Die beliebtesten Nachhaltigkeits-Maßnahmen

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Knapp jeder zweite Versicherungsvermittler hat in seinem Büro gehandelt und damit die Glaubwürdigkeit gesteigert, wenn er mit Kundinnen und Kunden über Nachhaltigkeit sprechen will. Was dabei im Vordergrund steht.

Seit über einem Jahr müssen Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler beim Lebensversicherungsverkauf ihre Kunden befragen, ob ihnen Nachhaltigkeit bei der Produktauswahl wichtig ist. Wenn der Kunde das bejaht, sind die Art und der Anteil der nachhaltigen Anlagen im Lebensversicherungsprodukt zu erfragen, die zum Beispiel in einem Fonds enthalten sein sollen. Dafür stehen die Kategorien Nachhaltigkeit im Sinn der (Umwelt-) Taxonomie-Verordnung, allgemein ESG-konforme Anlagen oder Ausschluss bestimmter Arten von Anlagen zur Auswahl.

Greenwashing-Risiko vermeiden

Das Thema ist anspruchsvoll, weil die Definitionen von Nachhaltigkeit bis auf die beiden Umweltthemen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel rechtlich noch nicht so weit definiert sind, dass Versicherer hierbei nicht das Risiko laufen, zu viel zu versprechen.

Öffentlich Greenwashing vorgeworfen zu bekommen, ist reichlich verkaufshinderlich. Nach dem Greenwashing-Skandal um den Fondsanbieter DWS haben viele Fondsanbieter vorsichtshalber ihre „Artikel 9“- auf eine zurückhaltendere „Artikel 8“-Einstufung reduziert, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf die Fonds-Ratingagentur Scope. Und selbst diese Einstufung heißt in der Regel nicht, dass alle Anlagen im Fonds „ESG-konform“ sind, sondern meist nur ein gewisser Anteil, manchmal nur einige wenige Prozent.

Papierverbrauch wichtigster Ansatzpunkt

Aber das bedeutet nicht, dass man im Thema Nachhaltigkeit größte Zurückhaltung üben muss. Und das tun auch immerhin 40 Prozent der vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) im Rahmen der BVK-Strukturanalyse 2022/2023 befragten Versicherungsvermittler nicht.

Stattdessen haben sie angegeben, dass sie im eigenen Vermittlerbüro Maßnahmen zur Nachhaltigkeit ergriffen haben. Der Anteil steigt sogar auf 48 Prozent, wenn man nur diejenigen Teilnehmer heranzieht, die die Frage nach Maßnahmen im eigenen Büro beantwortet und sich nicht enthalten haben.

Zusätzlich wurden die Teilnehmer befragt, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen haben. Diese Chance nutzten nicht alle, aber sehr viele Vermittler.

Am häufigsten genannt wurden Maßnahmen zur Reduzierung und Vermeidung von Papierverbrauch (30 Prozent aller Vermittler, die grundsätzlich angegeben hatten, Maßnahmen in ihrem Büro ergriffen zu haben). Der Papierverbrauch wird häufig zusammen mit einer Digitalisierung wichtiger Prozesse (14 Prozent) genannt.

Es muss nicht immer ein E-Auto sein

Der zweithäufigste Bereich nachhaltiger Maßnahmen betrifft die Mobilität des Vermittlers (gut 21 Prozent). Sehr viele Vermittler haben ihre Dienstwagen auf Elektro- oder Hybridfahrzeuge umgestellt. Manche betonen aber auch, ihren Diesel-Pkw besonders lange und gleichzeitig sparsam zu fahren. Wieder andere fahren mit dem Fahrrad zum Kunden. Sehr häufig wird eine Einsparung von Fahrstrecken genannt, wiederum meist in Zusammenhang mit Digitalisierung wie einer digitalen Kundenakquise und -betreuung.

Fast gleich häufig werden Veränderungen oder Einsparungen im Bereich Strom oder allgemein Energie genannt (21 Prozent). Häufige Aussagen sind, dass auf ein Abschalten von Geräten nach Geschäftsschluss sowie generell bei Neuanschaffungen auf energiesparende Geräte geachtet wird. In einigen Fällen wurde eine Umstellung auf Ökostrom angegeben. Eine Reihe Vermittler hat zudem Photovoltaikanlagen angeschafft oder beabsichtigt dies, ebenso Wallboxen für die Aufladung von eigenen wie von Kunden-Elektrofahrzeugen.

Viele Maßnahmen betreffen die Heizung des Büros (13 Prozent). Der Umfragezeitraum lag weitgehend im letzten Winter, in dem ohnehin medial intensiv für ein sparsames Heizen geworben und über die außerordentlich stark gestiegenen Heizenergiepreise diskutiert wurde. Ein weiterer Punkt ist die Beleuchtung (12 Prozent). Sehr viele Vermittler geben an, die bisherigen Beleuchtungen durch Energiesparlampen ersetzt zu haben oder nachts auf eine Beleuchtung des Büros und der Büroreklame zu verzichten.

Nachhaltigkeit Vermittlerbüro

Seltener Nutzung von Kompensationen und Siegeln

Immerhin sechs Prozent haben die Trennung und die Vermeidung von Müll genannt. Beispiele sind die Beschaffung von Materialien in müllärmeren Verpackungen und die Wiederverwendung beispielsweise von Druckerpapier. Eng damit zusammen hängen Getränke im Büro (ein Prozent), bei denen einige Vermittler bewusst entweder von PET- auf Glasflaschen umgestellt oder ganz auf den Kauf verzichtet haben und stattdessen Leitungswasser aufbereiten.

In einigen Fällen (zwei Prozent) wurden bauliche Maßnahmen umgesetzt, beispielsweise eine verbesserte Wärmedämmung oder Tausch von Fenstern im Büro. Vereinzelt werden auch Kompensationsmaßnahmen genannt, um einen CO2-Ausstoß zu ersetzen oder Klimaprojekte durch Spenden zu unterstützen (ein Prozent). Eher selten sind Auszeichnungen und Siegel durch verschiedene Initiativen für ein nachhaltiges Vermittlerbüro (0,5 Prozent).

Wenige Nennungen der sozialen Nachhaltigkeit

Alle bisher genannten Maßnahmen gemeinsam ist, dass sie auf Umweltziele oder das „E“ in „ESG“ einzahlen. In einigen Fällen (2,5 Prozent) wurden jedoch auch Maßnahmen genannt, die dem „S“ zuzuordnen sind und die Mitarbeitenden in Nachhaltigkeitsüberlegungen einbinden. Genannt werden unter anderem faire Bezahlung, eine gemeinsame Entwicklung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen oder das Angebot von Dienstfahrrädern und Elektrofahrzeugen für die Mitarbeitenden.

Ebenfalls den meisten Maßnahmen gemeinsam ist, dass sie keineswegs nur idealistisch motiviert sein dürften. Wer Energie und Fahraufwand einspart, reduziert damit auch seine Kosten. Nachhaltiges Denken lohnt sich daher für den Vermittlerbetrieb.

Autor(en): Matthias Beenken

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