Drei Fragen an: Bernhard Rudolf

Versicherungsmagazin-Chefredakteur Bernhard Rudolf spricht über die Trends, die 2012 auf die Branche zukommen und erläutert, auf was Vermittler sich einstellen müssen.

Versicherungsmagazin: Welche Trends sehen Sie 2012 in der Branche?
Bernhard Rudolf: Das Thema Unisex wird die Branche weiter beschäftigen, die Frist das Urteils des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen läuft am 21. Dezember 2012 aus. Die Folgen insbesondere für die private Krankenversicherung (PKV) werden gravierend sein, zumal es offen diskutiert wird, ob auch der Versichertenbestand komplett umgestellt wird.

Außerdem werden die Provisionsdeckelung und die Verlängerung der Stornofrist in der PKV ihre Wirkungen zeigen. Der einzelne Makler ist davon weniger betroffen als vielmehr große Vertriebe mit Schwerpunkt PKV.Für die klassische Lebensversicherung wird es noch schwieriger werden, denn leider zeigt die schlechte Berichterstattung in den Publikumsmedien etwa wegen des gesunkenen Garantiezinses bereits Wirkung. Das neue Regelwerk Solvency II wird 2012 noch keine große Rolle spielen, jedoch müssen die Versicherer zum Teil kostenintensive Vorbereitungen für den Start danach treffen.

Die anhaltende Finanz- und Eurokrise verunsichert jedenfalls zunehmend Kunden, die sich scheuen, sich längerfristig zu binden. Es ist die Aufgabe der Vermittler, die wirklichen Vorteile einer Lebensversicherung in den Vordergrund ihrer Beratung zu stellen: die jahrzehntelange Garantie, kein Kapitalverlust plus Zins und Zinseszins und die Abdeckung des Langlebigkeitsrisikos bei klassischen Rentenversicherungen. Denn die private Altersvorsorge wird aus meiner Sicht mittel- und langfristig das größte und wichtigste Geschäftsfeld der Versicherungswirtschaft bleiben, da die Sozialversicherungssysteme keine auskömmliche Versorgung der Menschen im Alter mehr bieten können - schon alleine aufgrund der demografischen Entwicklung.

Versicherungsmagazin: Wird der Wind den Vermittlern im neuen Jahr stärker ins Gesicht wehen?
Bernhard Rudolf: Kurz geantwortet: Ja! Die Niedrigzinsphase wird die Versicherungsgesellschaften dazu zwingen, noch stärkere Kosteneinsparungen vorzunehmen. Alle großen Gesellschaften wie Allianz oder Axa haben bereits angekündigt, Stellen abzubauen. Es sollte den Vermittlern klar sein, dass die Gesellschaften auch bei ihren Vertrieben oder Vertriebspartnern sparen werden.

Der Druck auf die Provisionen der Vermittler kann auch vom europäischen Gesetzgeber kommen. Ich glaube zwar nicht, dass es im Rahmen der neuen Vorschriften zu IMD-2 und PRIPs (Packaged Retail Investment Products) zu einem Vergütungsverbot für Makler durch die Versicherer kommen wird (das wäre dann der Super-GAU!), aber die bestehenden Vergütungssysteme werden wohl deutlich transparenter gestaltet werden. Inwieweit das Provisionsabgabeverbot tatsächlich ausgehebelt wird, ist noch unklar.

Nachdem das Verwaltungsgericht Frankfurt in einem Einzelfall das Provisionsabgabeverbot gekippt hatte, wird sich jetzt das Bundesverwaltungsgericht damit befassen. Der Gesamtverband und die BaFin sprechen sich zwar klar gegen die Aufhebung aus, jedoch wäre Deutschland das einzige Land in Europa, das an diesem Verbot festhält. Meine Prognose: Das Provisionsabgabeverbot wird langfristig nicht zu halten sein. Dann müssten Vermittler mit ihren Kunden um ihre Provision feilschen.


Versicherungsmagazin: Welche Schwerpunkte wird VM 2012 setzen?
Bernhard Rudolf: Wir wollen auch 2012 wieder eng an den Themen sein, die die Branche und vor allem unsere Leser, also die Vermittler, bewegen. Das bewährte monatlich gedruckte Versicherungsmagazin wird noch stärker online ergänzt werden. Bereits heute informieren wir werktäglich unter mit neuen Meldungen über das aktuelle Geschehen. Darüber hinaus bieten wir verstärkt praxisnahe Seminare an, die den Teilnehmern hohen Nutzwert bringen.

Autor(en): Alexa Michopoulos

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