Elementarschutz durch Opt-Out-Offerte erhöhen

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Die Rating-Agentur Assekurata erwartet für die Wohngebäude- und Kfz-Versicherung deutlich höhere Prämien. Grund sind Elementarschäden und hohe Kostensteigerung durch die Inflation. Das geht aus dem „Assekurata-Marktausblick zur Schaden-/Unfallversicherung 2022“ hervor, den die Analysten jetzt der Presse vorstellten. Für die Wohngebäudeversicherung favorisieren die Analysten eine von der Branche vorgeschlagene Opt-Out-Lösung, um mehr Kunden für Elementarschutz zu gewinnen.

Die Schadenkostenquote der deutschen Schaden- und Unfallversicherer ist 2021 um 12,5 Prozent auf 102 Prozent gestiegen. Damit musste die Branche erstmals seit 2013 einen versicherungstechnischen Verlust hinnehmen. Die Leistungen stiegen um 20,3 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro. Hauptgrund war der Starkregen „Bernd“. Die Prämien konnten trotz Pandemie um 2,2 Prozent auf 76,6 Milliarden Euro wachsen.

Für die Wohngebäudeversicherung erwartet Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will für 2023 allgemeine Prämienerhöhungen von drei bis fünf Prozent. Hinzukommen noch Kostensteigerungen durch extrem gestiegene Baukosten. „Hier wirkt insbesondere die Inflation im Baugewerbe über den Baupreisindex unmittelbar auf die zu zahlende Prämie“, erläuterte der Analyst. Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Februar 2022 um 14,3 Prozent gegenüber Februar 2021 gestiegen. Schon im November 2021 meldete die Behörde einen ähnlich hohen Anstieg. Daher wurde die Wohngebäudeversicherung durch den gleitenden Neuwertfaktor schon 2022 für alle rund 19,3 Millionen Immobilien um mindestens 5,5 Prozent teurer. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben 95 Prozent der Kundinnen und Kunden eine gleitende Neuwertversicherung.

Zweistellige Prämienerhöhungen in Wohngebäude

Mit der Schätzung von Assekurata und dem nun wahrscheinlich nochmals anziehenden Neuwertfaktor müssen viele Hausbesitzer 2023 wohl mit zweistelligen Prämienerhöhungen rechnen. Hinzu kommen noch die Elementarschäden. So haben laut Assekurata bereits im ersten Quartal 2022 Sturmereignisse für „vergleichsweise hohe Schäden gesorgt“. Daher rechnen die Analysten mit weiterem Druck auf die Prämien. Elementarschäden sind auch dafür verantwortlich, dass die deutschen Schaden- und Unfallversicherer 2021 rote Zahlen schreiben. „Die Branche ist aber nicht überlastet“, stellte der Assekurata-Schadenexperte Dennis Wittkamp bei der Vorstellung der Studie auf einer Online-Konferenz fest. So würden die ersten Bilanzen einzelner Gesellschaften zeigen, dass ein erheblicher Teil der Elementarschäden rückversichert wäre. Das bestätigen unabhängig voneinander der GDV und Rückversicherer. So schätzt die Hannover Re die Höhe des Rückversicherungsschutzes für die private Wohngebäudeversicherung bei einem Flut-Schaden wie "Bernd" auf 70 bis 80 Prozent. Ähnliche Aussagen, darauf verwies der GDV, gibt es auch von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).

GDV-Opt-Out-Lösung für mehr Elementarschutz favorisiert

Eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden für private Wohngebäudeeigentümer lehnt Assekurata nicht grundsätzlich ab. Laut einem Beschluss der 93. Justizministerkonferenz ist ein gesetzlicher Pflichtschutz „verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen“. Doch laut Assekurata sieht die Diskussionsvorlage hohe Selbstbeteiligungen von bis zu 25.000 Euro für besondere Risikokunden vor. „Damit wäre ein Großteil der durchschnittlichen Schäden nicht versichert“, warnte Experte Will. „Wir halten daher den Opt-Out-Vorschlag des GDV, der für alle Hausbesitzer eine Lösung bietet, für die schnellste und praktikabelste Lösung.“ Die Prämien würden dann risikogerecht kalkuliert und der kleine Teil von Spitzenrisiken, die Assekurata mit 0,4 Prozent bezifferte, sollte steuerlich entlastet werden. Auch Verbraucherschützer plädieren für eine Beteiligung der Versicherungswirtschaft an einer Pflichtversicherung. So hat der Bund der Versicherten (BdV) jüngst eine Poollösung vorgeschlagen.

Ambivalente Entwicklung in Kfz

In der Kfz-Versicherung gibt es nach Einschätzung von Assekurata unterschiedliche Entwicklungen. So ist infolge der Pandemie durch neue Dienstreisevorschriften und mehr Home-Office-Arbeitsplätze, die Mobilität insgesamt eingeschränkt. Zudem werde wegen der hohen Benzinpreise langsamer gefahren und immer mehr Städte würden das Tempo begrenzen. Unter dem Strich sei daher mit einer geringeren Schadenhäufigkeit zu rechnen. Auf der anderen Seite seien die Kfz-Versicherer von deutlich teureren Schäden betroffen. „Wir gehen davon aus, dass die Preise bei Ersatzteilen doppelt so hoch wie die Inflation ausfallen“, sagte Wittkamp. Dann würde der Teileaufwand um rund 15 Prozent steigen. Daher müssten die Kfz-Versicherer 2023 die Prämien wohl weiter erhöhen.

Die Schadenentwicklung hat sich laut Assekurata schon Anfang 2022 in leicht erhöhten Prämien in der Kaskoversicherung niedergeschlagen. Der anhaltende Krieg in der Ukraine und die pandemiebedingten Störungen von Lieferketten würden aktuell die wirtschaftliche Erholung dämpfen. „Auf dieser Basis rechnen wir für 2022 mit einem marktweiten Beitragswachstum von 1,7 Prozent“, prognostiziert Dennis Wittkamp. Damit könnte die Branche Einnahmen von 77,91 (im Vorjahr 76,6) Milliarden Euro erzielen.

Prämienwachstum

Der „Assekurata-Marktausblick zur Schaden-/Unfallversicherung 2022“ umfasst 46 Folien sowie eine begleitende Videopräsentation und kann über die Internetseite http://www.assekurata-rating.de für knapp 1.000 Euro erworben werden.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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