Eklatantes Problem: Versteckte Schulden in der Pflegeversicherung

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In der sozialen Pflegeversicherung (SPV) sind seit ihrer Einführung 1995 versteckte Schulden in Höhe von 435 Milliarden Euro aufgelaufen. Dies hat jedenfalls das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) in neuen Studien zur Pflegefinanzierung ermittelt. Diese implizite Schuld besteht aus den künftigen Leistungsversprechen, die durch heutige Beitragszahlungen nicht gedeckt sind.

Das WIP zeigt in seinen neuen Studien zudem, dass allein durch die demographische Alterung der Gesellschaft der Pflege-Beitragssatz zwangsläufig auf mindestens 4,1 Prozent im Jahr 2040 steigen wird. Das bedeutet eine stolze Steigerung um über ein Drittel.

Erhöhter Beitragssatz 2040 um fast fünf Drittel vermutet

Ergänzend hat das WIP verschiedene Szenarien zum Anstieg der Leistungsausgaben berechnet: Sollte die Ausgaben-Entwicklung genauso bleiben wie im Schnitt der vergangenen 20 Jahre, so müsste der SPV-Beitragssatz auf 7,9 Prozent im Jahr 2040 ansteigen. Das entspräche einer Erhöhung des Beitragssatzes um fast fünf Drittel.

Der Beitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung ist von einem Prozent 1995 auf 3,05 beziehungsweise 3,3 Prozent für Kinderlose im Jahr 2019 angehoben worden. Diese Erhöhung resultiert aus der Zunahme der Pflegebedürftigen und diversen Leistungsausdehnungen.

Deutlich höhere Zahl von Anspruchsberechtigten

Die 2017 eingeführte Erweiterung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, mit der Umstellung von drei auf fünf Pflegegrade, hat zu einer deutlich höheren Zahl von Anspruchsberechtigten geführt, so dass die prognostizierten Ausgabensteigerungen deutlich übertroffen wurden. Die Soziale Pflegeversicherung weist in der Folge ein Defizit auf, das 2018 etwa 3,5 Milliarden Euro betrug.

Derzeit werden Vorschläge diskutiert, die auf eine Ausdehnung des Umlageverfahrens in der Pflegeversicherung hinauslaufen. Deutlich ist dies bei der von einigen Politikern erhobenen Forderung, die Pflegeversicherung in eine Vollversicherung umzuwandeln. Aber auch das Deckeln der Eigenanteile für die Pflegekosten, das von Hamburg angestrebt wird, führt zwangsläufig zu Leistungsausdehnungen im Umlageverfahren.

Baby-Boomer belasten System noch stärker

Angesichts des bevorstehenden Eintritts der Baby-Boomer in den Ruhestand und einer abnehmenden Zahl von Beitragszahlern, ist jedoch bereits heute absehbar, dass der Beitrag zur Sozialen Pflegeversicherung aufgrund der demografischen Komponente steigen wird.

Bei Einführung der Pflegeversicherung haben die älteren Generationen so genannte Einführungsgewinne erhalten, die durch die Jüngeren finanziert wurden. Einführungsgewinne beschränken sich jedoch nicht nur auf die Einführung des Systems, sondern entstehen bei jeder Leistungsausweitung im Umlageverfahren.

Mögliche Leistungsausdehnungen nicht im Umlageverfahren

Die derzeit politisch diskutierten Leistungsausdehnungen sollten nach Ansicht des WIP daher nicht im Umlageverfahren erfolgen, um den jüngeren Generationen nicht noch mehr Finanzierungslasten aufzubürden – zumal neben der Belastung in der sozialen Pflegeversicherung auch noch die Renten- und Krankenversicherung demografisch bedingte Beitragssteigerungen verzeichnen werden.

Die im Versicherungssystem angelegte pauschale Entlastung der älteren Generationen ist zudem sozialpolitisch fragwürdig, meinen die WIP-Analysten. Entgegen der derzeitigen gesellschaftlichen Wahrnehmung seien die älteren Generationen in Deutschland im Durchschnitt ökonomisch keineswegs schlechter gestellt als jüngere Generationen.

Keine Garantie für ähnlich hohe Leistungen

Angesichts der anstehenden demografischen Veränderungen, die den jüngeren Generationen hohe Lasten aufbürden werden, sollten Schritte unternommen werden, um die jüngeren und zukünftigen Erwerbstätigengenerationen in der Pflegeversicherung zu entlasten. Diese trügen heute die Beitragslasten,
ohne selbst eine Garantie zu haben, später im Falle von Pflegebedürftigkeit ähnliche hohe Leistungen zu erhalten.

Eine stärkere Belastung der älteren (Erwerbstätigen-)Generationen über höhere Eigenleistungen, außerdem eine abgeflachtere Umlage und damit eine geringere Belastung jüngerer Generationen, würde diesen mehr Freiraum für kapitalgedeckte Vorsorge bieten. Der Übergang zu Teilkapitaldeckungsmodellen beziehungsweise einem Zwei-Säulen-Modell in der Pflegeversicherung wäre hier eine Option, meint das Wissenschaftliche Institut der PKV.

Weitere Details zu den Untersuchungen

Die WIP-Analysen „Szenarien zur zukünftigen Finanzentwicklung der Sozialen Pflegeversicherung“ und „Die versteckte Verschuldung der Sozialen Pflegeversicherung“ können im Internet unter www.wip-pkv.de heruntergeladen werden.

Quelle: WIP

Autor(en): Versicherungsmagazin

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