Forcierter Einstieg in den Schadenmarkt

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Die Autoversicherer versuchen die Unfallschadenkosten stärker zu beeinflussen. Daher steigen sie massiv selbst in den Schadenmarkt ein.

Nun wollen Provinzial, R+V und Württembergische 75 Prozent am Kfz-Schadensteuerer Riparo GmbH erwerben. Dabei betonten die Assekuranzen, dass das operative Geschäft weiterhin „ausschließlich“ von Riparo geführt werden soll.

Kfz-Schadensteuerer vermitteln im Schadenfall im Auftrag der Versicherung alle notwendigen Schritte – von der Reparatur des Fahrzeugs bis hin zum Ersatzwagen. Zumindest indirekt nehmen die Kfz-Versicherer so erheblichen Einfluss auf die Schadenkosten. Denn aufgrund einer schnellen Schadensteuerung in „eigene“ Partnerwerkstätten wird der Unfall vielfach vollkommen ohne Sachverständige und Anwälte abgewickelt. Auch auf die Stundenverrechnungssätze der Werkstätten und den Reparaturumfang haben die Schadensteuerer großen Einfluss.

Allianz ist bereits stark involviert

Das zeigt das Beispiel Control Expert. Das Unternehmen war 2022 von der Allianz Versicherung übernommen worden. Angekündigt wurden neue Serviceleistungen für die Kunden. So arbeitet das Unternehmen mit einem „Speed Check“. Mit diesem System kann Control Expert Reparaturkosten in Echtzeit ermitteln und den Kunden ein automatisches Angebot machen. Ende 2023 berichtete der Branchendienst schaden.news.de über massive Kürzungen durch den Schadensteuerer. „Uns liegen Prüfberichte vor, in denen mehr als 1.000 Euro aus Rechnungen von Reparaturfachbetrieben und Kfz-Sachverständigen gekürzt werden“, heißt es.

Massive Rechnungskürzungen

Nach eigenen Angaben arbeitet Control Expert mit 90 Prozent aller deutschen Kfz-Versicherern zusammen. In der Öffentlichkeit musste sich der Dienstleister und die Versicherer, die mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, immer wieder scharfer Kritik stellen. Der Dienstleister gilt als verlängerte Hand der Versicherer, die eine grenzwertige Schadenregulierung betreiben und systematisch Rechnungen kürzen.

Ende 2022 übernahm Allianz X die Innovation Group. Das Unternehmen betreibt vor allem die digitale Schadenmanagementplattform „Gateway“. Sie ermöglicht die digitale Verwaltung des Schadenverlaufs, von der ersten Schadenmeldung bis zur Reparatur und Abwicklung, und bietet ein vollständiges Ökosystem für alle am Schadenprozess beteiligten Parteien. Wie die Entwicklung der Innovation Group „unter der Allianz“ verläuft, konnte wegen fehlendem Feedback bis zum Redaktionsschluss leider nicht eruiert werden.

Kampf um günstige Werkstätten entbrannt

„Mit diesem strategischen Schritt unterstreichen wir unser Engagement für die Bereitstellung erstklassiger Dienstleistungen für unsere Kundinnen und Kunden“, lässt sich Jürgen Wörner, Vorstand Gesamtschaden und Firmenkunden bei der Württembergischen in einer Pressemitteilung zum Kauf zitieren. Riparo möchte trotz der neuen Mehrheitseigner aus der Versicherungswelt nach eigenen Angaben „auch in Zukunft ein Dienstleister für alle Versicherer am Markt“ bleiben.

Das Unternehmen mit Sitz in Holzgerlingen ist als Kfz-Schadendienstleister bundesweit tätig und arbeitet nach eigenen Angaben mit rund 1.200 Werkstattpartnern für Karosserie- und Lackreparaturen zusammen. Im Vordergrund steht die kostengünstige Abwicklung von Kfz-Schäden. Die Tochtergesellschaft ri werkstattservice sorgt für Ersatzteile, Werkstatt-Ersatzfahrzeuge und Werkstattausrüstung „zu attraktiven Konditionen“.

Wollen sich vor allem Reparaturkapazitäten sichern

Wird den Geschädigten die Chance gegeben ihren Schaden selbst zu steuern – das Recht haben sie immer, wenn es um Haftpflichtschäden geht – wird es schnell teuer. Laut dem Chefredakteur Christian Simmert von schaden.news.de geht es den Versicherern vor allem darum, sich jetzt Reparaturkapazitäten zu sichern. „Die Sorge, künftig nur noch einen sehr teuren Zugang zur fachgerechten Instandsetzung zu haben“, sei groß. Der Einstieg von R+V, Provinzial und Württembergischer Versicherung sei vor allem eine Option auf künftige Entwicklungen im Kampf um Reparaturkapazitäten, aber auch eine Antwort auf die Übernahmen der Allianz Versicherung.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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