DVS-Hauptversammlung: Nicht jeder glaubt an die viel beschworene Krisenfestigkeit der deutschen Versicherer

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sieht die Stabilität des Versicherungssystems weiterhin als nicht gefährdet an und erwartet, dass die deutschen Versicherer besser durch die Finanzkrise kommen werden als andere Finanzunternehmen in Europa. So jedenfalls die Aussage von Kurt-Georg Hummel, dem Projektleiter Solvency II bei der BaFin auf der Hauptversammlung des Deutschen Versicherungs-Schutzverbandes () in Bonn.

Hummel unterlegte die Position der Bundesanstalt mit den Worten: "Die Versicherer haben sich bislang als stabilisierendes Element erwiesen und ihre Geschäftspolitik und Anlagestrategie war und ist langfristig und konservativ ausgerichtet". Die Einschätzung seines Hauses untermauerte er dadurch, dass er auf die Strategie der BaFin verwies, die seit Oktober 2008 regelmäßig bei 26 Versicherungsgruppen und sechs Einzelunternehmen wichtige Kennzahlen abfragt, um einen gesicherten Eindruck zu erlangen, wie sich die Situation der Versicherungsunternehmen in Deutschland darstellt. Dazu gehören unter anderem Faktoren wie Liquidität, Solvabilität, Abschreibungsbedarf, Aktienexposure und stille Lasten.

Rolle der Rating-Agenturen in der Zukunft sehr wichtig
Mit seinen Aussagen konnte er den Hauptgeschäftsführer des DVS Günter Schlicht, beruhigen, der in seinem Lagebericht zur Entwicklung der deutschen Versicherungswirtschaft aus Sicht des Schutzverbandes auch einen besorgten Blick auf die Erst- und Rückversicherer und deren Beeinflussung durch die Finanzkrise warf. Denn Schlicht zeigte sich in seinem Kommentar anfänglich nicht so sicher, dass die Aussagen "vom GDV über die CEA (Anm. d. Red.: Comité Européen des Assurances) bis hin zur Genfer Vereinigung" ernst zu nehmen seien. Die "zwar nicht müde würden, zu betonen", dass die deutsche Versicherungswirtschaft stabil sei, "aber man sich eben nicht sicher sein könne, dass dies so bleibt".

Kritisch betrachtete er auch die Rolle der Rating-Agenturen in der Finanzmarktkrise, die bei der Einschätzung der Bonität von Unternehmen bis dato kläglich versagt hätten und es aber "für die Zukunft ganz wesentlich sein werde, wie sich ihre Rolle gestalte". Zudem monierte er – auch im Namen der DVS-Mitglieder – die mangelnde Dialogbereitschaft der Versicherer über neue Risiken und den Umgang mit diesen, forderte diese aber gleichzeitig auf, diese Blockadehaltung aufzugeben, sie stünden für ein Gespräch jederzeit zur Verfügung. Dahingegen lobte er das kluge Verhalten der Kunden in der schwierigen Situation. Diese hätten "die richtige Balance zwischen der Berücksichtigung ihres Sicherheitsbedürfnisse und ihrer Mitverantwortung für den Markt als Ganzes".

Realistische Situationsbeschreibung oder Schönfärberei?
Noch skeptischer als Schlicht und weitaus skeptischer als Hummel sah ein DVS-Mitglied die Zukunft der deutschen Versicherer. Er gab zu bedenken, dass die Einschätzung der Aufsicht nur eine nationale Betrachtung sei und die weiterhin negativen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten ausblende. So hätten unter anderem die dortigen Bankrotte seit Jahresbeginn um 78 Prozent zugenommen und große amerikanische Versicherer wie The Hartford – der vor wenigen Tagen kleinlaut seinen Rückzug aus Deutschland verkündete – seien mit enormen toxischen Hypothekenpapieren belastet. Besonders beunruhigend sei die Tatsache, dass bislang nicht klar sei, ob und wie die aufgelegten Rentengarantien in dieser Krise zu leisten seien.

Autor(en): Meris Neininger

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