Dieselskandal: Arag fürchtet weitere Belastungen

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Der Dieselskandal bleibt weiterhin eine große Belastung für die Rechtsschutzversicherer. Nach anfänglichem Zögern gewähren nun alle Versicherer ihren Kunden Schutz, wenn sie gegen den Volkswagenkonzern oder andere Automobilhersteller streiten wollen. Die betroffenen Hersteller hatten Emissionswerte von Dieselfahrzeugen falsch angegeben. 

„Wir rechnen damit, dass uns der Dieselskandal mindestens 30 Millionen Euro kosten wird“, sagte Arag-Vorstand Matthias Maslaton anlässlich eines Pressegespräches. „Das gilt aber nur, wenn viele der künftigen Verfahren gut verglichen oder gewonnen werden.“ Derzeit hat die Arag Rechtsschutzversicherung fast 10.000 Kunden im Dieselskandal gegen die Automobilindustrie unterstützt. In rund 9.000 Fällen ging es dabei um einen Streit gegen den Volkswagenkonzern.

128 Verfahren in vollem Umfang gewinnen

Die meisten Streitfälle, bei denen beispielsweise die Kunden vom Kaufvertrag zurücktreten wollen, werden laut Arag außergerichtlich verglichen. Dabei fallen für die Rechtsschutzversicherung Kosten an, beispielsweise für Anwälte. Vor Gericht wurden derzeit über 300 Verfahren verglichen. Immerhin konnte der Versicherer 128 Verfahren in vollem Umfang gewinnen, während nur 54 verloren gingen.

Derzeit wird eine so genannte Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig gegen die Volkswagen AG verhandelt (Az.:  4 MK 1/18). An ihr haben sich 430.000 betroffene Autokäufer beteiligt. Das Gericht kann aber nur feststellen, ob ein Schaden vorliegt. Danach müssen die Verbraucher ihre Schadenersatzansprüche individuell durchsetzen. „Der Dieselskandal wird die Rechtsschutzversicherer noch lange begleiten“, schätzt daher Maslaton. Weiterhin gehen allein bei der Arag pro Tag rund 20 neue Fälle zum Dieselskandal ein.

Positive Seite der Krise: Guter Absatz beim Rechtsschutz

Das Verfahren hat anscheinend viele Verbraucher wachgerüttelt, denn Rechtsschutzversicherungen werden verstärkt verkauft. Für 2019 rechnet die Arag damit, dass der Markt um 2,5 Prozent wachsen wird. Selbst konnte die Assekuranz das Geschäft um 5,8 Prozent steigern. Die Beitragseinahmen für Rechtschutzversicherung stiegen auf 394 Millionen Euro. Beitragserhöhungen spielen dabei im Gegensatz zu früheren Jahren nur zu rund zehn Prozent eine Rolle.

Neue Verträge wurden vor allem durch unabhängige Vermittler und über große Pools abgeschlossen. Ihr Anteil beträgt derzeit 45 Prozent, während die Ausschließlichkeit nur auf 32 Prozent kommt. Die Vertriebsleistung ist angesichts einer Stornoquote von rund sieben Prozent umso bedeutender.

Automatische Schadenregulierung immer verbreiteter

Die Arag setzt beim Verkauf immer stärker auf digitale Technik, vor allem auf einen bedienungsleichten Direktabschluss über die Homepage des Unternehmens. Noch ist der Anteil der Kunden, die direkt online einen Vertrag abschließen mit 14 Prozent aber relativ gering. Seit Sommer 2019 gibt es auf der Homepage des Unternehmens eine vollautomatische Prüfung, ob ein Rechtsschutzfall versichert ist. Der so genannte Bot, ein Computerprogramm, gibt direkt Auskunft, ob die Assekuranz die Kosten für den Streitfall trägt und leitet den Fall dann direkt an einen Anwalt weiter. „Sollte es zu einer Ablehnung kommen, wird der Fall aber von einem Menschen bearbeitet“, erläuterte Arag-Vorstand Maslaton.

Eine automatische Ablehnung gebe es nicht. Wer bei der Arag krankenversichert ist, kann bei seelischen Erkrankungen ebenfalls schnelle Hilfe über ein Computerprogramm bekommen. „Bei schweren Depression hilft das natürlich nicht“, sagte Roland Schäfer, Vorstand des Krankenversicherers. Daher hat die Arag mit einem Ärztenetzwerk eine Kooperation aufgebaut. „Wir garantieren, dass die Betroffenen innerhalb von zehn Tagen einen Termin bei einem Psychotherapeuten erhalten.“

Beitragsverlust aus Verkauf der Lebensversicherung frühzeitig ausgeglichen

Insgesamt konnte die Arag 2019 die Einnahmen um fast 100 Millionen Euro steigern. „Damit konnte der Beitragsverlust aus dem Verkauf der Lebensversicherung frühzeitig ausgeglichen werden“, sagte Vorstandschef Paul-Otto Faßbender. 2017 hatte der Versicherer seine gesamte Lebensversicherungssparte an die Frankfurter Lebensversicherung AG verkauft, weil er für klassische Lebensversicherung kaum noch neue Kunden erreichen konnte. Der Aufkäufer soll die Policen nun kostengünstiger verwalten.

Der Verkauf führt noch immer zu Beschwerden von ehemaligen Arag-Kunden. Faßbender verwies aber darauf, dass der Verkauf vollkommen abgewickelt und von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden ist. „Die Kunden beschweren sich an der falschen Stelle“, so Faßbender.

Reiseversicherung mit Rechtsschutz

Ende Januar 2020 wird die Arag eine eigene Reiseversicherung anbieten. Neben Kurzzeitpolicen für 90 Tage und ein spezielles Angebot für Rucksacktouristen gibt es ein Top-Produkt mit Jahresschutz. Teilweise enthalten die Tarife einen zusätzlichen Reisevertragsrechtsschutz. „Wir wissen, dass es um Reisen viel Streit gibt und rechnen hier mit etlichen Schadenfällen“, so Maslaton. Doch innerhalb der Kombi-Police sei ein solches Angebot möglich.

Die Familienpolice Reiseprotect 365 soll pro Jahr rund 300 Euro kosten. Gut entwickelt haben sich neue Tarife in der privaten Krankenversicherung (PKV). Im letzten Quartal konnten bereits rund 1.000 der neuen Vollkostentarife abgesetzt werden. Die Arag verweist auf das noch immer große Neugeschäftspotenzial. Jährlich würden bundesweit rund 280.000 Vollschutzpolicen neu abgeschlossen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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