Deutsche Versicherer ignorieren Kostensenkungsmöglichkeiten

Starker Wettbewerb und niedriges Prämienniveau setzen den deutschen Versicherern zu - und trotzdem nutzen die Unternehmen ihre Möglichkeiten zur Kostensenkung bei weitem nicht aus. "Im Einkaufsmanagement können sie vor allem bei externen Schadenaufwendungen mehrstellige Millionensummen einsparen", sagt Rainer den Ouden, Partner bei Kerkhoff Consulting.

"Externe Schadenaufwendungen machen rund 60 Prozent der Kosten eines Kompositversicherers aus", sagt Tim Braasch, Geschäftsführender Gesellschafter von 67rockwell. "Rund ein Drittel hiervon ist aktiv durch Einkauf beeinflussbar. Insgesamt lassen sich nach unseren Erfahrungen fünf bis zehn Prozent dieser Summe einsparen."

Die Einkaufsberatung Kerkhoff und der Spezialist für die Versicherungsberatung 67rockwell kooperieren seit einiger Zeit und förderten bei mehreren Projekten mit großen Kompositversicherern erstaunliche Erkenntnisse zutage: "Es fehlt fast immer ein übergreifendes Reporting", so den Ouden. Die Unternehmen müssten zunächst für die interne Transparenz sorgen und herausfinden, welche Sparten beispielsweise den gleichen Dienstleister nutzen. "Häufig arbeiten Gutachter sowohl für die Haftpflicht als auch für die Gebäuderversicherung", so der Kerkhoff-Partner. Allerdings würden sie für jede Sparte zu unterschiedlichen Konditionen tätig, beispielsweise bestehe mit der einen Sparte ein Rahmenvertrag, die andere ziehe den Gutachter nur im Bedarfsfall zurate und rechne dann ab.

Tipp: Rahmenverträge mit Dienstleistern abschließen
Der wichtigste Tipp der Berater: "Schließen Sie Rahmenabkommen mit Dienstleistern ab, die häufig und bevorzugt bedient werden", rät Roy Heiderich, Senior Manager bei 67rockwell und für das Schadenmanagement verantwortlich. Aufgrund der Menge der Aufträge könnten diese Dienstleister dann bessere Preise anbieten. „Da steckt enormes Verhandlungspotenzial drin, wenn zum Beispiel fünf Dienstleister gebündelt werden und mit einem ein Rahmenvertrag ausgehandelt wird." So lasse sich die Schadenquote um ein Prozent reduzieren.

Bessere Preise für Ersatzteile als Vertragshändler
Doch nicht nur der Einsatz von Gutachtern bietet Sparpotenziale. Kosten bei Schadenaufwendungen entstehen auch für Werkstätten zur Fahrzeugreparatur oder Dienstleister, die technische Geräte wieder instand setzen. Aufgrund einer gebündelten Einkaufsmacht können große Versicherer beispielsweise sehr gute Konditionen bei Auto-Ersatzteilen aushandeln. "Die kriegen teils bessere Preise für Original-Ersatzteile als die Vertragshändler", wissen Experten.

Verbindliche Rechtsanwaltswahl
Hoffnung setzt die Versicherungsbranche auch auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Herrscht in Deutschland die freie Rechtsanwaltswahl, können niederländische Versicherungen ihren Kunden vorschreiben, welcher Anwalt von ihnen bezahlt wird. "Kommt eine solche Regelung auch für Deutschland, haben die Versicherer neue Möglichkeiten, Vertragsanwälte mit besseren Konditionen zu binden", beschreibt Kerkhoff-Partner den Ouden.

Online-Tool sorgt für Transparenz
Um die Transparenz aller Kostenparameter zu erreichen, setzt Kerkhoff das Online-Tool "SpendCube" ein. Dieses wird an das jeweilige Warenwirtschaftssystem angeschlossen und ermöglicht es dadurch, Kosten zu strukturieren und in Echtzeit abzurufen.

Bild: © Lilo Kapp/

Autor(en): Anja Kühner

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