicherung "Epidemien und Seuchen" ausgeschlossen.

Es geht bei Entschädigungen um Millionenbeträge

"Nach unserer Erkenntnis gibt sehr wohl viele Policen, bei denen es Ausfallschutz auch bei Pandemien gibt", heißt es bei Wilhelm Rechtsanwälte. "Bei laufenden Verträgen ist eine Leistungsverweigerung mit dem Argument Gefahrerhöhung nicht möglich", stellt Jurist Herdter klar. In der Regel sei die Veranstaltungsausfallversicherung ein Allgefahrenschutz. "Daher ist der Corona-Virus keine neue Gefahr und auch keine Gefahrerhöhung", so Herdter. Es geht um Millionen Entschädigungssummen. "Ich gehe davon aus, dass für viele Veranstaltung, wie die Olympischen Spiele, die Fußball Europameisterschaft oder Messen und Konzerte, die Rahmenverträge für den Ausfallschutz längst laufen", sage Herdter. Bei neuen Verträgen könnten die Versicherer den Coronavirus ausschließen.

Pandemie längst bekannt

Erhöht sich die Gefahr eines Risikos erheblich, muss der Versicherungsnehmer dies anzeigen. "Das ist beispielsweise der Fall, wenn neben einem Unternehmen eine Waffenfabrik gebaut wird. Dann erhöht sich das Brandrisiko", so Herdter. Bei Gefahrerhöhung muss der Versicherer nach Kenntnisnahme innerhalb eines Monats die Versicherung kündigen, das Risiko ausschließen oder die Police verändert weiterführen, beispielsweise mit höheren Prämien. Daher kämen die Schreiben, die Schäden aufgrund des Corona-Virus ausschließen, viel zu spät.

Der Ausbruch in China sei ja schon seit Anfang Januar allgemein bekannt gewesen. "Wenn Versicherer Ausfallschäden, auch nachdem wir die Unhaltbarkeit der Ablehnung aufgezeigt haben, nicht zahlen, muss der betroffene Kunde klagen", sagt Herdter. Der Jurist geht davon aus, dass angesichts des hohen Schadenaufwandes, betroffen sind bekanntlich schon heute eine große Anzahl von Veranstaltungen, die Versicherer Klagen riskieren. Es wäre dann nicht ausgeschlossen, dass betroffene Versicherungsnehmer so zu einem Vergleich gezwungen würden. "Wer wenig Liquidität hat, kann einen langen Prozess kaum durchstehen", so Herdter. 

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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